Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Tal der Angst

Das Tal der Angst

Titel: Das Tal der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
mal anfangen, die Gegend abzusuchen, bevor der Kerl noch entkommt.«
    Der Sergeant überlegte einen Augenblick.
    »Vor sechs Uhr morgens fahren keine Züge, mit der Bahn kann er also nicht entkommen. Und wenn er mit seinen klatschnassen Hosen die Straße entlanggeht, dann ist es mehr als wahrscheinlich, daß ihn jemand bemerkt. Trotzdem, ich kann hier nicht fort, bevor ich abgelöst werde. Außerdem glaube ich, daß keiner von Ihnen gehen sollte, ehe wir klarer sehen, wie die Dinge liegen.«
    Der Arzt hatte die Lampe ergriffen und untersuchte inzwischen sorgfältig den Leichnam.
    »Was ist denn das für ein Zeichen?« fragte er. »Könnte das hier mit dem Mord in irgendeinem Zusammenhang stehen?«
    Der rechte Arm des Toten ragte aus dem Schlafrock hervor und war bis zum Ellenbogen hinauf entblößt. Etwa auf halber Höhe des Unterarms befand sich eine merkwürdige braune Zeichnung, ein Dreieck in einem Kreis; sie hob sich in plastischer Deutlichkeit von der schmalzfarbenen Haut ab.
    »Das ist keine Tätowierung«, sagte der Arzt; er sah es sich durch die Brille genau an. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Dem Mann hat man einmal ein Brandzeichen aufgedrückt, so, wie man es mit dem Vieh macht. Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich will ja nicht behaupten, daß ich seine Bedeutung kenne«, sagte Cecil Barker; »aber gesehen habe ich das Zeichen die ganzen letzten zehn Jahre über an Douglas.«
    »Ich auch«, sagte der Butler. »Mir ist das eigenartige Zeichen mehrmals aufgefallen, wenn der Herr die Ärmel hochgekrempelt hatte. Ich habe mich oft gefragt, was es wohl bedeutet.«
    »Dann hat es jedenfalls nichts mit dem Verbrechen zu tun«, sagte der Sergeant. »Aber komisch ist es trotzdem. Alles an diesem Fall ist komisch. Ja, was ist denn jetzt los?«
    Der Butler hatte einen Ausruf des Erstaunens ausgestoßen und deutete auf die ausgestreckte Hand des Toten.
    »Man hat ihm den Ehering abgenommen!« stieß er hervor.
    »Wie?!«
    »Ja, wirklich! Der Herr trug seinen schlichten Gold-Ehering immer am kleinen Finger der linken Hand. Diesen Ring hier mit dem rohen Nugget hatte er darüberstecken, und den gewundenen Schlangenring am Mittelfinger. Da ist der Nugget, und da ist die Schlange; aber der Ehering ist fort.«
    »Er hat recht«, sagte Barker.
    »Wollen Sie damit sagen«, fragte der Sergeant, »daß der Ehering
unter
dem anderen gesteckt hat?«
    »Immer!«
    »Dann hat ihm der Mörder, oder wer immer sonst, zuerst diesen, wie Sie ihn nennen, Nugget-Ring abgezogen, danach den Ehering, und hinterher hat er ihm den Nugget-Ring wieder angesteckt.«
    »So ist es.«
    Der brave Dorfpolizist schüttelte das Haupt.
    »Mir scheint, je schneller wir London in diesen Fall einschalten, desto besser«, sagte er. »White Mason ist ein gerissener Kerl. Hier draußen hat’s noch nie’n Fall gegeben, dem White Mason nicht gewachsen war. Es wird jetzt wohl nicht mehr lange dauern, bis er hier ist und uns hilft. Aber ich seh’s kommen, bis wir da durch sind, müssen wir uns doch noch an London wenden. Egal wie, ‘ne Schande ist es nicht, wenn ich zugebe, daß das ‘ne Nummer zu groß ist für einen wie mich.«
4. Dunkelheit
    Um drei Uhr morgens traf, dem dringenden Ruf Sergeant Wilsons aus Birlstone folgend, der oberste Kriminalbeamte der Grafschaft Sussex aus dem Hauptquartier ein; der Traber vor seinem leichten Einspänner war außer Atem. Der Detektiv schickte dann seine Meldung morgens mit dem Fünf-Uhr-Vierzig-Zug an Scotland Yard, und um zwölf Uhr hieß er uns am Bahnhof von Birlstone willkommen. White Mason war ein ruhiger, behäbig wirkender Mann; er neigte zur Korpulenz, und mit seinem glattrasierten, rosigen Gesicht, dem locker sitzenden Tweed-Anzug und den gewaltigen, gamaschengeschmückten Säbelbeinen sah er aus wie ein Kleinbauer oder ein Wildhüter im Ruhestand – jedenfalls wie alles andere auf der Welt denn wie ein besonders vorteilhaftes Exemplar eines Kriminalbeamten aus der Provinz.
    »Ein echt hundertprozentiger Knaller, Mr. MacDonald«, wiederholte er mehrmals. »Die Presseleute stürzen sich wie die Fliegen darauf, wenn sie davon erfahren. Ich will nur hoffen, daß wir mit unserer Arbeit schon fertig sind, bevor die ihre Nasen reinstecken und alle Spuren verwischen. So was wie das hat’s hier meines Wissens noch nicht gegeben. Ich müßte mich sehr irren, wenn Ihnen da nicht das eine oder andere zu schaffen machte, Mr. Holmes. Und auch Ihnen, Dr. Watson; bis wir das abschließen, hat nämlich die Medizin auch

Weitere Kostenlose Bücher