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Das Todeswrack

Das Todeswrack

Titel: Das Todeswrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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Funkbaken für eine exakte Positionsbestimmung noch zu weit entfernt.
    Nillson wusste, dass er sich strikt an die Maßgaben des Kapitäns zu halten hatte.
    Gleichwohl war er immerhin der befehlshabende Brückenoffizier. Er traf eine Entscheidung. »Kurs neunundachtzig«, wies er den Steuermann an.
    Das Ruder drehte sich nach rechts und lenkte das Schiff ein wenig nach Süden, näher an den ursprünglichen Kurs heran.
    Die Brückenmannschaft wechselte die Posten, wie es alle achtzig Minuten üblich war. Lars Hansen kam aus der Bereitschaft und übernahm das Ruder.
    Nillson verzog das Gesicht, denn dieser Wechsel gefiel ihm ganz und gar nicht. Ihm war stets unbehaglich zumute, wenn Hansen in seiner Schicht Dienst tat. In der schwedischen Seefahrt galten strikte Regeln. Offiziere sprachen nur dann mit den Matrosen, wenn sie ihnen Befehle erteilten. Plaudereien fanden schlichtweg nicht statt. Nillson setzte sich manchmal über diese Gewohnheit hinweg und äußerte einem Matrosen gegenüber unauffällig einen Scherz oder brachte eine sarkastische Bemerkung an. Niemals jedoch bei Hansen.
    Dies war Hansens erste Fahrt auf der
Stockholm.
Man hatte ihn in letzter Minute als Ersatz an Bord genommen, weil der eigentlich angeheuerte Mann nicht erschienen war. Laut seiner Papiere hatte Hansen bereits auf einer ganzen Reihe von Schiffen gearbeitet. Dennoch kannte ihn niemand, was schwer vorstellbar schien. Hansen war hohlwangig, groß, breitschultrig, und sein blondes Haar war kurz geschoren. Bis hierhin traf die Beschreibung auch auf einige Millionen anderer Skandinavier Anfang zwanzig zu. Aber es würde schwierig sein, Hansens Gesicht zu vergessen. Eine tiefe weiße Narbe verlief von seinem vorstehenden Wangenknochen bis kurz vor den rechten Mundwinkel, sodass seine Lippen auf einer Seite zu einem grotesken Lächeln aufgeworfen schienen. Hansen hatte zumeist auf Frachtern gearbeitet, was eine Erklärung für seine Anonymität sein mochte. Nillson vermutete jedoch, dass dieser Umstand eher im Verhalten des Mannes begründet lag. Er mied Gesellschaft, redete nur, wenn man ihn ansprach, und auch dann nicht viel. Niemand fragte ihn je nach seiner Narbe.
    Wie sich herausstellte, war er ein guter Matrose, der Befehle prompt und ohne zu murren ausführte, das musste Nillson zugeben. Deshalb war Nillson auch verwirrt, als er den Kompass überprüfte. Während früherer Schichten hatte sich Hansen als fähiger Steuermann erwiesen. Heute Abend aber ließ er das Schiff treiben, als wäre er mit den Gedanken nicht bei der Sache. Nillson wusste, dass es eine Zeit lang dauerte, ein Gefühl für das Ruder zu bekommen. Abgesehen von der Strömung war der Dienst am Steuerrad heute allerdings nicht besonders anspruchsvoll. Kein tosender Wind. Keine riesigen Wellen, die über das Deckhereinbrache n. Lediglich ein paar kleine Bewegungen des Ruders in die eine oder andere Richtung.
    Nillson musterte den Kreiselkompass. Kein Zweifel. Das Schiff gierte ein wenig. Er trat dicht neben den Steuermann.
    »Halten Sie sich streng an den Kurs, Hansen«, sagte er freundlich. »Wir sind hier schließlich nicht auf einem Kriegsschiff.«
    Hansens Kopf drehte sich auf dem muskulösen Hals. Die schimmernde Kompassanzeige spiegelte sich in seinen Augen und verlieh ihnen einen animalischen Glanz. Gleichzeitig betonte sie seine tiefe Narbe. Sein stierer Blick schien Hitze auszustrahlen. Nillson spürte, wie ihm stumme Aggressivität entgegenschlug, und wäre beinahe reflexartig einen Schritt zurückgewichen. Er blieb jedoch standhaft und wies auf die Kursanzeige.
    Der Steuermann starrte ihn einige Sekunden ausdruckslos an und nickte dann unmerklich.
    Nillson versicherte sich, dass jetzt ein gleichmäßiger Kurs anlag, murmelte zustimmend und floh dann in den Kartenraum.
    Hansen jagte ihm eine Gänsehaut ein, und er nahm eine weitere Funkpeilung vor, um die Auswirkungen der Abdrift zu ermitteln. Irgendwas hier ergab keinen Sinn. Trotz der Korrektur um zwei Grad nach Süden befand sich die
Stockholm
drei Meilen nördlich des Kurses.
    Er ging zurück ins Ruderhaus. »Zwei Grad nach rechts«, befahl er, ohne Hansen eines Blicks zu würdigen.
    Hansen richtete das Steuerrad auf einundneunzig Grad aus.
    Nillson stellte die Kursanzeige um und blieb neben dem Kompass, bis er sicher war, dass Hansen das Schiff auf den neuen Kurs gebracht hatte. Dann beugte er sich über das Radar.
    Das Glühen der Anzeige verlieh seiner dunklen Haut einen gelblichen Ton. Der Abtaststrahl

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