Das Verhaengnis Thriller
der Sommer vorbei ist?«, fragte sie. »Bei deinem Bruder muss es doch auf Dauer ziemlich eng werden.«
Alle Wege führten immer zurück zu Jeff, dachte Will. »Ja, schon ein bisschen. Ich weiß nicht. Vielleicht gehe ich zurück zur Uni. Vielleicht reise ich nach Europa. Ich wollte schon immer mal nach Deutschland.«
»Wieso Deutschland?«
»Ich schreibe meine Doktorarbeit über einen deutschen Philosophen … Martin Heidegger.«
»Glaube nicht, dass ich schon mal von ihm gehört habe.«
»Das hat kaum jemand. Er schreibt über den Tod und das Sterben.«
»Ja, die beiden gehören irgendwie zusammen.« Sie lächelte. »Klingt ein bisschen deprimierend.«
»Das sagen die Leute immer. Aber das stimmt eigentlich gar nicht. Ich meine, der Tod gehört zum Leben. Früher oder später sterben wir alle.«
»Lehrt man das in Princeton? Wenn ja, gehe ich garantiert nicht dorthin.«
Will lachte. »Es gibt nichts, wovor man sich fürchten muss.«
»Reden wir jetzt vom Tod oder von Princeton?«
»Glaubst du an Gott?«, fragte er und dachte an all die ernsten Diskussionen, die er in seinen ersten Semestern über die Frage geführt hatte, an die Debatten mit Amy …
Suzy schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Du klingst, als wärst du dir sehr sicher.«
»Du klingst überrascht.«
»Das bin ich wohl auch. Die meisten Menschen antworten umsichtiger.«
»Umsichtiger?«
»Vorsichtiger«, sagte er, obwohl er ahnte, dass sie genau wusste, was er meinte. »Zurückhaltender, sie halten sich alle Optionen offen. Sie sagen, sie wüssten es nicht. Oder dass sie gerne an Gott glauben würden oder an irgendeine höhere Macht, ob man sie nun Gott oder die Kraft des Lebens nennt …«
»Umsichtig war wohl nie meine Stärke.« Ihr Blick schweifte zu dem Ventilator, der sich an der Decke drehte.
»Du siehst aus, als hättest du wirklich tiefschürfende Gedanken«, wagte sich Will vor.
Suzy lachte und sah ihn wieder direkt an. »Den Vorwurf höre ich zum ersten Mal.«
»Ich meinte es als Kompliment.«
»Dann nehme ich es auch so. Warst du je verheiratet, Will?«
»Nein. Du?«
»Ja. Aber lass uns nicht darüber reden, okay?«
»Von mir aus gerne.«
»Gut.« Sie nahm noch einen Schluck von ihrem Drink. »Wenn ich den leer habe, verschwinden wir hier, was meinst du?«
»Wie du willst.«
»Meine drei Lieblingswörter.«
»Du bist wirklich sehr schön«, erklärte Will ihr und überraschte damit sie beide. Bis zu diesem Moment hatte er das nicht einmal gefunden.
»Nein. Ich bin zu dünn«, sagte sie. »Ich weiß, dass das gerade absolut in ist, aber ich habe mir immer Kurven gewünscht. So wie, was hast du gesagt, wie sie heißt? Kristin?«
»Ja, sie ist ziemlich scharf.«
»Und sie hat nichts dagegen, dass dein Bruder …«
»Was ist mit ihm?« Hatte er ihr nicht gerade erklärt, dass sie schön war? Warum fragte sie wieder nach Jeff?
»Na ja, du hast gesagt, er hätte die Wette angestiftet. Was, wenn ich ihn ausgewählt hätte? Hätte sie wirklich nichts dagegen gehabt?«
»Ich glaube, sie führen eine ziemlich offene Beziehung.«
»Ach, wirklich«, sagte sie, und es klang nicht wie eine Frage, sondern wie eine Feststellung.
»Hast du ausgetrunken«, fragte er, als er sah, dass Suzys Blick wieder zu Jeff schweifte. Er stand auf, um ihr die Sicht zu versperren.
Suzy nahm einen letzten Schluck und stellte das leere Glas auf den Tisch. »Fertig. Gehen Sie voran, Dr. Rydell.«
Will versuchte, den Klang der Worte nicht zu sehr zu genießen, als er einen Zwanzig-Dollar-Schein unter sein Bierglas schob und Suzy auf ihrem Zickzack-Kurs zwischen den Tischen hindurch zur Eingangstür folgte. Er sah, wie sie Jeff und Tom mit einem kurzen Nicken würdigte und im Hinausgehen Kristin winkte.
»Scheiße«, hörte er Tom murmeln. »Ist das zu fassen?«
Will wartete darauf, dass Jeff etwas sagen würde, aber der schwieg. An der Tür drehte sich Will noch einmal um und hoffte, dass sein Bruder ihm zumindest mit einem erhobenen Daumen Mut machen würde. Stattdessen starrte Jeff durch ihn hindurch, als wäre er gar nicht da. So starrte er immer noch, als Will sich wieder umdrehte und Suzy hinaus in den warmen Abend folgte.
Kapitel 3
»Scheiße«, sagte Tom noch einmal. »Hast du das dämliche Grinsen in seinem Gesicht gesehen? Als ob er einen verdammten Kanarienvogel verschluckt hätte. Am liebsten würde ich ihm dieses Grinsen aus der Visage putzen, Mann.« Er schlug mit der Faust auf den Marmortresen.
»Lass gut sein«, ermahnte
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