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Das Verdammte Glueck

Das Verdammte Glueck

Titel: Das Verdammte Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kurz
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‹Außer Atem› noch nicht gesehen hast. Wow! Alle Szenen neu und überraschend, die vielen Kleinigkeiten noch nicht entdeckt. Wie muss das schön sein!»
    Zehn Minuten später saßen wir auf der Couch vor dem Fernseher. Vom ersten Abendessen bis zum gemeinsamen stummen Fernsehen in weniger als einer Stunde – es soll Paare geben, die brauchten dazu mehr als drei Jahre.
    Ich nippte an meinem Rotwein, schob mir Erdnusslocken rein und sah einem Arschloch beim Kettenrauchen zu. Auf den Straßen parkten alte Citroëns und Renaults. Ich verstand nicht mal, worum es überhaupt ging. Der junge Belmondo sah aus, als hätte er schon ein paar Mal mächtig eins auf die Fresse gekriegt. Wenn solche Typen Laura anmachten, war ich ja genau der richtige.
    Sie streifte ihre Schuhe ab und zog ihre Beine an. Dabei rutschte ihr Kleid ein bisschen hoch, und ich saß fortan nur Zentimeter neben den wohl grandiosesten Beinen meines Lebens. In manchen Szenen murmelte sie die Dialoge mit. Ich überlegte, ob ich schnell mit dem Lift aufs Dach fahren und dort den Mond anheulen sollte. Mitten in diesen wenig ergiebigen Gedanken packte Laura mich, riss mich auf ihren Schoß, drückte ihre Lippen auf meine, küsste mich leidenschaftlich, fuhr mir mit einer Hand unters Hemd, öffnete mit der anderen die Knöpfe und seufzte wie ein Teddybär, der umfällt. Ich spürte ihre Zunge in meinem Mund, sah etwas Buntes flimmern – das war kein Schwarz-Weiß-Film mehr, ein grünes Segelschiff neigte sich im Wind, Bierflaschen reckten sich ins Bild ... mein Gott, es war die Werbepause!
    Ich griff nach Laura, wollte mich aufrichten, doch sie hielt mich fest, ihre Haare breiteten sich wie ein Vorhang um mein Gesicht. Sie flüsterte, der junge Belmondo mache sie ungeheuer an. Ich dachte: Scheiß Franzosenpack!, und knautschte an ihrem Kleid herum, doch es ließ sich nirgends öffnen, überall nur Nähte und Stoff ...
    Mitten im Kuss verließ sie mich. Ich fühlte ihre Gedanken forteilen wie eine Meute junger Hunde, die ein anderes Spielzeug entdeckt haben. Belmondo sagte: «Hab dich nicht so.» Laura setzte sich wieder kerzengerade hin, und ihr Blick versank in meinem Fernseher. Nun geriet auch ich außer Atem. Ich fühlte mich wie eine Mondrakete beim Start, die man an der Rampe festgeschraubt hat. Ich sollte mit dem Kettenrauchen anfangen. Drogen nehmen. An schwarzen Messen teilnehmen. Ich nahm mein Glas und kippte den Champagner runter. Lauras Kleid war noch weiter hochgerutscht. Darunter schimmerte schwarze Spitze. Meine Hände begannen zu zittern. Bevor mir endgültig alle Sicherungen durchbrannten, verschwand ich im Bad, hielt mein Gesicht unter die Wasserleitung und starrte mich dann im Spiegel an. Ich hörte, wie das Schicksal über mich lachte.
    Als ich zur Couch zurückkam, hatte sie ihr Kleid ausgezogen. Es lag neben ihr auf dem Boden. Ohne ihren Blick vom Fernseher zu nehmen, bedeutete sie mir, mich wieder neben sie zu setzen.
    «Du hast eine wichtige Stelle verpasst», sagte sie leise. «Jetzt schau, sie werden gleich miteinander schlafen, damals war das eine ungeheure Provokation. 1959, stell dir vor! ‹Außer Atem› war seiner Zeit weit voraus.»
    Ich sah nicht hin, was interessierte mich der Blödsinn. Mein Blick scannte ihren Körper. In hoher Auflösung. Ich hatte eine leibhaftige Dessouswerbung auf meiner Couch sitzen. Schwarze Spitze mit transparenten Seidenapplikationen. Ich hockte mich neben sie. Belmondo rauchte schon die Zigarette danach. Ging offensichtlich schnell bei ihm. Ich wollte die Zeit nutzen und mich vorbereiten. Ich zog mein Hemd aus. Dann meine Hose. Sie schien keine Notiz davon zu nehmen. Belmondo cruiste in einem fetten Amischlitten durch Paris. Schnitt, eine Farbexplosion, ein paar Bierflaschen: Sail away! Halleluja, die Werbung, endlich!
    Laura wandte sich mir zu. «Oh, du trägst ja kein Hemd mehr, Chérie.» Sie sagte wirklich Chérie und drückte mich um, dann warf sie sich flach auf mich. Ich rubbelte ihren Rücken, immer nur diesen glatten, blöden Rücken, und versuchte den BH aufzufummeln. Sie biss in mein Ohrläppchen, hauchte verstörende Worte. Meine Hände versuchten es weiter unten. Dieser göttliche Hintern – warum hatte ich nicht längere Arme? Ein Schimpanse müsste man sein.
    Sie stöhnte, und ich sah bereits das Himmelstor, seine Pforten öffneten sich mir, strahlendes Licht fiel aus dem Inneren.
    Da hörte ich die Ankündigung für eine neue Krimiserie. Bei so dämlichen alten Filmen kriegen sie

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