Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Testament

Das Testament

Titel: Das Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
Jevy.
    »Jevy Cardozo, aus Corumba. Ich bin sein Führer.«
    Mit feinem Lächeln sah sie die beiden aufmerksam an. Sie schien die Begegnung zu genießen.
    »Was führt Sie her?« Sie sprach ohne jeden regionalen Akzent. In ihrer gepflegten Sprechweise lag nicht der geringste Hinweis auf eine Herkunft aus Louisiana oder Montana.
    »Wir haben gehört, dass man hier gut angeln kann«, sagte Nate.
    Sie ging nicht darauf ein. »Er macht schlechte Witze«, sagte Jevy entschuldigend.
    »Tut mir leid. Ich suche Rachel Lane und habe Grund zu der Annahme, dass Sie das sind.«
    Sie hörte sich das an, ohne ihren Gesichtsausdruck zu verändern. »Und warum suchen Sie Rachel Lane?«
    »Weil ich Anwalt bin und meine Kanzlei eine wichtige rechtliche Frage mit ihr zu klären hat.«
    »Worum geht es da?«
    »Das kann ich nur ihr selbst sagen.«
    »Bedaure, ich bin nicht Ihre Rachel Lane.«
    Jevy seufzte, und Nates Schultern sanken. Ihr entging keine Bewegung und nicht die kleinste Regung. »Haben Sie Hunger?« fragte sie.
    Beide Männer nickten. Sie rief den Indianern etwas zu. »Jevy«, sagte sie, »gehen Sie mit diesen Männern ins Dorf. Dort bekommen Sie etwas zu essen, und man wird Ihnen auch etwas für Mr. O’Riley hier mitgeben.«
    Sie setzte sich mit Nate im Schatten auf die Bank, von wo aus sie schweigend zusahen, wie die Indianer Jevy ins Dorf führten. Er drehte sich einmal um, wie um sich zu vergewissern, dass es Nate gut ging.

    SIEBENUNDZWANZIG

    Als die Indianer fort waren, kam ihm die Frau nicht mehr so groß vor. Sie schien die Speisen zu meiden, von denen die Indianerfrauen so dick wurden. Sie hatte lange, schlanke Beine und trug Ledersandalen, was in einer Kultur, in der jeder barfuss ging, sonderbar wirkte. Woher mochte sie die haben? Und woher das gelbe, kurzärmelige Hemd und die Khakishorts? Er hatte so viele Fragen.
    Ihre einfache Kleidung wirkte ziemlich abgetragen. Sofern sie nicht selbst Rachel Lane war, wusste sie bestimmt, wo sich diese aufhielt.
    Sie saßen so dicht beieinander, dass sich ihre Knie fast berührten. »Rachel Lane hat vor vielen Jahren aufgehört zu existieren«, sagte sie mit einem Blick auf das Dorf in der Ferne. »Ich habe den Vornamen beibehalten, den Nachnamen aber aufgegeben. Es muss sich um eine bedeutende Angelegenheit handeln, sonst wären Sie nicht gekommen.« Sie sprach leise, langsam und deutlich. Jedes Wort wirkte abgewogen.
    »Troy Phelan ist tot. Er hat vor drei Wochen Selbstmord begangen.«
    Sie senkte den Kopf ein wenig und schloss die Augen. Es sah aus, als ob sie bete. Dann folgte eine lange Pause. Das Schweigen schien ihr nicht unbehaglich zu sein. »Haben Sie ihn gekannt?« fragte sie ihn schließlich.
    »Ich bin ihm vor Jahren mal begegnet. In unserer Kanzlei gibt es viele Anwälte, und ich selbst hatte nie mit seinen Angelegenheiten zu tun. Nein, gekannt habe ich ihn nicht.«
    »Ich auch nicht. Er war mein irdischer Vater, und ich habe viele Stunden für ihn gebetet, aber er war mir immer fremd.«
    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?« Nate sprach leiser und langsamer als zuvor. Sie übte einen beruhigenden Einfluss aus.
    »Vor vielen Jahren. Bevor ich zum College ging«, sagte sie. »Was wissen Sie über mich?«
    »Nicht viel. Sie hinterlassen ja kaum Spuren.«
    »Wie haben Sie mich dann gefunden?«
    »Mit Troys Hilfe. Er wollte Sie vor seinem Tod aufspüren, hat es aber nicht geschafft. Er wusste, dass Sie als Missionarin bei World Tribes Missions arbeiten und sich in diesem Teil der Welt aufhalten. Alles andere musste ich selbst herausbekommen.«
    »Woher mag er das gewusst haben?«
    »Er hatte schrecklich viel Geld.«
    »Und deswegen sind Sie hier.«
    »Ja. Wir müssen über Geldangelegenheiten reden.«
    »Er hat mir vermutlich etwas hinterlassen.«
    »Das kann man sagen.«
    »Ich möchte nicht über Geldangelegenheiten sprechen, sondern mich mit Ihnen unterhalten. Wissen Sie, wie oft ich jemanden in meiner Muttersprache reden höre?«
    »Selten, denke ich mir.«

    »Ich fahre einmal im Jahr nach Corumba, um Vorräte zu kaufen. Bei der Gelegenheit rufe ich in der Zentrale an und spreche etwa zehn Minuten lang englisch. Das macht mir jedesmal Angst.«
    »Warum?«
    »Ich bin nervös. Meine Hände zittern, während ich den Hörer halte. Ich kenne die Menschen, mit denen ich rede, fürchte aber, nicht die richtigen Ausdrücke zu benutzen. Manchmal stottere ich sogar. Zehn Minuten pro Jahr.«
    »Jetzt machen Sie Ihre Sache aber gut.«
    »Ich bin schrecklich

Weitere Kostenlose Bücher