Das Testament der Götter
Brust, die Barbaren zu hassen.
Als sich schließlich eine Abwesenheit unbestimmter Dauer ankündigte, stürzte sie sich auf ihn und schlug ihn. Er preßte sie gegen die Wand, drückte ihr die Arme auseinander und gab ihr den längsten Kuß ihres gemeinsamen Lebens. Katzenhaft wand sie sich, rieb sich an ihm und weckte ein derart heftiges Verlangen, daß er sie stehend, ohne sie freizugeben, nahm.
»Du wirst nicht gehen.«
»Ich muß. Ein Geheimauftrag.«
»Wenn du gehst, töte ich dich.«
»Ich komme wieder.«
»Wann?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du lügst! Wie lautet dein Auftrag?«
»Ist geheim.«
»Du hast keine Geheimnisse vor mir zu haben.«
»Sei nicht anmaßend.«
»Nimm mich mit, ich werde dir helfen.«
Sethi hatte diese Möglichkeit nicht erwogen. Scheschi auszuspähen, würde zweifelsohne langwierig und öde werden; außerdem war man unter gewissen Umständen besser zu zweit.
»Wenn du mich verrätst, haue ich dir einen Fuß ab.«
»Das wagst du nicht.«
»Du täuschst dich wieder einmal.«
Scheschis Spur zu finden hatte nur einige Tage benötigt. Am Morgen arbeitete er in der Wirkstätte des Palastes im Beisein der besten Forscher des Reiches. Am Nachmittag begab er sich in eine ausgegliederte Kaserne, die er vor der Morgendämmerung nicht wieder verließ. Über ihn selbst hatte Sethi nur Lobreden gesammelt: arbeitsam, sachkundig, unaufdringlich, bescheiden. Man hielt ihm bloß seine Schweigsamkeit und Zurückgezogenheit vor. Panther langweilte sich bald. Weder Bewegung noch Gefahr, sich mit Warten und Beobachten begnügen. Der Auftrag war völlig belanglos. Selbst Sethi verließ der Mut. Scheschi sah niemanden und verschloß sich in seiner Arbeit.
Der Vollmond erhellte den Himmel über Memphis. Panther schlief, an Sethi geschmiegt. Es sollte ihre letzte Spähernacht sein. »Da ist er, Panther.«
»Ich bin müde.«
»Er wirkt aufgeregt.« Schmollend schaute Panther hin. Scheschi durchschritt das Tor der Kaserne, schwang sich auf das Hinterteil eines Esels und ließ seine Beine schlaff hängen. Der Vierhufer setzte sich in Bewegung.
»Bald wird es dämmern, er kehrt in seine Wirkstätte zurück.«
Panther schien verdutzt.
»Für uns ist die Sache beendet. Scheschi ist eine Sackgasse.«
»Wo ist er geboren?« fragte sie.
»In Memphis, glaube ich.«
»Scheschi ist kein Ägypter.«
»Woher weißt du das?«
»Nur ein Beduine reitet seinen Esel auf diese Weise.«
Sethis Streitwagen hielt im Hof der Grenzfeste, die nahe den Sümpfen der Stadt Pithom gelegen war. Er vertraute seine Pferde einem Stallknecht an und befragte eilends den Schreiber der Einwanderung.
Hier nämlich mußten sich die Beduinen, die sich in Ägypten niederzulassen wünschten, einem strengen Verhör unterziehen. Zu gewissen Zeiten wurde keinerlei Einreise gestattet. In zahlreichen Fällen wurde das von dem Schreiber bei den Obrigkeiten in Memphis eingereichte Gesuch abschlägig beschieden.
»Offizier der Streitwagentruppe Sethi.«
»Ich habe von Euren Großtaten gehört.«
»Könntet Ihr mir über einen Beduinen Auskunft geben, der zweifellos vor langer Zeit schon Ägypter wurde?«
»Das ist nicht sehr vorschriftsgemäß. Aus welchem Grund?«
Sethi senkte verlegen die Augen. »Eine Herzenssache. Wenn ich meine Verlobte davon überzeugen könnte, daß er kein gebürtiger Ägypter ist, so glaube ich, wird sie zurückkehren.«
»Gut … wie heißt er?«
»Scheschi.«
Der Schreiber nahm Einsicht in seine Schriftenkammer.
»Ich habe hier einen Scheschi. Er ist tatsächlich Beduine, von syrischer Herkunft. Er hat sich vor nunmehr fünfzehn Jahren in der Grenzfeste vorgestellt. Da die Lage damals eher ruhig war, haben wir ihn einwandern lassen.«
»Nichts Verdächtiges?«
»Keine Unklarheiten beim Vorleben, keine Teilnahme an irgendeiner kriegerischen Handlung gegen Ägypten. Der zuständige Rat hat nach dreimonatiger Untersuchung ein günstiges Urteil abgegeben. Der Beduine hat den Namen Scheschi angenommen und Arbeit in Memphis als Gießer gefunden. Die während der ersten fünf Jahre vorgenommenen Überprüfungen seines neuen Daseins förderten nichts Unregelmäßiges zutage. Ich fürchte, Euer Scheschi hat seine Herkunft völlig vergessen.«
Brav schlief zu Pasers Füßen. Mit letzter Kraft hatte der Richter Branirs Vorschlag abgelehnt, obwohl dieser sehr darauf beharrte. Sein Haus zu verkaufen, wäre zu traurig. »Seid Ihr Euch sicher, daß der fünfte Altgediente noch immer am Leben
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