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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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Erster Tag
    Breitbeinig steht er vor mir. Eine körperliche Präsenz geht
von ihm aus, die mich ein wenig erschreckt. Er wirkt stämmig, beinahe brutal,
machtvoll, so als sei er es gewohnt, alles um sich herum in Besitz zu nehmen.
Mit Augen, hell und hart, blickt er mich an, und noch bevor er den Mund auftut,
weiß ich schon, dass ich diesen Mann nicht leiden kann.
    Ich blicke auf seinen Hosengurt, an dem das wohlbekannte
Ausweis-Schildchen baumelt, lese schnell den Namen und weiß, dass ich mich
nicht geirrt habe. Er ist der Mann, mit dem ich die nächsten sechs Tage
verbringen werde.
    Verdammt, denke ich, das wird hart.
    „Ich bin die Reiseleiterin und heiße Elisabeth.“ sage ich süßlich.
    „ Schalom .“ Er mustert mich mit unfreundlichem
Gesicht. „Ich bin Raffael. Seit eineinhalb Stunden warte ich schon auf Euch.“
sagt er wenig höflich. „Konntest Du Dich nicht beeilen oder mir wenigstens
Bescheid geben?“
    „Nein, das konnte ich nicht.“ antworte ich knapp und ziehe
meine Augenbrauen hoch. Wenn Du meinst, Du kannst mir gleich so kommen, hast Du
Dich geirrt, mein Lieber, denke ich wütend. Ich schaue ihn von oben bis unten
an, lasse meinen Blick für eine Sekunde auf seinen breiten Schenkeln ruhen. „Du
siehst nicht so aus, als würde Dich eine Stunde Warten umbringen.“
    Der Israeli antwortet nicht. Er schaut mich an. Nein, er
schaut vielmehr durch mich hindurch. Uninteressiert. Eine eigenartige
Augenfarbe hat dieser Mann, denke ich, wie dunkler Honig. Oder ist es grün?
    Ich spüre den Blick aus den metallig schimmernden Augen wie
einen Grenzstein. Bis hierher und nicht weiter steht, messerscharf
eingeritzt, darauf geschrieben.
    Ich atme tief durch. Mir steht eine unangenehme Woche bevor,
denke ich, das ist sicher. Aber wenn dieser arrogante Kerl es auf Gegnerschaft
angelegt hat, soll er seinen Kampf haben. Ich werde nicht kneifen. Ekelhaft
kann ich auch sein, denke ich aggressiv. Das wirst Du dann schon noch zu spüren
bekommen, Du bulliges Mannsbild. Und außerdem bin ich der Boss, ob es Dir nun
passt oder nicht.
    Meine Gedanken waren heute Morgen beim Aufstehen schon
vorgeflogen, hierher an die Allenby-Brücke, hatten dunkle Bilder von dem
Augenblick in meinem Kopf vorgezeichnet, in dem der Israeli auf der Bildfläche
erscheinen würde, der Reiseleiter, der meine Gruppe für die kommende Tage
übernehmen sollte. Treffpunkt mit Reiseleiter Raffael Kidon Zollgebäude an
der Allenby-Brücke, israelische Seite, 10.00 Uhr war auf dem Fax der
Agentur gestanden. Als ich die Zeilen gelesen hatte, packte mich sofort eine
Abneigung gegen diesen unbekannten Mann, eine unbeschreibliche Wut, die mir das
Rückgrat hinaufzuckte. Dieses Mal lasse ich mich nicht überrollen, hatte ich
gedacht. Es wird mir kein zweites Mal passieren, dass ich eine Woche auf die
Hinterbank gesetzt werde, und der Israeli das Alleinkommando übernimmt. So wie
es Mosche, dieses glatzköpfige Ekel, auf der letzten Reise gemacht hatte. Ich
werde es nicht noch einmal erlauben, dass einer von denen so mit mir umspringt.
    Wenn ich an die Tage mit Mosche zurückdenke, wird mir noch
immer übel vor Zorn. Kein einziges Mal hatte er auch nur im entferntesten
angedeutet, dass ihm an einer Zusammenarbeit mit mir gelegen sei. Er sperrte
mich aus, ließ mich völlig uninformiert im Dunkeln tappen, entschied den Ablauf
der Tage über meinen Kopf hinweg. Mosche war Alleinherrscher in unserem
Reisebus, über Abfahrtszeiten, Dauer der Rundgänge, Hotelankunft, Auswahl der
Fotostops oder der Restaurants entschied er. Wenn ich mich fügte, war er
penetrant höflich und nachsichtig zu mir, wie zu einer beschränkten Küchenmagd.
Wenn ich mich gegen seine diktatorische Überheblichkeit wehrte, fuhr er mich
an. „Was willst Du denn?“ sagte er dann schnippisch. „Du bist keine Israelin.
Du hast hier nichts zu sagen.“ In mir dampfte dann die Wut, und ich wäre ihm
gerne an die Gurgel gesprungen. „Setze Dich still in den Bus“, wies er mich an,
„und lasse Dir von mir das Land richtig erklären. Es ist mein Land.“
    Und dann redete Mosche ununterbrochen, von früh bis spät,
schwatzte von seinem hochgepriesenen Israel, bis ihm der Schaum in den
Mundwinkeln stand. Urbarmachung, Straßenbau, Kampf gegen Sumpf, Mücken und
feindliche Araber. Israel. Israel. Israel. Mir hingen seine Lobeshymnen bald
zum Hals heraus. Wenn Israel nicht gerade sein Hauptthema war, überschüttete er
die Gruppe mit Heldengeschichten aus dem Warschauer Ghetto oder den

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