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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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heruntergefallene Äste zu treten, um jedes Geräusch zu vermeiden. Es war nicht leicht, denn mein Blick war nach oben gerichtet, in die Wipfel der Bäume, dorthin, wo sich die Träume meist verbargen. Ich sah etwas, hielt inne, verengte die Augen. Das könnte der Traum vom schnellen Glück sein. Ich hob behutsam mein Gewehr. Legte an. Ich war mir nicht sicher.
    Egal, ich schoss … und verfehlte.
    Der Traum breitete seine Schwingen aus und floh. Jetzt erkannte ich ihn. Es war der Traum davon, hohe Brücken ohne Angst zu überqueren. Ich lud nach, aber es war zu spät, keine Chance mehr, ihn zu treffen. Was soll’s, ich kannte kaum Brücken, und Furcht verspürte ich dort ohnehin wenig.
    Da sah ich noch einen Jäger. Er schien mehr Erfolg gehabt zu haben als ich. An seinem Gürtel hing ein fetter Traum. Er kam mir entgegen. Ein alter Jäger, klein und in waldgrünem Wams, mit Hut und stolzer Feder.
    «Hallo!», rief ich, als er nah genug war.
    Er nickte mir zu.
    «Na, Jagdglück gehabt? Was ist es?»
    Er blieb stehen, hielt seine Beute hoch und sagte: «Nichts Besonderes. Nur der Traum, der Welt für einen kurzen Moment zu entfliehen. So was wie ein Orgasmus.» Er ließ den Traum wieder achtlos an seinem Gürtel baumeln.
    «Bravo!», sagte ich. «So viel Jägerglück war mir noch nicht beschieden heute.»
    Er schüttelte den Kopf. «Ach, was soll’s», sagte er, «ich bin nicht mehr der Jüngste. Der Welt einen kleinen Moment zu entfliehen ist nett, aber es ist auch eine Illusion. Das kurze Glück verblasst, noch bevor man es richtig erkennen kann.»
    «Besser als nichts», sagte ich.
    Er antwortete nicht mehr, nickte nur ein weiteres Mal und ging an mir vorbei. Ich überlegte kurz, dann drehte ich mich um und versetzte ihm mit meinem Gewehr einen Schlag auf den Hinterkopf. Er stöhnte und fiel um wie ein nasser Sack. Ich raubte ihm seinen Traum und machte mich davon. Er würde eine Beule haben morgen, mehr nicht, dachte ich, und der Traum bedeutete ihm eh nicht viel. Ich aber wurde zu Hause erwartet, und man verlangte viel von mir. Mein Geländewagen duckte sich grün glänzend im Unterholz. Langsam rollte ich nach Hause. Meine Frau wartete schon am Zaun. Ich parkte und stieg aus. Sie sah mich an.
    «Wieder nichts?», fragte sie lauernd.
    «Quatsch!», rief ich, öffnete den Kofferraum und warf ihr den Traum zu. Sie stürzte sich auf ihn, verschlang ihn gierig, riss die Augen weit auf, entfuhr der Welt, sah Himmel über all den Bäumen, roch am Glück und berührte Ewigkeit. Dann landete sie unsanft, stand wieder am Tor, sah mich an, und ich senkte schnell den Blick.
    «Was gibt’s zum Abendessen?», fragte ich leise.
    «Wirst schon sehen, Jägerlein.» Sie drehte sich um, ging zum Haus, blieb am Türrahmen kurz stehen und rief: «Einen tollen Jäger habe ich mir da geangelt – man sieht das Glück ein paar Sekunden, und danach ist alles nur umso schlimmer!»
    «Du weißt nicht, wie schwer es ist, in dieser gottverlassenen Gegend
    überhaupt Beute zu machen», entgegnete ich. «Gute Träume sitzen nicht auf jedem Baum und warten darauf, dass sie erlegt werden.»
    «Du kannst es eben nicht», sagte sie und verschwand im Haus.
    Ich schloss die Garage ab und putzte das Gewehr. Ich fühlte mich nicht gut. Etwas Blut klebte am Schaft, doch es ließ sich leicht entfernen. Später gab es wieder Kartoffeln, obwohl sie wusste, dass ich Kartoffeln nicht mag.

Überfall!
     
    Die kleine Kassiererin machte eigentlich nicht den Eindruck, als ob sie etwas bemerkt hätte, und doch war sie es wohl, die die Polizei verständigt hatte. Jetzt blieb uns nichts anderes übrig, als uns in dem kleinen Büro zu verbarrikadieren und irgendeinen Deal auszuhandeln. Dabei quatschten wir wahrscheinlich nicht mal mit einem Polizisten, sondern mit irgendeinem bescheuerten Psychologen, dessen Auftrag es war, uns hinzuhalten und mehr über uns herauszufinden.
    Bis jetzt wussten sie allerdings nichts. Wir trugen beide die gleichen Motorradmasken und nannten einander nur ‹Eins› und ‹Zwei›. Nicht sehr originell, aber wirksam. Ich war natürlich die Eins, etwas anderes kam nicht in Frage. Auch unseren Geiseln hatten wir Namen gegeben, die zu ihnen passten. Die junge Bürokraft, die sich doch tatsächlich angepisst hatte, als wir hereinkamen, war ‹Pummel›. Sie stank jetzt ziemlich, und am liebsten hätte ich sie rausgeschickt. Doch jede Frau war wichtig, Frauen erregen mehr Mitleid. Der Filialleiter hieß ‹Opa›. Er schwitzte stark

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