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Das Tal der Wiesel

Das Tal der Wiesel

Titel: Das Tal der Wiesel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.R. Lloyd
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milchigen Schleier umhüllten. Nach einer Zeit kalter Unfruchtbarkeit wurde die Marsch wieder zum Leben erweckt. Wildenten kreisten feierlich umher; Scharen von Meerlerchen stürzten sich pfeilgleich den Wiesen entgegen. Weiter weg rumpelte der mächtige Massey Ferguson des Bauern über die Felder, Möwen sammelten sich hinter seinen blauen Auspuffgasen.
    Auf den tauenden Weiden standen Kiebitze mit aufgerichtetem Schopf bewegungslos da wie festgemachte Boote, den Bug in die leichte Brise gerichtet. Der Hase hielt dagegen, auf dem Boden kauernd, den Schwanz in den Wind; der blinde Fleck in seinem Sehfeld wurde durch die Gerüche, die zu ihm hinüberwehten, ausgefüllt. Ein Geruch ging von Kine aus. Das schwarzohrige Weibchen regte sich und veränderte seine Haltung; die langsamen Sprünge deuteten auf ihre Erfahrenheit hin. Bis die Jungen geboren waren, fürchtete es nur wenige Feinde, denn es war in vollem Lauf uneinholbar.
    Kine bewegte sich leichtfüßig zum Fluß und beobachtete die Strömung. Wo das abfallende Ufer noch im Schatten lag, war es mit Schnee und undurchsichtigen Eisrändern bedeckt. Das Wasser reizte ihn im Winter nur wenig. Später, wenn es sich erwärmt hatte, würde er darin schwimmen, um Spitz- und Wühlmäuse zu verfolgen; jetzt fehlte ihm die isolierende Fettschicht der Wasserbewohner. Aber auch so wußte er viel darüber, was sich dort zutrug. Er kannte die Schlauheit des Karpfens, den Fuchs des Flusses, und die Dummheit der Plötze. Er kannte die Wildheit des Hechtes und die Gefräßigkeit der Flußbarsche, die ihre eigenen Nachkommen verschlangen.
    Vor allem dachte er daran, daß, wenn der Sommer kam, die Seefrösche am Fluß hocken und tratschen würden; Kine hatte eine Vorliebe für Frösche.
    Am Ufer entlanglaufend, schnupperte er angestrengt. Am Fluß fühlte er sich weniger zu Hause als im Wald. Es handelte sich um ein Grenzgebiet. Auf der anderen Seite des Wassers standen Sal- und Korbweidengruppen in der Sumpfgraslandschaft, die sich bis zum Horizont erstreckte. Für den Bauern in dem verglasten Führerhäuschen seines Treckers war es lediglich die andere Seite des Tales, wo ein winzig aussehender, blauer Fordson die gleiche Arbeit verrichtete wie er. Für das Wiesel war es ein unerforschtes Gebiet, verbotenes Land.
    Er hörte ein Rascheln hinter sich und wirbelte herum. Es war ein Teichhuhn. Der Vogel flog mit schlagenden Flügeln über das Wasser hinweg und hinterließ an den Stellen, wo seine Krallen die Oberfläche berührten, eine Kette von kleinen, runden Kreisen. Kine entspannte sich. Vom Ufer losgelöster Schneematsch und Pflanzenteile trieben stromabwärts. In die Strömung blickend, sah Kine nur das Spiegelbild abgestorbenen Schilfgrases und das verformte Abbild der Wintersonne. Er dachte an Kia. Schäumende Stromschnellen und Strudel waren sichtbar – aber keine Wassermonster. Er war ihrem Geschwätz gegenüber zu nachsichtig gewesen.
    Er wandte seinen Kopf dem Wald und den heimatlichen Anhöhen zu. Das klare Licht färbte die Stämme der kahlen Eichen braun und purpurrot und versah den Lebensbaum mit silbernen Strichen. Braune, geriffelte Felder, südlich zur Sonne hin geneigt, und gelbbraune Wiesen erhoben sich bis zu Wilderers Häuschen, aus dessen Schornstein geschwärzter Rauch hervorkam. Wieselland – Kines Erbe! Auf der anderen Seite des Kanals jagten zwei Feldweihen, ihre Krallen in Bereitschaft. Er wies Kias Phantasiegebilde zurück. Es gab, auch ohne zusätzliche zu erfinden, noch genug Gefahren.
2. Kapitel
    Das Wasser in Kines Land führte ein eigenständiges Leben. Es floß und murmelte unaufhörlich. Wenn der Regen auf das Hochland niederfiel, den kleinen See im Wald füllte und Wilderers Hof mit Pfützen übersäte, sickerte das Wasser langsam in den Boden, gelangte in die Abflußrohre, wurde bergab geleitet und ergoß sich in die Gräben und Kanäle. Das Vieh, das auf den Anhöhen weidete, konnte das unterirdische Glucksen hören. Weitere Wassermengen fanden ihren Weg an der Oberfläche, folgten Furchen und Treckerspuren, suchten sich Durchlässe und strömten in die gleichen Gräben. Hier wartete der Reiher, vom Riedgras verdeckt, und scheue, langschnäbelige Stelzvögel untersuchten den nahrhaften Schlick.
    Und das Wasser floß noch weiter. Von kleineren Gräben und Kanälen strömte es in größere, in Hauptkanäle, diese wieder führten zu den Pumpen am Flußufer. Bei Hochwasser wurden sie in Gang gesetzt; dann ergossen sich die Fluten in wilden

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