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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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    „Ich sah, wie am Großen Berg Rauch aufstieg – zarte Wölkchen, die nichts Bedrohliches an sich hatten, denn sie waren lautlos, hatten eine freundliche Farbe und eine friedliche Gesinnung. Pele schien mir etwas sagen zu wollen. Pele , die große Göttin des Feuers, die hier im Vulkan zu Hause ist, ist die Tochter von Haumea , der großen Erdmutter. Aus ihrem Körper sind zahlreiche Kinder entstanden. Pele war einst als Flamme aus ihrem Mund entsprungen. Du weißt, dass wir die Steine als Knochen von Haumea sehen, deswegen sind auch die Steine uns heilig. Im Grunde sehen wir alle vierhunderttausend Erscheinungsformen von Haumea als heilig, denn wir begegnen allen mit Respekt. Rote Felsen sind besonders heilig, da wir darin die Erdmutter selbst erkennen. Pele meldete sich also auf diese für sie sehr ungewöhnlich zarte Weise. Was wollte sie mir damit sagen?
    Doch ich wurde damals durch Rufe von der anderen Seite des Strandes abgelenkt und hatte die Rauchwölkchen gleich wieder vergessen. Vor einigen Tagen sah ich wieder Rauch aufsteigen. Ich hatte das Gefühl, als hätte der Berg oder Pele die gleichen Zeichen geschickt. Es hat sie niemand außer mir gesehen.
    Das erste Mal ist jetzt schon fast ein Jahr her, seit eben jenem gesegneten Tag, seit dem du bei uns bist, Alēi’na . Heute will ich die alte ‘Alana fragen, was es damit auf sich haben kann, ich darf es nicht vergessen. Sie hat die Gabe des Sehens und weiß alles zu deuten. Ich bin sicher, sie hat es bestimmt auch schon wahrgenommen“, sagt Uhala’an , eine selbstbewusste Frau aus dem Dorf nahe dem Strand, deren Alter unmöglich zu schätzen ist. Die meisten Frauen tragen ihre Haare lang und offen. Sie aber hat sie streng nach hinten gebunden. Doch ihr Gesichtsausdruck ist klar und sehr einnehmend.
    „Wie ging es weiter, damals, als ich zu euch kam, ich höre es so gern“, drängelt Alēi’na . Sie rückt näher an die kräftige Frau heran, die sie liebevoll anlächelt.
    „Es ist so schön zu sehen, wie du dich verändert hast, Alēi’na -Feuerfischfrau, seit wir dich aus dem Meer gefischt haben. Du bist jetzt eine hübsche junge Frau und so geheimnisvoll, denn wir wissen nicht, was es so mit dir auf sich hat. Aber das ist uns nicht wichtig. Viele mögen dich gerade wegen deines Geheimnisses. Du bist so anders als wir alle, aber alle spüren, dass nicht das Äußere uns verbindet, sondern unsere Seelen. Wir freuen uns alle, dass du bei uns bist!“
    „Ich kann es immer noch nicht glauben. Manchmal wache ich auf und habe nach wie vor Angst, dass ich all das hier nur im Traum erlebt habe. Es gab noch nie Menschen, die mich so liebevoll aufgenommen haben. Überall war ich nur eine Fremde. Seit sie meine Eltern umgebracht haben, um sie den Göttern zu opfern, bin ich weggelaufen, weggefahren. Ich glaube, acht Jahre sind es schon her, denn acht Mal wurde seither das Makahiki -Fest oder ein ähnliches Jahresfest gefeiert, woanders, eben dort, wo ich herkomme. So genau weiß ich es nicht, denn ich war noch zu klein. Nur die Sterne verraten mir, dass es weit weg ist. Darum bin ich froh, denn ich will es nie, nie wieder sehen“, sagt Alēi’na mit gedämpfter Stimme.
    Es ist das erste Mal, seit sie auf diese Insel gekommen ist, dass sie andeutungsweise über ihre Vergangenheit spricht. Kahuna - Koī , der weise Heiler des Dorfes, rettete damals ihren Körper und ihre Seele. Der Kahuna , was soviel bedeutet wie der Hüter der Geheimnisse , ihr großer Lehrer, hatte sie ein Mal nach ihrer Herkunft gefragt, daraufhin war sie fast sieben Tage verschwunden. Dann fragte er nie wieder und auch niemand anders fragte sie seitdem.
    „Du warst wahrlich noch ein kleines Mädchen – du musst Schreckliches erlebt haben. Die ersten Nächte hier hast du im Fieber geredet, in einer uns fast unverständlichen Sprache, geschrienen, geweint, hattest furchtbare Träume, wieder und wieder. Wie nur hast du es geschafft, über das weite Meer zu fahren? Ein kleines zartes Mädchen, allein in einem Boot! Welch ein Wunder! Das Meer ist groß und die Richtungen scheinen einem zu verschaukeln, wenn man die Sprache des Wassers und der Lüfte nicht versteht“, sagt Uhala’an mitfühlend. Uhala’an hatte sie aufgenommen, damit jemand bei ihr war und sich um sie kümmerte. Zusammen mit den Kräften des großen Heilers Kahuna - Koī hatten sie Alēi’na wieder aus dem Reich der Toten zurückholen können und gesund gepflegt.
    „Und als du endlich

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