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Das war eine schöne Reise

Das war eine schöne Reise

Titel: Das war eine schöne Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Geruch nach Angebranntem verlor sich darin überhaupt nicht. Heute aber kam der üble Duft nicht aus dem ersten Stock, sondern von weiter oben. Und als Otto Lobedanz noch dachte, das werde doch nicht etwa seiner Mutter passiert sein, da sah er auch schon die eigene Wohnungstür offenstehen und sah den Qualm, der in dicken grauen Schwaden im Korridor herumwogte. Und seine Mutter stand mitten drin, hustend, als stände sie dicht vor dem Erstickungstod, und wedelte wie eine Irre mit einem Küchenhandtuch herum, als wehre sie sich gegen einen wütenden Hornissenschwarm.
    Kraut riecht so oder so nicht gut, verbrannt aber, und besonders, wenn das eingewickelte Hackfleisch mitverbrannt ist — das kann den stärksten Mann glatt umschmeißen. Otto Lobedanz riß zunächst einmal das Flurfenster auf, und das gab, da seine Mutter das Küchenfenster bereits geöffnet hatte, kräftigen Durchzug, so daß die dunklen Schwaden um Frau Lobedanz ein wenig lichter wurden. Soweit Otto Lobedanz zurückdenken konnte, erinnerte er sich nicht daran, daß seiner Mutter solch ein Mißgeschick schon jemals zugestoßen war. Trotzdem fand er es reichlich übertrieben, als er bemerkte, daß ihre Augen nicht nur vom Rauch gebeizt tränten, sondern daß sie Tränen einer inneren Erschütterung vergoß und dazu noch stammelte, daß sie diese Schande nicht überleben werde.
    »Also hochverehrte Frau Lobedanz«, sagte der Sohn gutmütig, »daß Sie über die verbrannten Kohlrouladen nicht gerade jubeln, kann man ja verstehen, aber von Schande zu sprechen, das geht ja nun ein bißchen zu weit, nicht wahr?« Und er wollte den Arm liebreich tröstend um ihre gut gepolsterte Mitte legen. Aber zu seiner Überraschung fuhr Frau Lobedanz zurück, als fürchte sie, er litte an einer ansteckenden Krankheit.
    »Otto«, schluchzte sie, »ich will wissen, was du angestellt hast!«
    »Wer soll etwas angestellt haben?« fragte er verblüfft.
    »Du, Otto! Denn die Polizei war hier! Ein Polizist in Uniform! Und zuerst hat er bei Birngeist geklingelt und hat gefragt, ob hier im Hause Lobedanz wohnen. Und dann ist er die Treppe zu uns herauf gekommen, und an allen Türen haben sie gehorcht und gelauert, und die Birngeistin ist trotz ihres Rheumatismus anderthalb Stockwerke mitgehinkt und auf der Halbtreppe stehengeblieben. Und als ich die Tür aufmachte, da hat sie mir zugewinkt und zuckersüß gesagt: Besuch für Sie, Frau Lobedanz...«
    Sie schien sich in weitere Einzelheiten verlieren zu wollen, deshalb unterbrach ihr Sohn Otto sie mit der Bemerkung, die Wesensart von Frau Birngeist sei ihm hinreichend bekannt und er bäte dringend darum, daß seine Mutter endlich auf den Kern der Sache komme. Anstatt ihm klipp und klar zu erzählen, was den Polizisten hergeführt hatte, warf sich Frau Lobedanz mit solchem Ungestüm an seine Brust, daß sie beide, da er auf diese Vehemenz nicht gefaßt war, beinahe übereinandergepurzelt wären. Nur die Wand verhinderte den Sturz, und Frau Lobedanz schluchzte erneut: »Um Himmelswillen, Otto, was hast du angestellt?!«
    Der junge Mann begann die Geduld zu verlieren. Er erklärte seiner Mutter feierlich, den Mord an dem Rentner Jendrusch, der die Gemüter des Viertels seit einiger Zeit in Atem hielt, nicht begangen zu haben. Auch sei er nicht jener Unhold, der seit Wochen in der Stadt sein Unwesen trieb, indem er Kindern das Geld stahl, das ihnen die Mütter zum Einkäufen mitgegeben hatten.
    »Dann willst du also behaupten«, sagte Frau Lobedanz tränenlos, aber immer noch mit zitternder Stimme, »daß der Polizist die Vorladung völlig grundlos und nur zu seinem eigenen Vergnügen hier abgegeben hat, wie?«, und dabei zog sie ein zerknittertes Schriftstück aus der Schürzentasche und hielt es ihm mit anklagender Gebärde vor die Augen.
    »Eine Vorladung?« sagte er etwas unsicher und nahm seiner Mutter den Zettel kurzerhand ab. Es war schäbiges, gelbes Kanzleipapier, ein Vordruck, auf dem nur ein paar Worte über den dafür vorgesehenen punktierten Linien handschriftlich ausgefüllt waren. Darüber stand dick gedruckt

    VORLADUNG ZUR VERNEHMUNG
    und der Text selber lautete:
Sie werden ersucht, sich am Donnerstag, dem 17. 8., zwecks Vernehmung auf Zimmer 212 des Polizeipräsidiums einzufinden. (Bei Nichtbefolgung dieser Vorladung kann zwangsweise Vorführung und Bestrafung mit Haft ersatzw. Geldstraße nach § 17 der Pol. Verordn, vom 16.11.46 erfolgen.)

    Darunter war ein Stempel und die unleserliche Unterschrift eines Beamten,

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