Das Testament
Cocktail war irgendein Tequila-Gebräu gewesen, das Nate in großen Mengen konsumiert hatte, bis er das Bewusstsein verlor. Der Kater danach hatte zwei Tage gedauert.
Das Gespräch wurde lebhafter, und mit einem Mal gestikulierten die beiden. Jevy sah zu Nate her, während er sprach.
»Was gibt’s?« fragte Nate.
»Die Indianer leben nicht weit von hier.«
»Wie weit?«
»Eine Stunde, möglicherweise zwei.«
»Kann er uns dahin führen?«
»Ich weiß den Weg.«
»Davon bin ich überzeugt. Aber ich würde mich besser fühlen, wenn er mitkäme.«
Damit kränkte er zwar Jevys Stolz, doch konnte dieser angesichts der Umstände nicht viel dagegen anführen. »Vielleicht möchte er dafür etwas Geld.«
»Jeden Betrag.« Solange der Junge nur Bescheid wusste. Auf der einen Seite war der Phelan-Nachlaß und auf der anderen der dürre, kleine pantaneiro. Nate lächelte bei dieser Vorstellung. Wie wäre es mit einer ganzen Flottille aus Kanus mit Angelruten, Rollen und Tiefenanzeige? Sag bloß, was du willst, mein Sohn, und es gehört dir.
»Zehn Reais«, sagte Jevy nach kurzer Verhandlung.
»Gern.« Für etwa zehn Dollar würde man sie zu Rachel Lane bringen.
Jevy kippte den Außenborder hoch, so dass die Schraube in die Luft ragte, und sie begannen zu paddeln. Nachdem sie dem Jungen im Kanu zwanzig Minuten lang gefolgt waren, gelangten sie in ein schmales, flaches Gewässer mit einer starken Strömung. Nate zog sein Paddel ein, atmete durch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sein Herz hämmerte, und seine Muskeln schmerzten bereits.
Inzwischen war die Wolkendecke aufgerissen, und die Sonne brannte herab.
Jevy machte sich am Motor zu schaffen. Zum Glück sprang er an und ging auch nicht wieder aus. Sie folgten dem Jungen, der ihnen und ihrem stotternden Außenbordmotor mit seinem Kanu mühelos vorauspaddelte.
Es war fast ein Uhr, als sie ansteigendes Gelände erreichten. Allmählich blieben die überschwemmten Gebiete zurück, und die Wasserläufe hatten wieder erkennbare Ufer mit dichtem Unterholz. Der Junge wirkte bedrückt und schien sich sonderbarerweise Sorgen um den Sonnenstand zu machen.
Da hinten, sagte er zu Jevy. Gleich hinter der Kurve. Er schien nicht gern weiterfahren zu wollen.
Ich halte hier, sagte er. Ich muss nach Hause zurück.
Nate gab ihm das Geld, und sie dankten ihm. Er wendete sein Kanu und verschwand rasch mit der Strömung. Sie quälten sich mit dem immer wieder stotternden Motor ab, kamen aber trotz ihrer geringen Geschwindigkeit voran.
Bald rückte ein Wald an die Ufer des Flusses, dessen Bäume tief über das Wasser hingen, so dass über ihnen eine Art Tunnel entstand, der das Tageslicht ausschloss. Im Halbdämmer hallte das ungleichmäßige Dröhnen ihres Motors von den Ufern wider. Nate konnte sich des unheimlichen Eindrucks nicht erwehren, dass sie beobachtet wurden. Er spürte förmlich, wie Blasrohre auf ihn zielten.
Innerlich war er daraufgefasst, dass jeden Augenblick Wilde in Kriegsbemalung, denen man beigebracht hatte, dass jedes Bleichgesicht umgebracht werden müsse, ihre todbringenden Pfeile herüberschickten.
Doch als erstes sahen sie kleine braune Kinder, die glücklich im Wasser planschten. Das Blätterdach endete in der Nähe einer Ansiedlung.
Auch die Mütter badeten, ebenso nackt wie ihre Kinder, und offenbar ohne deswegen im geringsten gehemmt zu sein. Als sie das Boot sahen, zogen sie sich ans Ufer zurück. Jevy stellte den Motor ab und begann zu reden und zu lächeln, während sie näher trieben. Ein etwas größeres Mädchen lief in Richtung der Hütten davon.
»Fala portugues!« rief Jevy den vier Frauen und sieben Kindern zu. Sie sahen einfach nur herüber. Die kleineren versteckten sich hinter ihren Müttern. Die Frauen waren kleinwüchsig mit üppigen Leibern und kleinen Brüsten.
»Sind die freundlich?« fragte Nate.
»Das werden wir sehen, wenn die Männer kommen.«
Schon nach wenigen Minuten kamen drei Männer, ebenfalls klein, stattlich und muskulös. Immerhin hatten sie ihre Geschlechtsteile mit einer Art Lederfutteral verhüllt.
Der älteste behauptete, Portugiesisch zu sprechen, doch waren seine Kenntnisse äußerst dürftig. Nate blieb im Boot, weil er sich dort am sichersten fühlte, während Jevy, der an einem Baum in der Nähe des Wassers lehnte, sich verständlich zu machen versuchte. Die Indianer umdrängten ihn. Er war einen ganzen Kopf größer als sie.
Nachdem sie mehrere Minuten lang immer wieder dasselbe gesagt und
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