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Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl

Titel: Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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reizte.
    Tobias wollte etwas sagen, schwieg aber.
    »Falls ein Problem auftritt«, brachte er schließlich hervor, »dann liegt es in Ihrer Verantwortung, denn ich habe vor, Ihre Äußerungen in meinem Bericht zu nennen.«
    »Das sollten Sie unbedingt tun«, sagte Andrew. »Wir müssen natürlich das korrekte Verfahren einhalten. Wie ich es auch tun werde.«
    Eisiges Schweigen trat ein, das sich über Stunden hinzuziehen schien, tatsächlich aber nur ein paar Sekunden lang andauerte.
    »Nun, dann haben wir einander verstanden«, entgegnete Tobias, der unvermittelt zu gespielter Kameradschaft überging.
    »Vor seiner Abreise hat General Terry schriftliche Befehle für Sie hinterlassen, die Sie, wie ich glaube, schon kennen.«
    Andrew nickte nur.
    »Wir haben eine Krankenschwester von der Christlichen Sanitätskommission an Bord. Sie hat ihren Transporter versäumt, der schon vorher abgefahren war.« Und während er das sagte, verzog sich sein Gesicht zu einer offenkundigen Grimasse der Verachtung. »Ich habe nicht gern Frauen an Bord – sie machen nur Schwierigkeiten. Ich habe sie in meiner Kabine untergebracht und einen Posten davorgestellt. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass sowohl Mannschaften als auch Offizieren der Zutritt zu ihrer Unterkunft strengstens untersagt ist.«
    »Ich bin überzeugt, wir können darauf vertrauen, dass hier alle den erforderlichen Anstand wahren«, erwiderte Andrew scharf. »Wie ich auch überzeugt bin, dass für Ihre Männer das Gleiche gilt.«
    Tobias starrte ihn kalt an.
    »Dann legen wir innerhalb einer Stunde ab«, fuhr er fort. »Bei gutem Wetter müssten wir es bis morgen Abend den James River hinab und in den Chesapeake schaffen. Hinaus auf den Atlantik dauert es weitere vierundzwanzig Stunden, bis zum Treffpunkt vor Beaufort, North Carolina, und von dort aus fahren wir weiter bis zu unserer Position vor Fort Fisher.
    Wie Sie wissen, wurden die Männer des 24. Korps schon in Landungseinsätzen ausgebildet, und sie werden den Strand und die Piers einnehmen, wo Ihre Leute dann aussteigen. Danach habe ich mit Ihnen nichts mehr zu schaffen.«
    »Etwas, worauf wir uns, da bin ich sicher, alle freuen«, erklärte O’Donald.
    »Ja, davon bin ich auch überzeugt«, sagte Tobias frostig.
    Ohne noch mehr zu sagen, drehte er sich um und verließ die Messe, gefolgt von seinen Offizieren.
    »Na, Jungs«, lachte O’Donald, als die Tür zuknallte, »ich denke, damit wird’s Zeit für die nächste Runde!« Und mit beifälligem Gebrüll drängten sich seine Offiziere und einige von Andrews Leuten um den hochgeschossenen rothaarigen Artilleristen.
    Andrew verzog sich in den hintersten Winkel der Kabine, befreite sich von dem Gummiponcho und streckte sich auf einem schmalen Sofa aus. Er lehnte sich zurück und war ungeachtet des Lärms bald eingeschlafen.
    Ein blendender Lichtblitz erstrahlte, dann noch einer und ein dritter. Seltsamerweise war kein Knall zu hören, während die weißen Rauchwolken explodierender Geschosse ringsherum aufstiegen.
    Sie wirbelten an ihm vorbei, verhüllten alles, überdeckten ihn wie Nebel, der vom Meer heranwogte. Eine Gestalt tauchte in dem Nebel auf und zeichnete sich immer deutlicher ab.
    »Johnnie!«, rief er und rannte durch den weißen Nebel.
    »Andrew, ich habe Angst.« Und sein Bruder lief auf ihn zu, die Augen groß vor Angst, die Arme ausgestreckt wie ein kleiner Junge, der Trost suchte.
    Andrew konnte ihm nichts sagen. Er griff nach der Hand seines Bruders und führte Johnnie in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Durch die Hand (merkwürdigerweise die linke) spürte er, dass Johnnie zitterte.
    Der Schwefeldunst riss auf, und vor ihnen breitete sich ein blutiges Schlachtfeld aus, zugedeckt mit einem Teppich des Todes bis zum Horizont, und blau und braun gekleidete Leichen mischten sich, so weit das Auge reichte.
    »Andrew, ich habe Angst«, flüsterte sein Bruder.
    »Ich weiß, Junge. Ich weiß.«
    »Lass mich zu Ma nach Hause zurück«, und jetzt war es die Stimme eines kleinen Jungen.
    Andrew spürte, wie er selbst zitterte, und das Schlachtfeld wurde seltsam unscharf, als er hinter seinen Bruder trat und ihm die Hände auf die Schultern legte.
    Er schob den Jungen vor.
    Als rutschte er einen vereisten Hang hinunter, schlitterte Johnnie auf das Schlachtfeld, obwohl er verzweifelt dagegen anstrampelte.
    »Andrew!«
    Die blaue Uniform schälte sich ihm vom Leib, und dahinter schmolz auch das Fleisch, wie Eis, das unter der Julisonne

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