Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
herunter und nickte dann dem einzelnen Mann in seiner Begleitung zu.
»Mein Fürst Muzta Qar Qarth wünscht mit Euch zu sprechen«, sagte dieser auf Suzdalisch.
»Und wer sind Sie?«, fragte Andrew leise.
»Ich wurde vor einer Umkreisung von hier mitgenommen. Ich bin als Hersteller von Goldwaren Muztas Schoßtier.«
Andrew blickte zu Muzta hinauf und wartete. Bedächtig hob der Tugare an zu reden.
»Mein Fürst möchte Euch für die Freilassung der Gefangenen danken, obwohl Ihr wahrscheinlich nicht wusstet, dass sein einziger überlebender Sohn zu ihnen gehörte.«
Andrew blickte den Dolmetscher fragend an.
»Die übrigen beiden sind im Kampf gegen Euch gefallen«, setzte dieser hinzu.
»Wir haben beide verloren, wen wir liebten«, entgegnete Andrew gelassen.
»Er möchte Euch darüber in Kenntnis setzen, dass die Tugarenhorde aufbricht, um nach Osten und Süden zu ziehen. Obwohl sein Volk und Eures nach wie vor Feinde sind.«
»Dieser Krieg war nicht nötig«, hielt ihm Andrew entgegen.
»Für mein Volk war er so unaufhaltsam wie der Wind und der Regen«, sagte Muzta. »Vielleicht müssen wir jetzt darben, aber das ist meine Sorge und nicht mehr Eure.«
Andrew nickte nur.
Muzta senkte den Kopf und sprach leise weiter.
»Einige aus meinem Volk verlangen jetzt, dass alle Menschen sterben müssen. Vielleicht haben sie im Interesse unseres Volkes Recht. Vielleicht können wir nach wie vor über euch herrschen, vielleicht auch nicht, und vielleicht verändert sich auch alles, wie es ein Freund von mir einst wünschte. Ich brauche den Tribut derjenigen, zu denen wir reiten. Und ja, wir nehmen uns womöglich auch von ihrem Fleisch.«
»Ich denke, das wird vielleicht nicht mehr möglich sein«, wandte Andrew ein. »Die Wanderer haben die Kunde von den Geschehnissen zweifellos schon vor euch verbreitet. Eure Krieger sind dahin – Ihr könnt nicht mehr so herrschen wie früher.«
Muzta schwieg lange und nickte dann.
»Aber womöglich können wir etwas eintauschen, wenn wir erneut auf eine Umkreisung gehen.«
»Und das wäre?«
»Ein Ende der Pocken«, antwortete Muzta. »Ihr habt einen Heiler unter euch. Falls ich einige meiner eigenen Heiler für mehrere Tage hier zurückließe, würde er sie seine Magie lehren? Dann könnte ich sie der Horde vorausschicken und diese Behandlung als Gegenleistung für Nahrung anbieten.«
»Emil, kommen Sie mal her.«
Der Doktor kam an Andrews Seite, und rasch erläuterte ihm dieser das Ansinnen.
Lächelnd nickte der alte Arzt.
»Geben Sie mir ein paar Wochen Zeit, und ich bringe ihnen antiseptische Chirurgie bei und auch, wie man eine Narkose durchführt. Gott weiß, dass sie das bei all ihren Verwundeten gebrauchen können! Ist das in Ordnung für Sie, Andrew?«
Andrew erklärte sein Einverständnis, indem er nickte, und verfolgte, wie der Arzt sein Hilfsangebot erläuterte und wie es der Dolmetscher an Muzta weitergab.
Mit erstaunter Miene betrachtete Muzta die beiden Männer vor ihm nachdenklich.
»Was für eine Art Männer seid Ihr?«, flüsterte er.
»Lediglich Männer, die frei sein möchten und bereit sind, den Preis dafür zu zahlen.«
Muzta nickte ernst.
»Ich breche jetzt auf. Vielleicht begegnen wir uns in zwanzig Jahren erneut. Vielleicht behalte ich die Herrschaft, und womöglich gedenke ich der Worte eines alten Freundes, der hier gefallen ist, und setze sie um. Vielleicht erscheine ich in Waffen, vielleicht nicht. Und im Fortgehen mache ich Euch zwei Geschenke zum Gedenken an diesen Freund, der sie, wie ich weiß, begrüßen würde; und ich tue es im Gegenzug für meinen Sohn, den Ihr mir so vorbehaltlos zurückgegeben habt, als es doch Euer Recht war, ihn unverzüglich zu erschlagen.
Lebwohl, Mensch namens Keane.«
Muzta wendete das Pferd und stoppte. Rasch redete er auf den Dolmetscher ein, um dann davonzugaloppieren und den Mann stehen zu lassen, der wortlos zurückblieb, benommen von der Freiheit.
Der Befehlshaber der Tugaren hielt auf der Höhe an und winkte. Zwei seiner Krieger ritten hervor, sprangen aus den Sätteln und lösten die Fesseln von zwei Menschen. Muzta blickte zu Andrew zurück, richtete sich in den Steigbügeln auf, legte den Kopf in den Nacken und stieß einen langen Klagelaut aus, der von Schmerz und Trauer kündete. Er riss das Pferd hoch und verschwand hinter der Anhöhe, und die beiden Krieger galoppierten ihm nach.
Tränen verschleierten Andrews Blick, als er der Frau entgegensah, die ihm bergab entgegenlief.
Er
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