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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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beinahe fröhlich; andererseits verdrossen und niedergeschlagen. Neferet wiedergesehen zu haben, zu spüren, daß sie ihm näher, freundschaftlicher gesonnen war, ließ ihn aufleben; hinnehmen zu müssen, daß sie niemals seine Gemahlin sein würde, stürzte ihn in Verzweiflung.
    Der Kampf, den er für sie, für Sethi und für Bel-ter-an focht, hinderte ihn, seine Gedanken stetig wiederzukäuen. Branirs Worte hatten ihn an seinen rechten Platz zurückgeholt; ein Richter Ägyptens mußte sich in den Dienst der anderen Menschen stellen. Im Harem von Westtheben war Festtag; man beging die ruhmreiche Rückkehr vom Feldzug gegen Asien, die Größe Ramses’, den nunmehr gesicherten Frieden und Heerführer Aschers Ansehen; Weberinnen, Musikantinnen, Tänzerinnen, Schmelzglashandwerkerinnen, Erzieherinnen, Perückendienerinnen, Blumenbinderinnen wandelten in den Gärten und schwatzten, während sie sich an feinem Backwerk labten. Unter dem Sonnendach des Lusthäuschens wurden Fruchtsäfte gereicht. Schmuck und Gewänder wurden bewundert, geneidet und bekrittelt.
    Paser kam ungelegen; gleichwohl gelang es ihm, sich der Herrin der Stätte zu nähern, deren Schönheit die ihrer Hofdamen verblassen ließ. Da sie selbst die Kunst des Schminkens in höchster Vollendung beherrschte, trug Hattusa offen ihre Verachtung für die feinen Damen mit unvollkommener Bemalung zur Schau. Stark umringt, warf sie den Schmeichlern Spitzen zu.
    »Seid Ihr nicht der kleine Richter aus Memphis?«
    »Wenn Hoheit mir erlaubten, Euch zu einem solchen Zeitpunkt zu behelligen, würde eine persönliche Unterredung mich überglücklich machen.«
    »Welch trefflicher Gedanke! Dieses geckenhafte Getue langweilt mich. Gehen wir zum Becken.« Wer war dieser Amtmann von bescheidenem Auftreten, daß er die unnahbarste aller Prinzessinnen derart eroberte? Hattusa hatte zweifelsohne beschlossen, ihr Spiel mit ihm zu treiben und ihn danach wie eine zerfetzte Puppe wegzuwerfen. Die Überspanntheiten der Fremden ließen sich wahrlich nicht mehr zählen.
    Blaue und weiße, von einem zarten Lüftchen bewegte Lotos verquickten sich an der Oberfläche des Teiches. Hattusa und Paser ließen sich auf Faltstühlen unter einem Sonnenschirm nieder. »Man wird sich den Mund zerreißen, Richter Paser. Wir verstoßen unziemlich gegen die Gepflogenheit des Hofes.«
    »Ich weiß Euch darum Dank.«
    »Findet Ihr etwa Gefallen an den Herrlichkeiten meines Harems?«
    »Der Name Bel-ter-an ist Euch nicht vertraut?«
    »Nein.«
    »Und der eines gewissen Denes?«
    »Nicht mehr. Sollte es sich um ein Verhör handeln?«
    »Eure Aussage ist unbedingt erforderlich.«
    »Diese Leute gehören nicht zu meiner Dienerschaft, soweit ich weiß.«
    »Ein von Euch erteilter Auftrag ist an Denes gegangen, den wichtigsten Warenbeförderer von Memphis.«
    »Was kümmert es mich! Glaubt Ihr, ich nähme Anteil an diesen Kleinigkeiten?«
    »Auf dem Schiff, das hier löschen sollte, war gestohlenes Korn gelagert.«
    »Ich fürchte, nicht recht zu verstehen.«
    »Das Schiff, das Korn und der Lieferauftrag, der Euer Petschaft trug, sind beschlagnahmt.«
    »Bezichtigt Ihr mich etwa des Diebstahls?«
    »Ich hätte gerne eine Erklärung.«
    »Wer schickt Euch?«
    »Niemand.«
    »Ihr solltet aus eigenem Antrieb handeln … ich glaube Euch nicht!«
    »Da tut Ihr unrecht.«
    »Man trachtet erneut danach, mir zu schaden, und diesmal bedient man sich dafür eines kleinen, ahnungslosen und leicht zu lenkenden Richters.«
    »Die Beleidigung eines Gerichtsbeamten, gepaart mit Verleumdung, wird mit Stockschlägen bestraft.«
    »Ihr seid verrückt! Wißt Ihr eigentlich, mit wem Ihr sprecht?«
    »Mit einer Dame hohen Ranges, die dem Gesetz wie die demütigste Bäuerin untersteht. Nun seid Ihr aber in eine betrügerische Unterschlagung von Getreide, das dem Land gehört, verwickelt.«
    »Das ist mir völlig einerlei.«
    »Verwickelt will nicht schuldig heißen. Und eben deshalb erwarte ich Eure Rechtfertigungen.«
    »Dazu werde ich mich nicht herablassen.«
    »Wovor habt Ihr Angst, wenn Ihr unschuldig seid?«
    »Ihr wagt es, meine Ehrlichkeit in Zweifel zu ziehen!«
    »Die Tatsachen zwingen mich dazu.«
    »Ihr seid zu weit gegangen, Richter Paser, viel zu weit.«
    Zutiefst erzürnt erhob sie sich und ging von dannen.
    Einen Zorn fürchtend, dessen Folgen sie erdulden müßten, wichen die Höflinge zur Seite.
    Der Oberste Richter von Theben, ein gemessener Mann im besten Alter, der dem Hohenpriester von Karnak nahestand,

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