Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
er wirbelte herum und schleuderte sein Schwert. Aus dem Wasserfall kippte ihnen mit einem kleinen Ächzen eine weitere Priesterin entgegen.
»Danke für den Hinweis! Ich bleib dabei, Hexentochter, wir passen gut zusammen. Wir ergänzen uns geradezu traumhaft. Habt Ihr das eben gesehen? Wir verstehen uns auch ohne Worte.«
»Merkt Euch das gefälligst! Ich hätte doch mit Marga gehen sollen. Die hätte mich zumindest nicht so zugeredet.«
»Die will sich auch nicht mit Euch verbinden«, gab er zu bedenken.
Sie nickte ihm fröhlich zu. »Ich hatte schon immer den Eindruck, dass sie die Klügere von Euch beiden ist. Außerdem besitzt sie mehr Menschenkenntnis … Und jetzt bewegt Euch endlich! Ich hab es eilig. Auf mich wartet die Erfüllung meines Traums.«
»Der da wäre?«, wollte er wissen.
Sie warf ihm einen Blick aus strahlenden Augen zu. »Meine eigene Unendlichkeit!«, erwiderte sie kokett und drängte sich an ihm vorbei, um einen grünen Blitz in den Himmel zu schicken. Ihr Signal an die Flugechsen, abgeholt zu werden.
Draußen war die Schlacht noch in vollem Gange. Blitzte zuckten durch die Luft, und Feuer regnete vom Himmel. Die Flammenreiter deckten auch weiterhin in rasanten Flügen die Berghänge mit Pfeilen ein. Die Echsen waren derart schnell unterwegs, dass die Zauber der Priesterinnen oft ins Leere gingen. Aber immer wieder sah man auch Angreifer vorm Sturm gepeitscht gegen die Felsen krachen oder brennend zu Boden stürzen. Die Nebelfrauen waren offensichtlich nicht bereit, das Feld den Kriegern kampflos zu überlassen. So unheimlich ruhig, wie es kurz zuvor noch gewesen war, so laut war es jetzt.
Pthameni setzte Caitlin und Marga auf einem Felsplateau ab.
»Dein Gatte war hier«, erklärte er. »Ich kann es riechen. Sende deinen blauen Blitz. Ich werde kommen, wenn du mich rufst.«
»Danke!«
Bevor er sich wieder in die Lüfte erhob, ergriff sie kurz seinen Arm. »Lass uns nach der Schlacht noch einmal über Freundschaft reden, Echsenmann!«
»Gern, Menschenfrau! Jetzt rette deinen Mann. Er ist es wert.«
Er entschwand, und Caitlin spürte ihre wachsende Anspannung. In dieser Höhle war Rhonan, aber vermutlich auch ihre Mutter.
Marga legte ihr besorgt die Hand auf den Arm. »Willst du nicht auf Hylia warten?«
»Nein, eine von uns muss hier bleiben, auch für den Fall, dass sich Priesterinnen vielleicht doch ergeben wollen. So war es abgesprochen.«
Sie ergriff Margas Arm. »Du bleibst gleich in Deckung. Bestimmt kannst du mehr ausrichten, wenn meine Mutter dich nicht sieht. Beobachte die Höhle gut. Ayala hält vielleicht Überraschungen bereit.«
Die Hauptmännin nickte. »Ich werde versuchen, dir den Rücken freizuhalten, aber kannst du wirklich gegen deine Mutter antreten?«
Sie sah unglücklich drein. »Ich meine nicht, dass du vielleicht zu schwach bist … aber sie ist immerhin … also …«
Die Prinzessin schüttelte wild den Kopf. »Meine sogenannte Mutter hat ihre eigenen Söhne wie Plunder verschenkt. Ihre Töchter hat sie von Priesterinnen erziehen lassen, bis sie ihr nützlich sein konnten. Sie wollte mich schon von Söldnern töten lassen und hat Ligurius auf uns gehetzt, der Rhonan um ein Haar getötet hätte. Sie hat mich im Wasserverlies fast verrecken lassen, und jetzt hält sie meinen Mann gefangen, um ihn nach erfüllter Aufgabe zu töten. Solange sie am Leben ist, gibt es für Rhonan, unser Kind und mich keine Sicherheit. Welche Gefühle ich ihr gegenüber auch immer hege, ich kann dir sagen, es sind keine freundlichen.«
Marga nickte verstehend. Die Frauen umarmten sich kurz, holten tief Luft und betraten langsam und vorsichtig den Höhlengang.
Modrige Luft schlug ihnen entgegen. Die Geräusche aus der Schlucht waren plötzlich nicht mehr zu hören, und als wäre ein Vorhang gefallen, umgab sie von einem Augenblick zum nächsten völlige Dunkelheit. Marga erschauerte unwillkürlich. Waffen waren eins, Magie etwas ganz anderes, etwas Unsichtbares, etwas Unfassbares, etwas Furchteinflößendes!
Caitlin ließ einen Lichtball schweben, der den Gang in schummriges Dämmerlicht tauchte. Eine riesige Spinnwebe versperrte ihnen den Weg. Marga hob schon ihr Schwert, um sie zu zerteilen, spürte jedoch die Hand der Prinzessin auf ihrer Schulter und verharrte mitten in der Bewegung. Sie sah sich um, und Caitlin schüttelte den Kopf. Dann warf sie die Hand nach vorn, und ein kleines Feuer traf das Spinnennetz, das aufzischte, grün glitzerte und schließlich in
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