Das Tier
Weg, sie beide zu überwältigen. Da grub sich Melvas zarte kleine Hand in Kiros’ Haar, sie presste den Lauf ihrer Waffe fest in den Nacken dieser unmenschlichen Bestie.
„Er ist verletzt!“, zischte sie. „Und sehe ich da etwa seine Locken auf dem Boden? Geben Sie endlich die Schlüssel her! Mein Mann ist Arzt, er weiß durchaus, wie man die ganzen Skalpelle dort benutzt, um jemandem die Haut abzuziehen!“
Kiros erbleichte und wies auf die Wand neben der Tür. Dort, an einem Haken, hing ein großer Schlüssel. Rasch eilte er damit zu Cyrian und öffnete eine Stahlschelle nach der anderen. Als er allerdings gerade den Kopf des jungen Mannes befreite, hörte er Melva aufschreien und fuhr herum. Kiros hatte sie beiseite geschubst und wandte sich zur Flucht.
Noch bevor er die Tür erreicht hatte, fegte ein Blitz an Lerome vorbei. Er konnte nicht schnell genug blinzeln, da lag Kiros bereits kreischend am Boden, während Cyrian auf seiner Brust kniete. Das Geschrei verstummte abrupt, als der Junge ihm den Hals umklammerte.
Hilflos starrte Lerome Melva an, die genauso wenig zu wissen schien, was zu tun war – würde Cyrian sich gegen sie wenden, sollten sie versuchen, ihn an einem Mord zu hindern? War er in seiner Wut ein ebensolches Tier wie Thars? Und wollte er überhaupt verhindern, dass ein Wahnsinniger wie Kiros getötet wurde?
Da ließ Cyrian plötzlich los und wich schwer atmend von seinem Opfer zurück. Kiros krümmte sich winselnd am Boden, eine Hand an der malträtierten Kehle, die andere schützend über seinen Kopf gelegt.
Cyrian lehnte sich zitternd und keuchend an die Wand, blickte mit einem Ausdruck schieren Entsetzens auf den Mann nieder, den er beinahe erwürgt hätte.
„Es ist vorbei“, flüsterte Lerome und strich zögernd über Cyrians Arm. Brudfors Gnade, was für Muskeln … „Er kann dir nichts mehr tun, alles ist gut.“
Langsam sank Cyrian an der Wand zu Boden. Sein angehaltener Atem entwich mit einem seltsamen Bibbern. Er schlug die Hände vors Gesicht und seufzte schwer. Beinahe hätte er einen Menschen umgebracht.
„Brudfor, du Scheißkerl, was machst du aus mir?“, flüsterte er.
„Cyrian, mein lieber Junge, geht es dir gut?“ Melva hockte sich neben ihn nieder. MELVA!
Cyrian riss die Hände vom Gesicht und nutzte sie lieber, um gewisse Körperteile zu verdecken, die ansonsten weiblichen Blicken allzu offen ausgesetzt wären.
„Oh … ich .. äh … Der da hat mir die Kleidung weggenommen. Es tut mir leid ... Also …“
Doktor Lerome verdrehte die Augen und herrschte Kiros an: „Wo sind die Sachen des Jungen?“
Melva half Kiros‘ Erinnerung auf die Sprünge, indem sie die Waffe erneut auf ihn richtete.
„Dort in der Truhe“, krächzte Kiros. Hatte Cyrian ihm den Kehlkopf gequetscht? Gut so. Er hatte nie vor gehabt, jemanden umzubringen. Aber diesen Kiros einmal gepflegt den Arsch zu versohlen, würde sicherlich nicht schaden. Statt diesem Verlangen nachzugeben, erhob sich Cyrian und öffnete die Truhe. Tatsächlich lag seine Kleidung ordentlich zusammengelegt dort drinnen. Rasch zog er sich an. Es reichte allmählich, Doktor Lerome ständig nackte Tatsachen zu präsentieren. Und Melva erst.
„Was machen wir jetzt mit dem Schwein?“, fragte Cyrian, als er sich fertig bekleidet seinen Freunden zuwandte.
„Ich könnte ihn erledigen“, schlug Melva vor.
„Meine Liebe, du hast nie schöner ausgesehen als heute“, erklärte Doktor Lerome. „Diese Waffe macht dich ungeheuer attraktiv.“
„Wie reizend. Vielen Dank.“ Melva errötete auf liebenswerte Weise.
„Wie? Peng! – und für den Knaben ist alles vorbei?“ Cyrian schüttelte den Kopf.
„Bitte! Sie können mich doch nicht einfach erschießen“, rief Kiros heiser.
„Nein“, zischte Cyrian, „das können wir wirklich nicht. Allerdings könnten wir dich zersägen.“ Mit einem Satz war er an dem Operationstisch und schnappte sich die Säge. „Wie sagten Sie so schön? Ritze, ratze?“
„Er wollte was?“ Schockiert starrten ihn Melva und Doktor Lerome an.
„Zerteilen wollte er mich. Bei lebendigem Leib“, klagte Cyrian den Wissenschaftler an. „Er sagte, dass er meine Organe studieren wollte.“ Erschrocken fuhr er sich gleich darauf durch den Schopf, als ihm in diesem Zusammenhang die Schere einfiel. Hatte er jetzt etwa eine kahle Stelle? Nein, seine dichte Lockenmähne schien die fehlenden Haarsträhnen zu verdecken.
„So ein perverses Individuum“, empörte sich Melva.
„Das
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