Das Verlies der Stuerme
wird sich uns für lange Zeit nicht offenbaren«, orakelten die Priester düster. »Aber wenn wir ihm sogleich mit aller Hingabe opfern, dann kehrt er auf die Welt zurück, ohne die Sonne zu verschlingen, und bleibt fortan unter uns in der Tiefe.«
Rasch wurde ein neues Kind ausgelost, ein siebenjähriges Mädchen mit langen Zöpfen. Doch weil man nach Vil’mkas Überleben dem Opferstein nicht mehr trauen konnte – wer wusste schon, weshalb der Schwarze Kriecher sein Opfer verweigert hatte? –, wurde das Mädchen ohne große Umschweife in das unermessliche Loch in der Erde gestoßen.
»Dort unten nimmt er das Opfer bestimmt an«, sagten die Priester.
Gespannt lauschten alle auf die Schreie des Mädchens, die langsam in der Tiefe verhallten, bis es einen Schlag tat und der Schrei abrupt verstummte. Plötzliche Stille legte sich über die Insel, so wie sie es von einem ordentlichen Opfer gewohnt waren. Friedliche Stille, wie sie seit Jahrhunderten bezeugt war.
»Er hat sie angenommen.« Die Priester lächelten wohlgefällig.
Die Hondorioner gingen zufrieden nach Hause. Nur die Mutter des Mädchens starrte noch eine Weile in die Schwärze hinab. Dann wandte sie sich ab und tröstete sich damit, dass ihre Tochter wenigstens normal gewesen und nicht verschmäht worden war.
Am nächsten Tag wurde im Rat der Ältesten einvernehmlich beschlossen, dass der Opferstein ausgedient hatte und
fortan jeden Neumond ein Kind direkt in das Loch gestoßen werden sollte.
»Die sind doch alle bekloppt«, sagte Vil’mka, der tief im Wald gespielt hatte, als das Mädchen gestorben war. Die Jungen und Mädchen, die ihn hörten, nickten. Und noch am selben Abend nahmen sie sich die Kanus der Eltern und paddelte über das Meer davon. Irgendwo musste es eine Insel geben, auf der kein Loch in die dunklen Tiefen des Schwarzen Kriechers führte.
DANKSAGUNG
»Veränderungen brauchen Zeit«, sagt Aiphyron zu Ben, und so will auch ich Ben und seinen Freunden diese Zeit erst mal geben, ohne ihnen ständig über die Schulter zu glotzen. Sie werden ihren weiteren Weg schon gehen. Irgendwie.
Für ihren bisherigen Weg gebührt einigen Leuten Dank, in erster Linie:
Sascha Mamczak, Martina Vogl und dem ganzen Team von Heyne für ihr Vertrauen in den Drachenflüsterer. Und das Bier im Hamburger Hafen.
Meiner Lektorin Catherine Beck, die verhindert hat, dass Ben einmal durch Auflegen zusammengebissener Zähne heilt, und anderes mehr. Ja, Bezugsfehler sind was Schönes. Und nein, es wird kein Gag Reel zu den drei Romanen geben.
Dirk Schulz, der mit den phantastischen Drachenbildern Aiphyron und den anderen ein Gesicht verschafft hat.
Andreas Hancock für die detailreichen Karten des Großtirdischen Reichs.
Meiner Agentin Christine Koschmieder für ihr Engagement, Gespräche und Kekse.
Der Autorin Maike Hallmann für andere Gespräche, vergnügliche Kommentare und Katzenhaare.
Der Crew der Berliner Otherland Buchhandlung für viel Verständnis, wenn ich im Schreibwahn meine wöchentliche Schicht abgeben konnte, für die lautstarke Begeisterung und die Freundschaft.
Meinen Eltern und meinem Bruder Alexander für weitere
Gespräche, und weil sie so sind wie sie sind und nicht wie Yankos Eltern oder Sidhy.
Der Autorin Kathleen Weise für wertvolle Hinweise, noch mehr Gespräche und vieles mehr.
Auch wenn er es nicht lesen wird, geht ein Gruß an Jurand, der für einen Drachen Pate stand, obwohl er deutlich schweigsamer ist als dieser. Wer sonst noch in der Geschichte versteckt ist, muss sich selbst finden.
Und irgendwen habe ich sicherlich vergessen, weil das einfach immer passiert. Ich hoffe, er ist nicht nachtragend und hetzt mir weder einen Warzenfluch noch einen weißen Drachen auf den Hals.
BORIS KOCH, Jahrgang 1973, wuchs auf dem Land südlich von Augsburg auf, studierte Alte Geschichte und Neuere Deutsche Literatur in München und lebt heute als freier Autor in Berlin. Er ist Mitveranstalter der phantastischen Lesereihe Das StirnhirnhinterZimmer und Redakteur des Magazins Mephisto. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören die Drachenflüsterer -Romane, Der Königsschlüssel (gemeinsam mit Kathleen Weise), der mit dem Hansjörg-Martin-Preis ausgezeichnete Jugendkrimi Feuer im Blut sowie der dunkle Mystery-Roman Gebissen.
Mehr zu Autor und Werk unter:
www.boriskoch.de
Originalausgabe 3/2011
Redaktion: Catherine Beck
Copyright © 2011 by Boris Koch
Copyright © 2011 dieser Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München
in der
Weitere Kostenlose Bücher