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Das Tao der Physik

Das Tao der Physik

Titel: Das Tao der Physik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritjof Capra
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sei,
das nach den Newtonschen Bewegungsgesetzen funktionierte.
Diese Gesetze wurden als grundlegende Naturgesetze angesehen, und Newtons Mechanik galt als die endgültige Theorie der
Naturerscheinungen. Und doch wurde weniger als hundert
Jahre später eine neue physikalische Realität entdeckt, die die
Grenzen des Newtonschen Modells sichtbar machte und zeigte,
daß nichts daran absolute Gültigkeit besaß.
    Diese Erkenntnis kam nicht von ungefähr, sondern wurde
von Entwicklungen angeregt, die schon im neunzehnten Jahrhundert begonnen und den Weg für die wissenschaftlichen Revolutionen unserer Zeit vorbereitet hatten. Die erste dieser
Entwicklungen war die Entdeckung und Erforschung elektrischer und magnetischer Phänomene, die durch das mechanische Modell nicht richtig beschrieben werden konnten und bei
denen eine neue Art von
Kraft mitspielte. Der bedeutende
Schritt wurde von Michael Faraday und Clerk Maxwell gemacht. Der eine war einer der größten Experimentatoren in der
Geschichte der Wissenschaft, der andere ein brillanter Theoretiker. Als Michael Faraday in einer Kupferspule einen elektrischen Strom erzeugte, indem er einen Magneten nahe der Spule
bewegte und so mechanische Arbeit - die Bewegung des Magneten — in elektrische Energie umwandelte, führte er in der
Wissenschaft und Technik einen Wendepunkt herbei. Dieses
fundamentale Experiment ließ einerseits das ungeheure Gebiet
der Elektrotechnik entstehen, andererseits bildete es die Basis
seiner und Maxwells theoretischen Spekulationen, die schließlich eine vollständige Theorie des Elektromagnetismus ergaben. Faraday und Maxwell studierten nicht nur die Wirkung
elektrischer und magnetischer Kräfte, sondern machten diese
Kräfte selbst zum Hauptobjekt ihrer Untersuchungen. Sie ersetzten den Begriff einer Kraft durch den eines Kraftfeldes und
gingen damit als erste über die Newtonsche Physik hinaus.
    Anstatt die gegenseitige Einwirkung einer positiven und einer
negativen Ladung dadurch zu erklären, daß sie einander wie
zwei Massen in der Newtonschen Mechanik anziehen, fanden
Faraday und Maxwell es richtiger, daß jede Ladung um sich im
Raum eine »Störung« oder »Kondition« erzeugt, so daß die
andere Ladung eine Kraft fühlt. Diese Kondition im Raum,
welche eine Kraft erzeugen kann, nennt man ein Feld. Es wird
von einer einzigen Ladung erzeugt und existiert unabhängig
davon, daß eine andere Ladung hineingebracht wird und die
Wirkung spürt.
    Dies war eine sehr grundlegende Änderung in der Auffassung des Menschen von der physikalischen Realität.
Nach
Newtonscher Sicht hängen die Kräfte starr mit den Körpern,
auf die sie wirken, zusammen. Jetzt wurde der Kraft-Begriff
durch den viel subtileren Begriff eines Feldes ersetzt, welches
seine eigene Realität hat und ohne Bezug auf materielle Körper
studiert werden konnte. Diese, Elektrodynamik genannte,
Theorie kulminierte in der Erkenntnis, daß Licht nichts anderes als ein schnell wechselndes elektromagnetisches Feld ist,
welches sich in Form von Wellen durch den Raum bewegt.
Heute wissen wir, daß Rundfunkwellen, Lichtwellen
oder
Röntgenstrahlen alles elektromagnetische Wellen — d. h. oszillierende elektrische und magnetische Felder - sind, die sich nur
durch die Frequenz ihrer Schwingungen unterscheiden, und
daß Licht nur einen kleinen Bruchteil des elektromagnetischen
Spektrums darstellt.
    Trotz dieser tiefgreifenden Änderungen hielt die Newtonsche Mechanik zuerst noch ihre Stellung als die Grundlage der
Physik. Maxwell selbst versuchte seine Resultate im Sinne der
Mechanik zu erklären. Er interpretierte die Felder als mechanische Spannungszustände in einem sehr leichten, den Raum füllenden Medium, genannt Äther, und die elektromagnetischen
Wellen als elastische Schwingungen dieses Äthers. Dies war
nur natürlich, da Wellen gewöhnlich als Schwingungen einer
Materie wahrgenommen werden, Wasserwellen als Schwingungen des Wassers, Schallwellen als Schwingungen der Luft.
Maxwell benutzte jedoch mehrere mechanische Interpretationen seiner Theorie gleichzeitig und nahm anscheinend keine
davon wirklich ernst. Es muß ihm intuitiv klargeworden sein,
selbst wenn er dies nicht ausdrücklich sagte, daß die fundamentalen Elemente seiner Theorie die Felder waren und nicht die
mechanischen Modelle. Es war Einstein, der diese Tatsache
fünfzig Jahre später klar erkannte, als er erklärte, daß es keinen
Äther gebe und daß die elektromagnetischen Felder selbständige physikalische

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