Das verbotene Eden 02 - Logan & Gwen
die Hand und führte sie aus den Stollen hinaus ans Licht.
Während sie nach oben gingen, brachte sie Zoe auf den neuesten Stand. Sie berichtete von der Generalamnestie und von den merkwürdigen Begebenheiten der letzten Tage. Sie erzählte von der Rückkehr Gwens, von ihrem gescheiterten Einsatz und ihrer Begegnung mit dem Inquisitor. Sie hatte dem Hohen Rat Rede und Antwort gestanden, und es gab niemanden, der an dem Wahrheitsgehalt ihrer Worte zweifelte. Immerhin war sie die einzige Überlebende des Einsatzkommandos. Von Mordra, Kendra und den anderen fehlte bis zum heutigen Tag jede Spur. Was jedoch niemand außer Magda wusste, war, dass Gwen unterwegs jemanden kennengelernt hatte, einen Mann. Sein Name war Logan. Wie es schien, hatte sie die Begegnung nachhaltig beeindruckt. Sie hatte sich in ihn verliebt und deshalb den Entschluss gefasst, sich den Truppen anzuschließen.
Die Geschichte warf viele Fragen auf. Nicht nur, was Gwen und ihre Gefühle betraf – darüber schien sie sich selbst nicht klar zu sein –, sondern vor allem über das Verhältnis der Geschlechter allgemein. War es nicht seltsam, dass es so kurz hintereinander zwei Fälle gab, in denen Männer und Frauen sich zueinander hingezogen fühlten? War das ein Zufall, oder steckte mehr dahinter?
Magda und Zoe verließen den Tempel und traten hinaus auf den Vorplatz. Die Dienerin brauchte ein bisschen, um sich an die Helligkeit zu gewöhnen; der Kerker hatte ihre Augen empfindlich werden lassen. Doch endlich war sie so weit und konnte den Anblick bestaunen. In der Stadt unter ihren Füßen brodelte es vor Aktivität. Überall waren Fuhrwerke zu sehen, Reiterinnen und Bodentruppen zogen die Straßen entlang und marschierten von dort aus in gerader Reihe Richtung Nordtor. Die Geräusche klingender Waffen, Fanfaren und Pferdewiehern drangen bis zu ihnen herauf. Eine Prozession wie diese hatte es noch nie gegeben. Gesäumt wurde die Straße von Tausenden von Frauen, die den Brigantinnen zuwinkten und Blumen warfen. Läden und Stände waren aufgebaut worden, und der Duft von Süßigkeiten und Gebratenem hing in der Luft. Ein wahres Volksfest, wäre der Anlass nicht so ernst.
»Und du glaubst, Gwen ist wirklich dort unten?«, fragte Zoe.
»Ich glaube das nicht, ich weiß es. Irgendwo dort unten steht sie jetzt bei den anderen und wartet darauf, dass es endlich losgeht. Sie zieht aus, um den Mann wiederzufinden, den sie liebt und der ihr das Leben gerettet hat.« Sie lachte zynisch. »Genauso gut könnte sie versuchen, den Mond zu erreichen.«
»Wie meinst du das?«
»Die Liebe lässt uns manchmal seltsame Dinge tun. Einen einzelnen Mann zu finden, der noch dazu zum Tode verurteilt ist, das kann nicht klappen. Das ist glatter Selbstmord.«
»Das kannst du nicht wissen«, erwiderte Zoe. »Ich habe erlebt, dass die Liebe Menschen zu den erstaunlichsten Taten befähigt. Denk an Arkana. Wie schwer muss es sein, zwanzig Jahre lang ein falsches Spiel zu spielen? Zwanzig Jahre lang ein Schattendasein zu führen und die anderen glauben zu lassen, man wäre jemand anderes? Vor diesem Hintergrund kann ich mir durchaus vorstellen, dass Gwen ihr Ziel erreichen wird. Nur, ob er dann noch leben wird, das ist eine andere Frage.«
Magda warf Zoe einen neugierigen Blick zu. »Das klingt fast, als wüsstest du, wo Arkana steckt.«
»Vielleicht.« Zoe zwinkerte ihr zu.
»Keine Angst, von mir erfährt niemand etwas.«
Die Dienerin warf einen raschen Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete. Dann ging sie in die Hocke und zeichnete etwas in den Staub. Magda kniff die Augen zusammen. Es war eine Art Karte.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Ich habe eine Nachricht erhalten. Eine Brieftaube.« Zoe deutete auf die linke untere Ecke des Bildes. »Hier ist Glânmor, darüber Ingran und Alcmona. Hier sind die Grenzlande und die Verbotene Zone. Das hier ist die alte Stadt, und dort …«, sie tippte auf eine Stelle links unterhalb der Stadt, »… dort liegt eine kleine Hütte. Sie befindet sich direkt neben ein paar alten Kanälen und gehört dem Abt vom Kloster des heiligen Bonifazius. Ein perfektes Versteck für jemanden, der für eine Weile untertauchen will. Arkana sagte mir, dieser Benedikt sei ein hilfsbereiter Mann. Ein alter Freund von Claudius. Die beiden wollten dort um Asyl nachfragen. Wie es scheint, haben sie ihr Ziel erreicht.«
Magda stand wie angewurzelt daneben. Das Bild hatte uralte und längst verschüttet geglaubte
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