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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Die Falte zwischen seinen buschigen Augenbrauen ist tief. Er beugt sich nach vorn, als der Husten ihn schüttelt. Dann holt er tief Luft und lehnt sich wieder zurück. »Wie gesagt, es war eine glückliche Zeit. Trotzdem sah ich, dass Bran etwas quälte. Er hatte die Angewohnheit, zu Turvis Grab zu gehen, und dort stand er dann und starrte zu der Felsscharte empor, durch die wir in das Tal gekommen waren, fast, als erwartete er jemanden von dort oben. Damals habe ich es nicht begriffen, wir hatten hier schließlich alles, was wir brauchten. Ich versuchte mit Tir darüber zu reden, aber sie wollte nichts dazu sagen. Erst mit fortschreitendem Alter habe ich verstanden, dass Bran eine unstillbare Sehnsucht in sich trug. Ich glaube, er dachte häufig an Nangor, der in Ber-Mar zurückgeblieben war, um von dort aus weiter nach Westen zu segeln. Wahrscheinlich fragte er sich, ob der Seeräuber Land gefunden hatte oder ob er immer noch auf dem Meer herumsegelte. Und Bran konnte niemals Zwei Messer und Storm vergessen, und sicher machte er sich Gedanken darüber, ob die beiden Tirganer es zurück nach Tirga geschafft hatten. Denn ein Teil von ihm vermisste Tirs Heimatstadt, und obgleich er wusste, dass er Visikal, Tarba und die anderen niemals wieder sehen würde, gab er die Hoffnung anscheinend nie auf, eines Tages zu der Felsscharte hochzublicken und die Sonne in den Brünnen der Tirganer aufblitzen zu sehen.«
    Shian steht auf. Er lässt das Fell neben Dielan liegen und geht die Stufen hinunter, die vom Höhleneingang bis zu dem Pfad eine Armlänge darunter führen. Der Junge verschränkt die Arme vor der Brust und schaut zu der Felsscharte, die nicht weiter als einen Steinwurf links vom Höhleneingang liegt.
    »Komm zu mir«, sagt Dielan. »Mach es nicht wie Bran. Dieses Tal ist ein guter Ort. Wir müssen hier bleiben, bis der Wanderer zurückkehrt.«
    Shian setzt sich wieder neben ihn. »Wer ist das?« Der Junge blickt zu dem Alten auf. »Wer ist der Wanderer?«
    Dielans Blick schweift über das Tal. Er muss an die Zeiten denken, als die Männer noch zu ihm kamen, damit er für sie die Wolken deutete oder nach Bergziegen Ausschau hielt. Er hatte damals die besten Augen von allen. Das ist lange her.
    »Bran hörte nicht auf zu träumen.« Er streicht das lange, graue Haar nach hinten. »Und mit den Träumen kamen die Schmerzen. In den letzten Jahren erzählte er mir häufig von dem Wanderer. Er hatte einen Mann, einen Jäger, über die Ebenen wandern sehen. Dieser Jäger wird über das Gebirge kommen und unser Volk finden. Er wird eine Botschaft überbringen, und wenn er kommt, wird er uns in eine neue Zeit des Unfriedens führen.«
    »Aber sind wir nicht auf der Suche nach Frieden hierher gekommen?« Der Junge zerrt ungeduldig an Dielans Hand.
    Dielan sieht ihn an und versteht, dass es nicht leicht sein kann für den Jungen, das zu begreifen. »Wir haben alle unser Schicksal, Shian, und dem müssen wir folgen.«
    Dielan legt die Hand über die Augen, neigt den Kopf nach vorn und schnappt nach Luft. Der Husten kratzt in seinem Hals. Er beugt sich stöhnend vor. Der Junge klopft ihm auf den Rücken, aber das bringt auch keine Erleichterung. Dielan keucht, lehnt sich nach hinten und beißt die Zähne zusammen. Erst da legt der Husten sich wieder. Der alte Mann schaut auf seine zitternden Hände. »Schmerz, Shian. Ich habe nicht geahnt, wie es Bran gegangen sein muss, bis dieser fürchterliche Husten mich zu plagen begann. Erst jetzt begreife ich, wie die ›Krallen‹, wie er sie nannte, ihn in ihrem eisernen Griff hatten. Ich erinnere mich noch gut an sein Gesicht. Er lag im Langhaus auf der Seite, totenbleich und mit zuckenden Schläfen. Tir saß immer bei ihm, wenn er so litt, aber sie konnte nur wenig dagegen tun. Manchmal verlor Bran sein Augenlicht, und dann versuchten wir, ihm so gut zu helfen, wie wir konnten. Ich erinnere mich noch gut daran, welche Angst mein Bruder vor dem grauen Schleier hatte. Er weinte jedes Mal aus lauter Furcht, dass er nicht wieder verschwinden würde. Aber die Sicht kehrte nach jedem Anfall zurück. Und dafür danke ich den Namenlosen.«
    Dielan wiegt den Kopf und räuspert sich. »Aber ich möchte nicht, dass du dich an Bran nur als einen kranken Mann erinnerst. Ich möchte, dass du an ihn als Jäger denkst, als Krieger und Seemann. Ich möchte, dass du verstehst. Ich möchte, dass du verzeihen kannst, so wie ich ihm verziehen habe. Darum werde ich dir von der Jagd erzählen.«
    Shian

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