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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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Tragödie.
    Jaskularias Seht diese Frau, die durch ihre Begabung ebenso an ein Theaterstück fesseln kann und einen Charakter zum Ausdruck bringt!
    Chorführer Im ersten Moment war ich entsetzt, doch nach kurzer Überlegung, finde ich, sollte man es sofort in Athen einführen.
    Hanaskerios Wir werden gleich morgen einen Antrag in der Volksversammlung stellen, um darüber abzustimmen.
    Chorführer Schwer sind die zu überzeugen, die ihre Frauen verschlossen halten wollen.
    Jaskularias Wenn niemand beginnt, wird sich nichts ändern. Wenn es erst zur Gewohnheit wird, dass auch Frauen auf der Bühne zu sehen sind, werden die restlichen Männer ihre Frauen nicht länger im Haus verstecken.
    Hanaskerios Außerdem sind Frauen weitaus ausgeglichener, wenn sie etwas tun können, was ihnen entspricht. Mit dieser Meinung rühmte Gimraios sich doch als weise. Und ich dachte, seine Meinung käme aus tiefer Überzeugung… Es war wohl eher sein Dämonium, sein Gewissen, das ihm das eingeredet hat.
    Jaskularias Er tat es nur zu seinem eigenen Vorteil, allein um sein Gewissen reinzuwaschen von dem fünffachen Blut an seinen Händen.
    Hanaskerios Es ist nur gerecht, dass er nun den Tod fand, egal wie. Eine Gesellschaft, die so viel von Gerechtigkeit spricht, sollte sie auch bis ins letzte unter diesem Gedanken überprüfen.
    Chorführer Was ist Gerechtigkeit? Wenn ein Mensch nach hohen ethischen und moralischen Grundsätzen handelt. Wenn die drei Seelenteile, der vernünftige, der mutige und der begehrende, in Harmonie zueinander stehen. Der vernünftige Seelenteil muss die anderen durch seine Weisheit lenken. Der Wille, das mutige Element, muss durch die Tapferkeit die Beschlüsse des ersten vollziehen. Alle müssen darin übereinstimmen, dass der Vernunft die Regentschaft zukommt, so sagt es Tanobakt-Platon. Natürlich kommt es darauf an, von welchem Standpunkt aus man dies betrachtet. Einen neutralen Standpunkt zu finden ist wohl kaum möglich, denn welche Seele kann sich neutral nennen?
    Jaskularias Auch ich nenne es gerecht. Es war weise, den Tod der Mädchen vorzutäuschen. Es war sehr mutig, sie im Geheimen aufwachsen zu lassen. Alle stimmen überein, dass es vernünftig ist, sich zur Wehr zu setzen und den Menschen zu strafen, der durch ein Gericht nicht verurteilt werden kann. Alle würden ihm glauben, dem ach so angesehenen Athener Geschäftsmann, nicht der Mutter, die all dieses Leid ertragen musste. So ist dies die einzige vernünftige Tat zur Freiheit. Eine Gerechtigkeit, die nicht in unseren Gesetzen verankert ist.
    Chorführer Vernunft ist das Gegenteil von Fühlen und Meinen. Diese Handlungen sind aus reinem Gefühl entstanden.
    Jaskularias Entstanden, dem stimme ich zu. Das wahre Gefühl haben alle bereits nach ihrer Tötung verloren.
    Chorführer Unrecht ist es, jemandem Schaden zuzufügen.
    Hanaskerios Es ist auch unrecht, wegen eines Orakelspruchs getötet zu werden, es war gleich ein fünffacher Mord, den Gimraios begangen hatte. Nur im Mythos ist die Tötung der eigenen Kinder möglich, da sie sinnbildlich für etwas anderes stehen. Aber hier, im menschlichen Leben zeigt es uns, wie verwerflich es ist, Leben auszulöschen, auch wenn es gerade erst geboren ist. Niemand hat das Recht über das Leben eines anderen zu entscheiden!
    Chorführer So ist die Gerechtigkeit aus der Sicht seiner Frau, der einen getöteten und seiner vier lebenden Töchter und seinem lebenden Sohn. So scheint die Gerechtigkeit aus der Sicht von sechs betroffenen Menschen, die zu jahrelangem Leid verdammt waren. Ist es gerecht, Schaden mit Schaden zu vergelten?
    Jaskularias Es war von langer Hand geplant, dass sie nun ihren eigenen Tod rächten. Hätten sie Schaden mit Schaden vergolten, hätte er fünfmal sterben müssen. So starb er nur einmal und lebte ein Leben in Luxus und Glück, jedenfalls nach außen. Das allein war ihm wichtig. Dafür hat er getötet.
    Hanaskerios Nach fünf Morden hätte man ihn auch zum Tode verurteilt, wenn man es ihm hätte beweisen können. Auch in Athen . Doch Aleyna bat um Hilfe bei den Göttern, nicht bei den Menschen.
    Jaskularias Auch wenn es manches Mal noch so gehandhabt wird, dass innerhalb der ersten Tage nach der Geburt das Töten geduldet wird. Doch was reden wir. Gimraios ist tot. Er hätte weiter getötet. So ist es gerecht, dass, nachdem er sein Leben eine lange Zeit voll ausgeschöpft hat, es nun an der Zeit ist, dass diese sechs Menschen endlich ihr Leben leben können. Dass diese sechs Menschen

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