Das Testament eines Excentrischen
werden müßten.
Was die Zeitbewilligung dafür betraf, daß sich die Spieler von einem Orte nach dem ihnen gemeldeten nächsten begaben, so war diese mehr als hinreichend, wenn auch an jedem zweiten Tage einmal gewürfelt werden sollte. Da es sich um sieben Spieler handelte, hatte jeder siebenmal zwei, also vierzehn Tage Zeit, und so viel brauchte er nicht, wenn die Depesche ihm auch von einem Ende der Union zum andern, z. B. von Maine nach Texas oder von Oregon nach dem äußersten Süden von Florida zu gehen vorschrieb. Jener Zeit war das ganze Bundesgebiet schon von einem engmaschigen Schienennetz bedeckt, und unter Benutzung der Fahrpläne und Verkehrskarten konnte man sehr schnell überallhin gelangen.
Das waren die Vorschriften, woran nicht zu mäkeln war. Hier hieß es entweder – oder, biegen oder brechen.
Die Betreffenden beugten sich.
Natürlich thaten das nicht alle mit dem nämlichen Eifer. In dieser Beziehung kamen dem Commodore Urrican nur Tom Crabbe – oder vielmehr John Milner – und etwa Hermann Titbury gleich. Max Real und Harris T. Kymbale betrachteten die Geschichte mehr vom touristischen Standpunkte, der eine, um Vorwürfe für Bilder zu wählen, der andere, um Stoff für Zeitungsartikel zu sammeln. Jovita Foley aber erklärte Lissy Wag in Bezug auf diese Angelegenheit folgendes:
»Ich werde, liebe Lissy, Herrn Marshall Field darum ersuchen, daß er Dir und auch mir einen Urlaub bewilligt, denn ich werde Dich unbedingt bis zum dreiundsechzigsten Felde begleiten…
– Die ganze Geschichte ist ja eine Tollheit! antwortete das junge Mädchen.
– O, das gerade Gegentheil, erwiderte Jovita Foley, und da Du es bist, die die sechzig Millionen Dollars des ehrenwerthen Herrn Hypperbone gewinnen wird…
– Ich?…
– Ja, ja, Du, Lissy. Du trittst mir dann für meine Bemühungen die Hälfte davon ab.
– Alles… wenn Du es wünschest…
– Angenommen!« rief Jovita Foley im größten Ernste.
Es versteht sich wohl, daß Frau Titbury ihrem Hermann auf allen seinen Kreuz-und Querzügen folgen sollte, obgleich das die doppelte Ausgabe verursachte. Würde es ihnen nicht ausdrücklich untersagt, zusammen zu reisen, so wollten sie es thun. Das schien für beide Theile besser zu sein.
Uebrigens drang Frau Titbury darauf, ebenso wie sie es durchgesetzt hatte, daß Herr Titbury seine Rolle als Partner übernahm, denn solches Hin-und Herfliegen von Ort zu Ort im Verein mit den dabei unumgänglichen Ausgaben erschreckten das ebenso furchtsame wie geizige Männchen gewaltig. Die herrschsüchtige Kate hatte aber einmal ihren Kopf aufgesetzt. und Hermann mußte wohl oder übel gehorchen.
Ganz ähnlich lag es mit Tom Crabbe, dem sein Traineur ebenfalls nicht von der Seite weichen wollte und der, das konnte man glauben, jenen schon tüchtig herumschleppen würde.
Ob der Commodore Urrican, Max Real und Harris T. Kymbale allein oder in Begleitung eines Dieners reisen wollten, darüber hatten sich die Genannten noch nicht ausgesprochen. Eine Testamentsklausel, die ihnen verboten hätte, einen Begleiter mitzunehmen, gab es nicht. Sie hatten also freie Wahl und konnten auch auf den einen oder den andern wetten, wie man auf Rennpferde zu wetten pflegt.
Wir brauchen hier wohl nicht besonders hervorzuheben, daß die posthume Excentricität William I. Hypperbone’s in der Neuen und sogar in der Alten Welt ein ungeheueres Aufsehen erregt hatte.
Bei der Speculationswuth der Amerikaner war nicht zu bezweifeln, daß sie gewaltige Summen auf den Ausgang der aufregenden Partie verwetten oder sich mit solchen daran mittelbar betheiligen würden.
Auf die eigenen Hilfsmittel gestützt, konnten freilich nur Hermann Titbury und Hodge Urrican, beide sehr reiche Leute, und etwa John Milner, der durch die Ringkämpfe Tom Crabbe’s viel Geld verdiente, darauf rechnen, daß sie unterwegs, wegen Nichterlegung der Einsätze, nicht aufgehalten würden. Ihrem Mitarbeiter Harris T. Kymbale erbot sich die »Tribune« – das war ja eine unschätzbare Reclame für das Blatt – den nothwendigen Credit zu eröffnen.
Max Real bekümmerte sich blutwenig um diese finanzielle Verpflichtung, die er werde erfüllen oder nicht erfüllen können. Das wollte er erst im eingetretenen Fall beurtheilen.
Was Lissy Wag anging, so suchte Jovita Foley deren Bedenken zu zerstreuen.
»Fürchte Dich nur nicht, meine Liebe, wir verwenden alle unsere Ersparnisse auf die Kosten der Reise.
– Damit werden wir nicht weit kommen, Jovita…
–
Weitere Kostenlose Bücher