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Das Todeshaus

Das Todeshaus

Titel: Das Todeshaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Tochter mitzubringen.«
    Roth schüttelte den Kopf. »Offensichtlich lesen Sie auch keine Klatschblätter. Das ist nicht seine Tochter. Das ist seine neue Flamme, vermute ich.«
    Miss Mamies Stimme ertönte. Ihr Gelächter füllte das gesamte Foyer aus. Rechts neben ihr stand Anna. Als sich ihre Blicke trafen, schenkte sie ihm ein zartes Lächeln und wandte sich dann wieder Miss Mamie zu.
    Roth hatte sie auch bemerkt. Seine Augen waren so scharf wie die eines Wolfes. »Was für ein niedliches Vögelchen.«
    Mason tat so, als hätte er es nicht gehört. »Entschuldigen Sie mich, ich muss mir mal ein bisschen die Beine vertreten.«
    Roth grüßte in gespielter Gentleman-Manier und ging los, um sein Glas wieder aufzufüllen. Mason richtete den Gurt seiner Tasche auf der Schulter und lief in Richtung der offen stehenden Tür. Der Wagen war weg. Seine verschlungenen Spuren führten hinüber zu einer der Scheunen. Hier und da lagen dunkle Haufen Pferdemist auf dem hellen Sandweg. In seiner Broschüre hatte sich Korban Manor damit gerühmt, dass es hier keine motorisierten Fahrzeuge gäbe, die »kreative Impulse stören könnten«. Auch gab es auf dem gesamten Anwesen keine Ablenkungen wie Fernsehen, Telefon oder Strom.
    Gilligans Insel, nur ohne das Gelächter aus der Konserve und die vorhersehbaren Handlungswendungen. Was zum Teufel habe ich hier verloren?
    Einer aus der Gruppe bellte: »Lassen Sie mich Ihnen von meiner reizenden Idee für einen Roman erzählen. Es geht um diesen Schriftsteller, der—«
    Mason schaute ein letztes Mal auf Korbans Gesicht und trat hinaus in den herbstlichen Sonnenschein.

 
     
     
    5. KAPITEL
     
    Schmerz hat viele Farben, doch die Angst hat nur eine.
    George Lawson dachte, er hätte mit seinen 53 Jahren schon alle Farben des Schmerzes erlebt. Weißen Schmerz, als er im Sommer vor einigen Jahren beim Beschneiden einiger Robinien die Spitze einer Kettensäge über sein Schienbein zog. Mit dumpfem, himmelblauem Schmerz schloss er Bekanntschaft, als ein Teil seiner Wirbelsäule von rheumatoider Arthritis befallen wurde. Und den unsichtbaren grauen Faustschlag in den Magen bekam er mehrere Monate lang nicht los, nachdem ihn Selma zum Ende der Regierungszeit von Reagan für einen Teppich webenden Hippie verlassen hatte.
    Er hatte Schmerz in Hunderten von Farben gespürt, in orangefarbenen und dunkelroten und tiefgrünen Tönen. Und der Schmerz hatte genauso viele Formen und Größen angenommen. Doch er war sich ziemlich sicher, dass er noch nie die Art von Schmerz gefühlt hatte, von der er jetzt erfasst wurde. Es waren alle Farben auf einmal, ein Regenbogen aus Schmerzen, ein Ölteppich in einer Schlammpfütze, alle Facetten des Schmerzes, die jemand jemals erleiden konnte, vereint in quälender Pein. Dann ließ der Schmerz nach.
    Aber die Angst—
    Die Angst war nichts als schwarz. Größer, dunkler, grell und erstickend. Wie ein Schatten legte sie sich über all die anderen Farben. Schwarze Angst steckte in seinem Hals wie ein Fettlappen, klebte an seinen Zellen wie ein Gerinnsel aus verdorbenem Melassesirup, wucherte in ihm wie eine Geschwulst aus Kohle. Scharf zog George die herbstlich süße Appalachenluft ein.
    Er versuchte, seinen linken Arm zu bewegen – nur als Experiment, doch das war ein Fehler.
    Zwei lange Nägel hielten seine Oberarme am Boden fest. Er konnte die Nägel sogar schmecken, obwohl er sich sicher war, dass sich in seinem Mund nichts als einige Staubkörner, ein wenig Blut und ein paar loser Zähne befanden. Und die Angst.
    Der Geschmack war metallisch und rostig und erinnerte ihn in seiner Bitterkeit an ein renovierungsbedürftiges Haus, dessen Wände mit dem Hammer eingerissen wurden. Oder an eine Schmiede und Schießpulver. Mit einem splitternden Ächzen fiel der eingestürzte Bretterschuppen um ihn herum zusammen.
    George wusste, dass er besser die Augen öffnen sollte. Denn in seinem Kopf sah er einen langen, dunklen Tunnel und je tiefer er vordrang, desto weiter entfernte er sich von dem Licht, das am Ende des Tunnels hineinströmte. Er glitt so sanft hinein, als ob er auf Schienen durch einen Bergbaustollen fuhr. Und ein Teil von ihm wollte hinweggleiten, hinunter in diesen kühlen, luftlosen Raum, der genau um die Kurve lag.
    Doch der andere Teil von ihm gewann die Oberhand. Der Teil, der seine Beine durch den Dschungle von Vietnam gezogen hatte. Der Teil, der ihn aus diesem Krankenhausbett herausgetrieben hat, nachdem ihm die Ärzte gesagt hatten, dass er

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