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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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ihre Schwester – von geradezu atemberaubender Schönheit.
    Es sollte das rauschendste, aufsehenerregendste und prächtigste Fest aller Zeiten werden, das hatte König Feodor sich und seinen Töchtern versprochen, und er hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um dieses Versprechen wahr zu machen. Das ganze Königreich war gewissermaßen auf Hochglanz poliert worden, die Häuser und die Burg frisch geweißelt, alles mit Birkengrün und bunten Bändern geschmückt. Lange Tafeln bogen sich unter der Last von Silber, Kristall, gestärktem Leinen, Rosengestecken und der Köstlichkeiten, die die Küche aufgefahren hatte. Ein Orchester stand bereit, um zum Tanz aufzuspielen, alle Bediensteten trugen eigens für diese Tage geschneiderte prächtige Livreen in Blau und Gold, den Farben des Königreiches.
    Als die ersten Gäste und ihr Gefolge eintrafen, beschien die Junisonne die ganze Pracht auf das freundlichste, und Jolanda, die aus einem Fenster in den Burghof schaute, war allerbester Laune. Sie war die Jüngere der beiden Prinzessinnen, und die Lieder, die man über ihre Schönheit gedichtet hatte, waren keineswegs übertrieben. Ihr ebenmäßiger Porzellan-Teint war vor Aufregung mit einem rosigen Hauch überzogen, und ihre Augen glänzten und waren mindestens ebenso blau wie der Junihimmel.
    »Der Mann auf dem schwarzen Pferd muss Guy von Gilesbury sein«, sagte sie, ihr Gesicht nur unzulänglich hinter einer Gardine verborgen. »Wenn es stimmt, was man über ihn erzählt, hat er schon jede Menge Kämpfe gegen Riesen, Ungeheuer und andere Landplagen ausgefochten. Und immer gewonnen.«
    »Wenn es stimmt«, murmelte Melinda, die vor der Frisierkommode saß und mutlos ihr schlapp herabhängendes Haar betrachtete. Nicht nur, dass es keine so aufsehenerregende Farbe hatte wie Jolandas goldenes Haar, es ließ sich auch so gut wie gar nicht von der Brennschere beeindrucken. Von den modischen Locken, die ihr die Zofe am Morgen mühevoll gelegt hatte, war keine Spur mehr zu sehen.
    »Mir gefällt er«, sagte Jolanda hinter der Gardine. »Er sieht aus wie jemand, der immer gewinnt. Und sein Königreich ist größer als Feodonien.«
    »Ja, weil sein Vater beim Würfeln gewonnen hat«, sagte Melinda. Jeder kannte die alte Geschichte, wie Gilesbury mit seinem Cousin, dem König von Berryfield, um dessen Reich und die Hälfte seines Reichsschatzes gespielt und gewonnen hatte. Da beide Könige an besagtem Abend stockbesoffen gewesen waren, war man davon ausgegangen, die Sache wäre eine Art Scherz gewesen, aber Gilesbury hatte tatsächlich am nächsten Morgen auf seinem Gewinn bestanden. Und weil Spielschulden nun mal Ehrenschulden sind, war dem König von Berryfield nichts anderes übrig geblieben, als seine Ländereien und die Hälfte seines Reichschatzes an Gilesbury abzutreten.
    Melinda fuhr sich über die Augenbrauen. Sie waren unterschiedlich gewachsen, eine vollzog einen perfekten Bogen um ihre grau-blauen Augen, die andere machte am Ende noch einen kleinen Schlenker, eine Kleinigkeit, die Melinda bisher niemals gestört hatte. Jetzt betrachtete sie sie kritisch und fragte sich, wie sie nur all die Jahre damit hatte leben können.
    Jolanda lehnte sich immer noch aus dem Fenster. »Oh, Melinda, das musst du sehen. Diese unmögliche Reisekutsche mit einer übergewichtigen Gans als Wappen. Wer traut sich denn, in so einem altmodischen Ungetüm anzureisen?«
    »Das ist ein Schwan, keine Gans«, erklärte Melinda, ohne den Blick von ihrem Spiegelbild zu wenden. »Es ist das Wappentier derer von Hohenlohe, und ich glaube, Prinz Adalbert ist einer von Vaters Favoriten.«
    »Adalbert von Hohenlohe zu Lohenhohe«, sagte Jolanda verächtlich. »Da steigt er auch schon aus, watschelnd wie sein Wappentier. Und hilft einer Dame aus der Kutsche. Einer Dame mit einer Haube, die aussieht wie das Zelt, in dem das Orchester untergebracht ist!«
    »Das wird seine Mutter sein«, sagte Melinda. »Sie ist dem Prinzen bei seiner Brautwahl behilflich. Angeblich ist ihr keine Frau gut genug. Prinz Adalbert hat ihretwegen schon so mancher einen Korb gegeben, nur weil sie den Ansprüchen seiner Mutter nicht genügte.« Sie seufzte, während sie das schöne blaue Kleid musterte, das eigens für diesen Nachmittag genäht worden war. Egal, was sie tragen würde, kein noch so prächtiges Kleid würde darüber hinwegtäuschen, dass sie größer war als die meisten Männer, dass ihre Nase voller Sommersprossen und ihr Mund mit den nach oben geschwungenen

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