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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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trotzdem habe ich nach diesem SPIEL nicht verlangt.«
    »Ich weiß.«
    Er seufzte schwer. »Ich muß dich von Mertynhaus wegschicken. Es war verboten, dich abzuschirmen. Wenn wir verbotene Dinge tun, müssen wir immer einen Preis dafür bezahlen. Für mich bedeutet es, dich zu verlieren, ein hoher Preis, denn ich habe dich sehr gern, Peter.« Er beugte sich vor und gab mir einen Kuß … verboten, verboten, verboten. Dann ging er weg, und ich sah ihn nicht wieder.
    Für mich war der Preis: fortgeschickt zu werden von allem, was ich kannte. Es war hart, aber nicht so hart, wie es hätte sein können, denn sie erlaubten Yarrel und Chance, mit mir zu gehen. Wir würden ein Ordo Vagorum bilden, sagte Chance. Ich hatte mich in die Hände einer anderen Person begeben, vollständig und ohne Arg. Ich hatte gelernt, warum das töricht ist. Es ist nicht wichtig, daß es verboten ist. Es ist töricht.
    Sie verboten mir nicht, das Spiel zu spielen – eines Tages einmal. Ich war der Namensgebung nicht näher gekommen. Mein Gesicht trug Wunden, deren Narben mich mein Leben lang begleiten würden. Sie sprachen davon, uns zu einem anderen Haus zu schicken, zu dem uns eine lange Reise bevorstünde.
    Mein Zorn auf König Mertyn verging. Jeden Morgen, wenn ich erwachte, hatte ich Tränen im Gesicht, hervorgerufen von leuchtendbunten Träumen, aber ich konnte mich nicht richtig entsinnen, wovon sie handelten.

 
2
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Unterwegs
     
    An die darauffolgende Zeit besitze ich nur wenige Erinnerungsfetzen, Bilder, Bruchstücke wie aus Träumen oder aus Erzählungen über Dinge, die jemand anderem widerfahren sind. Ich erinnere mich, daß ich an einem Fenster im Hafen saß, daß Wasser gegen eine Mauer unten schwappte und daß der blaugesäumte Vorhang, klapp, klapp, vom Wind gegen meinen bandagierten Kopf geschlagen wurde. Der Saum hatte ein eingewebtes Muster aus Schwänen, und ich ertrug den Schmerz lieber, als meine Stellung zu wechseln. Chance und Yarrel schienen mich vergessen zu haben, als sie mit den Reisevorbereitungen begannen. Hinter mir im Raum stapelten sich immer mehr Gepäckstücke, aber ich hatte keine Ahnung, was sie enthielten.
    Ich erinnere mich, daß Chance den Passierschein vorlas, den Mertynhaus ausgefertigt und der vom Magistrat der Schulstadt gegengezeichnet worden war, einen Schein, der alle Spieler zur Nachsicht mit uns aufforderte und sie bat, uns unbehelligt unserer Wege ziehen zu lassen, gleichgültig, welche Händel sie gerade untereinander ausfochten. Der Schein war nicht mehr wert, als die Gutmütigkeit der Person gestattete, die ihn las, aber er beruhigte Chance trotzdem. Chance sprach von der Schulstadt als etwas, das geschützt und weit entfernt von den Gebieten des Wahren Spieles lag, um ›die Studien akademisch und lehrhaft zu halten, anstatt sich in gefährlichen Experimenten zu ergehen‹. Yarrel zog ihn auf, weil das so hochtrabend klang, aber Chance erwiderte, daß er lediglich Spielmeister Mertyn zitiere. Das blieb mir merkwürdigerweise im Gedächtnis.
    Ich erinnere mich, daß Chance Karten von einem Kartenhändler kaufte, der sich mit Lobeshymnen über die Genauigkeit, mit der die Domänen eingezeichnet seien, und die Feinheit der Kartuschen – die Symbole, durch die Kartenzeichner anzeigten, welche Spieler an einem bestimmten Ort ansässig sein konnten – fast überschlug.
    Ich erinnere mich, an Bord der Wassernixe gegangen zu sein, eines kleinen dickbauchigen Schiffs, das uns von der Mündung des Flusses Reave am nordwestlichen Ufer des Stürmischen Meeres entlang bis nach Vesterstadt bringen sollte, von wo aus eine Landstraße nach Süden führte. Ein Seher lehnte an der Reling, als wir an Bord kamen, das gazeverhüllte Gesicht mir zugewandt, so daß ich das Glitzern seiner Augen hinter den auf dem Tuch aufgemalten Falterflügeln sehen konnte. Dann erinnere ich mich, daß ich mich mit Chance und Yarrel über eine Karte beugte, die auf einem klobigen Tisch ausgebreitet lag, und über die im gleichen Rhythmus, wie sich das Schiff hob und senkte, Schatten der Deckenlaterne huschten. Chance deutete, las und murmelte …
    »Dort drüben, im Osten, liegt die Domäne des Großen Drachen. Schaut euch die Kartusche an – hier der Kopf des Drachen, dort seine Gefolgschaft. Dieses Zeichen bedeutet Dämon, der Haufen Speere zeigt an, daß Waffenträger bei ihm sind. Nun ja, das liegt zum Glück ziemlich entfernt von unserer Route.«
    »Woher wissen wir, daß die Landstraße sicher ist?« fragte Yarrel

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