Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]
leckte sich die trocknen Lippen. Konnte sie sein Leben wirklich in die Hände der Hexentochter geben?
Er glaubte Juna kein Wort, aber er nickte seiner Frau entschlossen zu. »Vertrau ihr!«
Ihr blieb gar keine Wahl, denn in die Enge getrieben, handelte Ayala. Blitze zuckten aus ihren Fingerspitzen. Mit einer Handbewegung lenkte ihre Tochter sie ab. Knisternd und Funken sprühend schlugen sie in die Höhlenwände ein, und Steinsplitter lösten sich und stoben nach allen Seiten. Fast gleichzeitig stöhnte die Königin auf, weil ein Eispanzer sich um sie legte. Ihre Gesichtszüge froren ein, eine dünne Eisschicht umhüllte sie. Sie stöhnte und ächzte, und der Panzer zersprang in abertausend Kristalle, die jetzt ebenfalls durch die Höhle spritzten.
»Ich bin beeindruckt, Caitlin«, erklärte sie leicht atemlos. »Für deine Jugend sind deine Zauber wirklich sehr stark, aber, wie du weißt, reift wahre Magie erst mit den Jahren.«
»Bis sie fault«, gab die gepresst zurück.
Während Mutter und Tochter keuchend und ächzend weiter mit Feuer- und Eiszaubern aufeinander losgingen, versuchte Juna, die Klingen zu vereisen, und wirkte wie erstarrt.
Rhonan drückte sich immer wieder gegen die Ketten, wusste natürlich, dass es sinnlos war, verfluchte seine Unfähigkeit, auch nur irgendwie helfen zu können, und sah vor Angst fast gelähmt Caitlin plötzlich in einem Feuerkreis stehen. Während die Schneiden über ihm eine nach der anderen wie Eis zu glitzern begannen, brach ihm der kalte Schweiß aus allen Poren. Sein verzweifelter Blick suchte Juna, seine Stimme klang flehend. »Bei allen Göttern! Lasst die verdammten Klingen los! So helft ihr doch!«
Die Hexentochter beachtete ihn gar nicht.
Die Flammen erstarben. Die Prinzessin atmete schwer, und Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. Rhonans Augen suchten ihren Körper ab. Keine Wunde und kein einziges Brandloch waren zu sehen, nur ihre Kleider rauchten leicht.
Ayala wurde in diesem Augenblick in die Luft gehoben und wirbelte mit unglaublicher Geschwindigkeit im Kreis herum. Sie kreischte in schrillsten Tönen, aber aus dem Boden um Caitlin herum wuchsen schon rasend schnell Steinranken heran, die sich um die Beine der jungen Priesterin wickelten.
Juna wurde fast zeitgleich von einer unsichtbaren Faust getroffen und taumelte stöhnend rückwärts. Die Schneiden sausten auf Rhonan zu und blieben kaum eine Handbreit über ihm in der Luft hängen.
Er stieß unwillkürlich die Luft aus, und die Hexentochter ächzte und brüllte laut: »Jetzt macht endlich, Caitlin!«
»Ihr Zauberschild ist zu stark«, gab die keuchend zurück.
Ayala lachte höhnisch und wurde im selben Augenblick gegen die Felswand geworfen. Kleine Silberdolche surrten zu Hunderten auf sie zu. Ihr Lachen klang wie irre, aber mit einer Handbewegung lenkte sie die Dolche ab.
Die ganze Höhle erzitterte jetzt. Es klang wie Donnergrollen, und Gesteinsbrocken purzelten von der Decke. Juna schrie auf, als ein großer Stein ihre Schulter traf.
Ayala griff sich an den Hals und stöhnte grauenerregend.
Caitlin war mittlerweile in Schweiß gebadet, atmete immer schwerer, achtete aber nicht auf die umherfliegenden Steine und löste ihre Umklammerung nicht.
Über Rhonan zerbarsten endlich die Klingen und fielen wie ein sanfter Sprühregen auf ihn herunter.
Juna atmete tief durch und wollte gerade Caitlins Zauber verstärken, als ein Schwert an ihr vorüberzischte und zitternd in Ayalas Bauch stecken blieb. Dereas zweites Schwert folgte fast unmittelbar und traf die Brust der Nebelkönigin.
Ungläubig starrte die von Caitlin zu Derea. »Und ausgerechnet ihr wart mir am ähnlichsten«, erklärte sie, schrie noch einmal wie wahnsinnig auf und sackte zu Boden.
Der Hauptmann war schon mit wenigen Schritten bei ihr und zog seine Waffen aus den Wunden.
»Sie ist tot«, erklärte er nüchtern und war selbst ein wenig überrascht, dass er tatsächlich nur maßlose Erleichterung empfand.
Caitlin tropfte der Schweiß von der Stirn. Sie stützte sich schwer atmend auf den Knien ab, warf kurz einen dankbaren Blick auf die auf ihren Fersen hockende Juna, auf Derea und Marga und eilte dann mit unsicheren Schritten zum Prinzen.
Sie löste mit bebenden Händen die Ketten, und er setzte sich auf und zog sie sofort in die Arme. »Bei allen Göttern, Caitlin! Geht es dir gut, mein Herz?«
»Halt mich fest!« Wild schluchzend presste sie sich an ihn und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Er hielt sie fest im Arm, strich
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