Das Testament
die Santa Loura denken und an den Kater, den er gehabt hatte, als er beim vorigen Mal Corumba in nördlicher Richtung verlassen hatte.
Der Hubschrauber stieg auf sechshundert Meter Höhe. Nach einer halben Stunde erkannte Nate Fernandos Handelsniederlassung am Ufer des Flusses.
Es verblüffte ihn zu sehen, wie sehr das Pantanal sein Außehen von einer Jahreszeit zur anderen verändert hatte. Zwar war es nach wie vor eine endlose Folge von Sümpfen, Lagunen und Flüssen, die wild in alle Richtungen durcheinander strömten, aber jetzt, nachdem die Fluten zurückgegangen waren, wirkte alles viel grüner.
Sie hielten sich über dem Paraguay. Der Himmel blieb vor Nates aufmerksamen Augen klar und blau. Er musste daran denken, wie sie damals am Heiligabend mit Miltons Maschine zu Boden gegangen waren. Das Unwetter hatte sich von einem Augenblick zum anderen über dem Gebirge zusammengebraut.
Die Piloten gingen in einer Spiralbewegung auf dreihundert Meter hinunter und machten Handbewegungen, als hätten sie ihr Ziel gefunden. Nate hörte das Wort Xeco und sah einen Fluss, der in den Paraguay mündete. Natürlich hatte er keine Erinnerungen an ihn. Bei seiner ersten Begegnung mit dem Xeco hatte er am Boden des Bootes unter einem Zelt gelegen und gehofft, er werde sterben. Jetzt ging es vom Paraguay aus nach Westen. Die Piloten folgten dem sich windenden Xeco in Richtung auf die bolivianischen Berge. Sie spähten mit größter Aufmerksamkeit nach unten. Sie suchten eine blaugelbe cbalana.
Als Jevy das ferne Geräusch des Hubschraubers hörte, schoss er eine orangefarbene Signalrakete ab. Welly tat es ihm nach. Die Raketen brannten grell und zogen eine Spur blauen und silbernen Rauchs hinter sich her. Nach wenigen Minuten kam der Hubschrauber in Sicht. Er zog langsam seine Kreise.
Jevy und Welly hatten fünfzig Meter vom Flussufer entfernt mit Haumessern eine Lichtung in ein dichtes Gebüsch geschlagen. Noch vor einem Monat hatte der Boden unter Wasser gestanden. Schwankend senkte sich der Hubschrauber der Erde entgegen.
Als der Rotor stand, sprang Nate heraus und umarmte seine alten Reisegefährten.
Er hatte sie über zwei Monate nicht gesehen, und es bedeutete für alle drei eine Überraschung, dass er mit einem Mal da war.
Die Zeit war kostbar. Da Nate Gewitter, Dunkelheit, Überschwemmungen und Stechmücken fürchtete, wollte er so rasch wie möglich aufbrechen. Sie gingen zur am Ufer vertäuten cbalana. Neben ihr dümpelte ein langes, sauberes Beiboot, das aussah, als warte es auf seine Jungfernfahrt. An ihm war ein nagelneuer Außenbordmotor befestigt, alles vom Phelan-Nachlaß finanziert. Nate und Jevy stiegen rasch ein, verabschiedeten sich von Welly und den Piloten und brachen auf.
Bis zu den Indianersiedlungen sei es eine Strecke von zwei Stunden, erklärte Jevy, den Motor überschreiend. Er war am Vortag mit Welly auf der cbalana eingetroffen. Als sich zeigte, dass der Fluss nicht einmal mehr für dies flachbödige Schiff befahrbar war, hatten sie nahe einer Stelle angelegt, die für die Landung des Hubschraubers eben genug war. Dann hatten sie den Fluss mit dem Beiboot erkundet und waren ganz in die Nähe des ersten Indianerdorfs gelangt.
Jevy hatte die Stelle erkannt und gewendet, bevor man sie hören konnte.
Zwei Stunden, vielleicht drei. Hoffentlich würden es keine fünf, hoffte Nate.
Keinesfalls würde er auf dem Erdboden, in einem Zelt oder einer Hängematte schlafen. Nicht das kleinste Stückchen Haut würde er den Gefahren des Urwaldes außetzen. Die schreckliche Erinnerung an das Denguefieber war noch zu frisch.
Falls sie Rachel nicht fanden, würde er mit dem Hubschrauber nach Corumba zurückkehren, mit Valdir gut zu Abend essen, im Hotel in einem Bett schlafen und es am nächsten Tag erneut versuchen. Sofern es sich als nötig erweisen sollte, konnte er mit dem Nachlass den verdammten Hubschrauber sogar kaufen.
Aber Jevy wirkte zuversichtlich, was nicht ungewöhnlich war. Angetrieben von seinem starken Motor, hüpfte das Boot mit dem Bug förmlich über das Wasser. Wie schön, einen Außenborder zu haben, der mit gleichmäßigem, beruhigendem Klang vor sich hin brummte. Sie waren unbesiegbar.
Das Pantanal fesselte Nate erneut; die Kaimane im seichten Wasser am Ufer, die Vögel, die ganz niedrig über der Wasserfläche flogen, die unglaubliche Abgeschiedenheit. Dort, wo sie waren, gab es keine Fazendas mehr. Sie suchten Menschen, deren Vorfahren schon vor Jahrhunderten an derselben Stelle
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