Das Testament
geleast hatte. Mit selbstgefälligem Lächeln stolzierte Junior wie Graf Rotz in den Ausstellungsraum. Er könnte den ganzen verdammten Laden aufkaufen, wenn ihm danach war. Auf dem Schreibtisch eines der Verkäufer sah er die Morgenzeitung: eine hübsche fette Schlagzeile über den Tod seines Vaters. Er empfand nicht die Spur von Trauer.
Der Geschäftsführer, Dickie, stürzte aus seinem Büro und sagte: »TJ, mein herzliches Beileid.«
»Danke «, sagte Troy Junior und legte sein Gesicht einen Augenblick lang in betrübte Falten. »Es ist besser so für ihn.«
»Trotzdem, noch mal herzliches Beileid.«
»Schon gut.« Sie traten in Dickies Büro und schlössen die Tür.
Dickie sagte: »In der Zeitung steht, dass er unmittelbar vor seinem Tod ein Testament unterschrieben hat. Stimmt das?«
Troy Junior blätterte bereits in den bunten Hochglanzbroschüren mit den neuesten Modellen. »Ja. Ich war dabei. Er hat seinen Nachlass durch sechs geteilt, ein Anteil für jeden von uns.« Er sagte das ganz beiläufig, ohne den Blick zu heben, als könne er bereits über das Geld verfügen und als sei es ihm schon zur Last geworden.
Dickie riss den Mund auf und setzte sich auf seinen Sessel. Sollte sein Kunde mit einem Mal in unermesslichem Reichtum schwimmen? War dieser nichtsnutzige TJ
Phelan etwa mit einem Schlag Milliardär? Wie alle anderen, die ihn kannten, hatte Dickie angenommen, der Alte hätte ihn auf alle Zeiten von finanziellen Zuwendungen ausgeschlossen.
» Biff hätte gern einen Porsche «, sagte Troy Junior, der nach wie vor in den Prospekten blätterte, »’nen roten Neunelfer Carrera Turbo, mit Klappverdeck und Hardtop.«
»Wann?«
Troy Junior blitzte ihn entrüstet an. »Sofort.«
»Kein Problem, TJ. Und was ist mit der Bezahlung?«
»Ich zahle den zusammen mit meinem schwarzen, auch nen Neunelfer. Was kosten die?«
»Um die neunzigtausend pro.«
»Ist in Ordnung. Wann können wir sie abholen?«
»Ich muss sie erst besorgen. Das kann ein oder zwei Tage dauern. Bar?«
»Natürlich.«
»Wann kriegen Sie denn das Geld?«
»In etwa einem Monat. Aber die Autos will ich gleich.«
Dickie hielt die Luft an und zuckte zusammen. »Ich kann aber keine zwei neuen Autos ohne irgendeine Art von Bezahlung rausrücken.«
»Schön. Dann seh ich mich bei der Konkurrenz um. Biff wollte sowieso schon immer nen Jaguar haben.«
»Nicht so hastig, TJ.«
»Ich könnte diesen ganzen Laden hier kaufen. Ich könnte in jede beliebige Bank gehen und zehn oder zwanzig Millionen verlangen oder wie viel auch immer nötig ist, den Schuppen hier aufzukaufen, und die würden mir das Geld liebend gern auf zwei Monate geben. Verstehen Sie das?«
Dickie nickte, seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen. Doch, er verstand durchaus. »Wie viel hat er Ihnen hinterlassen?«
»So viel, dass ich auch die Bank kaufen könnte. Krieg ich jetzt die Autos, oder muss ich ein Haus weiter gehen?«
»Ich muss sie erst auftreiben.«
»Kluger Junge«, sagte TJ. »Machen Sie Dampf dahinter. Ich melde mich heute Nachmittag. Nun rufen Sie schon an.« Er warf die Prospekte auf Dickies Schreibtisch und verließ das Büro.
Rambles Trauer äußerte sich darin, dass er sich den ganzen Tag über in seiner Bude im Keller einschloss, Marihuana rauchte, Rapmusik hörte und sich nicht im geringsten darum kümmerte, wer an die Tür klopfte oder anrief. Seine Mutter hatte ihm wegen der Familientragödie erlaubt, der Schule für den Rest der Woche fernzubleiben. Wenn sie nicht völlig ahnungslos gewesen wäre, hätte sie gewusst, dass man ihn dort schon einen Monat nicht mehr gesehen hatte.
Am Vortag hatte ihm sein Anwalt auf der Rückfahrt vom Phelan-Hochhaus erklärt, das Geld werde treuhänderisch verwaltet, bis er entweder achtzehn oder einundzwanzig Jahre alt sei, je nach den Bedingungen des Testaments. Zwar könne er zur Zeit nicht an das Kapital heran, werde aber sicherlich bis dahin ein großzügiges Taschengeld bekommen.
Sein Traum war es, eine Musikgruppe zu gründen, alternativer Rock mit starken Rap-Einflüssen, etwas völlig Neues. Er war schon dabei, es zu erfinden. Er beschloss, sie Ramble zu nennen. Mit seinem Geld konnten sie Platten aufnehmen.
Er kannte junge Männer, die mit ihrer Gruppe keinen Erfolg hatten, weil sie es sich nicht leisten konnten, ein Studio zu mieten. Das würde bei ihm anders sein.
Er würde nicht nur Bassgitarre spielen, sondern auch Leadsänger sein, und die Mädchen würden sich um ihn
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