Das Syndikat der Spinne
mit der Angst bekam, hat er geredet wie ein Wasserfall. Er hat alles zugegeben. Er hat gewinselt und gejammert, es war einfach ekelhaft.«
»Haben Sie ihm mit der Pistole gedroht?«
»Natürlich, deswegen hatte er ja solche Angst. Er wusste genau, dass es mir sehr ernst war, und ich habe es ihm auch gesagt.«
»Hat er selbst Ihren Mann und Frau Maric getötet?«
Ramona Wiesner lachte kurz und höhnisch auf. »Nein, Thomas hätte sich nie die Hände schmutzig gemacht. Er hat jemanden bestellt, der es für ihn erledigte. Ein gewisser Pierre Doux …«
»Was sagen Sie da, Sie kennen den Namen des Mörders?« Julia Durant war wie elektrisiert. »Wie schreibt er sich genau?«
»Pierre und der Nachname buchstabiert sich D-o-u-x. Mehr weiß ich über diesen Mann nicht. Ich weiß lediglich, dass er gegen Bezahlung Menschen umbringt. Sein Name und seine Telefonnummer stehen übrigens auch in dem Terminplaner. Mein werter Herr Schwager hat seinen eigenen Bruder ermorden lassen. Kaum zu fassen, oder?«
»Und als Sie das erfahren haben, haben Sie ihn getötet.«
»Was hätte ich denn machen sollen? Ihn der Polizei ausliefern? Wissen Sie, was er zu mir gesagt hat? Er hat gesagt, sie würden mich dafür filetieren.«
»Wer, die Polizei?«, fragte Durant zweifelnd.
»Keine Ahnung, wen er damit gemeint hat, aber es scheinen Leute zu sein, mit denen er zusammengearbeitet hat. Wer immer das auch sein mag.«
»Sie haben doch sicher Beweise für das, was Sie hier behaupten?«, fragte Durant.
»Ja, die hab ich, das heißt, jetzt sind sie hier auf dem Präsidium. Sie sind alle in dem Aktenkoffer. Aber soll ich Ihnen noch etwas sagen – ich habe bis heute kein schlechtes Gewissen, ihn in die Hölle geschickt zu haben. Denn dort gehört er hin«, erklärte sie mit verächtlich heruntergezogenen Mundwinkeln. »Wer seinen eigenen Bruder umbringen lässt, der hat es nicht verdient, weiterzuleben. Ich weiß, dass Sie da anderer Meinung sind und auch von Berufs wegen sein müssen, aber es sind nun mal meine Gefühle.«
Julia Durant drückte erneut die Stopptaste und sagte: »Sie können gar nicht wissen, was meine Meinung ist. Ich habe eine persönliche, die mir keiner vorschreiben kann, und ich habe eine berufliche zu haben. Aber manchmal interessiert mich die beruflich vorgeschriebene Meinung herzlich wenig. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?«
Ramona Wiesner sah Julia Durant überrascht an, dann überzog ein sanftes, verlegenes Lächeln ihr Gesicht. »Ich denke schon.«
Die Kommissarin ließ das Band weiterlaufen. »Nachdem Sie Ihren Schwager erschossen haben, haben Sie also seinen Aktenkoffer mitgenommen. Haben Sie das bewusst getan, oder war es mehr instinktiv?«
»Ich weiß es nicht mehr. Ich habe den Koffer da stehen sehen und ihn einfach mitgenommen.«
»Und zu Hause haben Sie dann nachgeschaut, was alles in dem Koffer war?«
Ramona Wiesner nickte. »Es hat bis kurz nach Mitternacht gedauert, bis ich mich endlich getraut habe, ihn zu öffnen.«
»Was war alles drin?«
»Ein Taschenrechner, ein Notizblock, ein paar Stifte, Akten, ein Terminplaner und eine Pistole mit Perlmuttgriff.«
Julia Durant hatte mitgeschrieben und lehnte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Haben Sie die Akten durchgelesen?«
»Ich habe sie überflogen. Es ging hauptsächlich um Überweisungen und Kredit- und Überschreibungsverträge …«
»Überweisungen von wem und wohin?«
»Von wem, weiß ich nicht mehr. Aber die meisten gingen auf Konten im Ausland.«
»Wohin ins Ausland?«
»Luxemburg, Österreich und …« Sie zögerte einen Moment, überlegte und schloss dabei die Augen. »Irgendeine Insel. Fängt mit A an. Ich komm nicht drauf. Doch, warten Sie, ich hab’s: Aruba Island.«
»Hm, interessant. Ich werde mir nachher mal die Unterlagen ansehen. Und jetzt zum Terminplaner. Haben Sie dort etwas Auffälliges gefunden, außer den Einträgen über Ihren Mann und Frau Maric?«
»Eine Menge Namen. Hinter einigen war ein roter beziehungsweise ein schwarzer Punkt. Was es damit auf sich hat, kann ich Ihnen allerdings nicht sagen. Bei einigen waren auch nur die Initialen angegeben wie zum Beispiel bei Pierre Doux.«
»Was ist mit Telefonnummern?«
»Ja, aber die habe ich mir nicht behalten können. Bei diesem Doux stand zwar eine Nummer, die jedoch keine hier übliche Vorwahl hatte. Ich nehme an, es ist eine französische Nummer, weil Doux ja auch ein französischer Name ist.«
»Und Sie haben hinterher alles
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