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Das Testament eines Excentrischen

Das Testament eines Excentrischen

Titel: Das Testament eines Excentrischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der Halbinsel, wo diese dicht unterhalb Alabamas und Georgias bis zum Atlantischen Ocean reicht. Wenn Thallahassee die Hauptstadt, der Sitz der Regierung ist, so hält Pensacola wieder Jacksonville, der bedeutendsten Stadt, so ziemlich die Wage. Durch ein Netz von Schienenwegen mit dem Innern der Union verbunden, ist Pensacola mit seinen zwölftausend Einwohnern in erfreulichstem Aufschwunge begriffen. Von größter Bedeutung für den nach einer Fahrgelegenheit spähenden Commodore Urrican war es aber, daß hier im Jahre gegen zwölfhundert Seeschiffe verkehren.
    Dennoch verfolgte ihn das Unglück weiter. Ein Ausstand herrschte zwar in Pensacola nicht, dafür war aber kein einziges Schiff segelfertig, den Hafen – wenigstens nach Südosten hin – weder nach den Antillen noch nach dem Atlantischen Ocean zu verlassen und folglich war auch an ein Anlaufen Key Wests nicht zu denken.
    »Nein, murrte Hodge Urrican, die Lippen zusammenbeißend, nein, entschieden, das geht so nicht weiter!
    – Und da ist keiner, den man dafür am Kragen nehmen könnte, antwortete sein Begleiter, der sich wüthend rings umsah.
    – Wir können aber unmöglich hier eine Woche vor Anker liegen!
    – Nein, wir müssen um jeden Preis absegeln, Herr Commodore!« erklärte Turk.
    Ja, das war wohl richtig, doch wie war von Pensacola nach Key West zu kommen?
    Hodge Urrican verlor keine Minute; er ging von Schiff zu Schiff, von Dampfer zu Segler, erhielt aber immer nur unbestimmte Versprechungen… Man werde ja abfahren… doch die Zeit, die Waaren einzuladen… alles regelrecht zu verstauen… u. s. w., also keine bestimmte Zusage, trotz des hohen Preises, den der Commodore für die Ueberfahrt bot. Da konnte er sich nicht enthalten, den verwünschten Schiffern und sogar dem Hafencapitän – wie man sagt – den Kopf zurecht zu stutzen, selbst auf die Gefahr hin, hier regelrecht hinter geschlossene Thüren zu kommen.
    Kurz, es verliefen zwei Tage, bis zum Abend des 18., und jetzt blieb nur noch übrig, zu Lande zu versuchen, was sich zu Wasser nicht ausführen ließ. Doch welche Beschwerden – die mochten wohl noch angehen – welche Verzögerungen waren da zu fürchten!
    Man stelle sich die Verhältnisse nur richtig vor. Erst galt es, Florida, natürlich mittelst Bahnzugs, fast in seiner ganzen Breite in westöstlicher Richtung über Tallahassee bis nach Live-Oak zu durchmessen, darauf wieder nach Süden zu fahren, um Tampa oder Punta Gorda am Meerbusen von Mexiko zu erreichen, das heißt, etwa sechshundert Meilen (1000 Kilometer) mit Zügen zurückzulegen, die nicht einmal überall sofortigen Anschluß haben. Und das möchte noch angegangen sein, wenn die Bahnlinien nur bis zum südlichsten Punkte der Halb insel hinuntergereicht hätten. Das war aber auch nicht der Fall. Fand sich dann kein segelfertiges Fahrzeug vor, so blieb noch eine lange Strecke übrig, die unter den mißlichsten Umständen überwunden werden mußte.
    Dieser Theil von Florida, den die Gewässer des Golfes von Cedar West aus bespülen, ist eine traurige, kaum bewohnbare und wenig bewohnte Gegend. Es war sehr fraglich, ob hier Beförderungsmittel, Post-oder Karrenwagen oder wenigstens Pferde zu beschaffen sein würden, mit denen man in einigen Tagen bis zur Südspitze des Landes gelangen könnte. Doch vorausgesetzt auch, daß solche für hohen Preis zu erhalten waren, wie langsam, mühsam und selbst gefährlich mußte die Fahrt vorwärts gehen inmitten der grenzenlosen Urwälder, unter dem dichten Dache der düsteren Cypressenhaine, die oft undurchdringlich und von dem stagnierenden Wasser der Bayous halb überschwemmt sind, durch die schwankenden Prairien mit Pistiagräsern, wo einem der Boden unter den Füßen zu schwinden scheint, durch die Dickichte riesiger Champignons, die bei jeder Berührung wie Feuerwerkskörper knallen, und durch das Labyrinth sumpfiger Strecken und kleiner Süßwasserseen, worin es von Alligatoren und Lamantins wimmelt und worin die furchtbarsten Vertreter der Familie der Schlangen, jene Trigonocephalen hausen, deren Biß stets tödlich ist! Das ist das schreckliche Gebiet der Evergladen, nach dem sich die letzten Stämme der schönen, aber wilden Seminolen geflüchtet haben, die einst unter ihrem Häuptling Oiseola so unerschrocken gegen die Streitkräfte der Union kämpften. Nur diese Eingeborenen vermögen hier genug zu finden, in dem heißen und feuchten Klima zu leben oder doch zu vegetieren, einem Klima, das der Entwickelung von Sumpffiebern

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