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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Könige konnten Jongleure sein, Schildwächter als Narren erscheinen, Männer als Frauen und Frauen als Männer gehen. Und Magier konnten … sein, was immer sie wollten. Es war alles sehr verwirrend und verstörte mich, aber der leckere Fleischsaft, der durch meine Kehle rann, besänftigte das quälende Gefühl aus Neugierde, Schuld und Ärger.
    Spät in der Nacht lag ich wach im Mondlicht, die Hand auf Mandors Brust. Sie warf einen blattförmigen Schatten, der mit ihm atmete und langsam länger wurde, als der Mond sank. »Ein Magier wandert herum«, murmelte ich. »Keiner weiß, warum.« Sein Körper erstarrte unter meiner Hand.
    »Ist er allein? Spricht er mit jemandem?«
    Ich murmelte schläfrig, daß er völlig allein sei.
    »Ißt er gemeinsam mit anderen? Am Tisch mit allen?«
    Nein, sagte ich. Lesen, Essen, Herumwandern, alles ganz allein. Mandors graziöser Körper entspannte sich wieder.
    »Vielleicht besucht er das Festival«, sagte er. »Die Stadt ist bereits voll, und jeden Tag kommen mehr …«
    »Ich dachte eigentlich, Magier seien stets gemeinsam mit einer anderen Figur unterwegs.«
    Er lachte, seine Lippen kitzelten mein Ohr. »Theoretisch, mein kleiner Engel, theoretisch. In Wirklichkeit sind Magier Menschen genau wie du und ich und der nächstbeste Küchenflegel. Sie essen und trinken, erfreuen sich an Feuerwerken und reisen herum, um Freunde zu besuchen. Vielleicht will er hier alte Bekannte treffen.«
    »Möglich.« Meine Gedanken verschwammen, während ich langsam in Schlummer sank. Mandors Fragen hatten etwas gehetzt geklungen, aber es war sicher ohne Bedeutung. Ich sah, wie sich das Mondlicht silbern in seinen schlangenhaften Augen spiegelte, die aufmerksam die Nacht durchforschten. Am Morgen erinnerte ich mich an diese Wachsamkeit, und sie weckte eine leise Vermutung in mir, aber während der Schulstunden vergaß ich den Vorfall wieder. Ein oder zwei Tage später suchte mich Mandor auf, um mir etwas zu schenken.
    »Ich habe dich gesucht, Junge, um dir etwas zu geben.« Er lachte neckend über meinen Gesichtsausdruck. »Los, mach es auf! Ein Geschenk für dein erstes Festival. So etwas ist nicht verboten! Öffne es!«
    Die Schachtel war gefüllt mit Bändern, Bändern von der Farbe des Abendhimmels, vom Sonnenuntergang überströmt, violett, scharlachrot, strahlend und in diesem grauen Korridor so unerwartet wie eine blühende Lilie in einer Gruft. Ich murmelte ein paar Worte, daß ich meine Bänder bereits gekauft hätte.
    »Pah!« sagte er. »Ich kenne die Bänder, die Ihr Jungen kauft. Fetzen alter Kleider, bei einem Lumpensammler. Nein, nimm diese hier und trag sie für mich. Ich erinnere mich an mein erstes Festival, als ich gerade fünfzehn Jahre alt wurde. Es macht mich glücklich, sie dir zu geben, mein Freund …«
    Seine Stimme war ein Streicheln, seine Hände sanft auf meinem Gesicht, und in seinen Augen stand nichts als liebevolle Freude. Ich beugte mich vor und barg meinen Kopf in diesen Händen. Natürlich würde ich die Bänder tragen. Was sollte ich sonst tun? Am Nachmittag ging ich los, um von Bruder Chance Nadel und Faden zu erbitten. Spielmeister Mertyn war in der Küche, lehnte an einem Schrank und naschte Rührteig wie ein Junge. Ich wollte sofort wieder gehen, doch er winkte mich herein und forderte mich auf, ihm zu erklären, was ich in der Küche suchte, worauf er, nachdem ich eine Erklärung gemurmelt hatte, darauf bestand, die Bänder zu sehen.
    »Herrlich«, sagte er mit gepreßter Stimme. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Diese Bänder sprechen für dich, Peter, und du sollst sie mit Freude tragen. Ich will dir aber auch ein kleines Geschenk machen. Gib mir deine Jacke, und ich beauftrage meinen Diener Nitch, die Bänder für dich in die Säume zu nähen.« Ich hätte die Bänder lieber selbst eingenäht, auch wenn es König Mertyns Diener viel besser konnte als ich, und sagte etwas derartiges zu Chance.
    »Nun ja, mein Junge, die mächtigen und hohen Herren fragen uns nicht immer danach, was uns gefällt. Ist es nicht so? Befolge meinen Rat und bleib unauffällig. Das ist das beste. Wen man nicht bemerkt, um den kümmert man sich nicht, der Meinung bin ich jedenfalls. Renn lieber hoch in den Schlafraum und hol dir was zum Anziehen, bevor du erfrierst.«
    Ich befolgte den Rat und traf dort Yarrel, mit dem gemeinsam ich daraufhin zur Turmbrüstung hochstieg, um von oben die Besucher zu beobachten, die zum Festival in die Stadt strömten. Die Holzverschläge waren

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