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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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ersten Mal in Deutschland. Ich darf entscheiden. Wir müssen ja nicht gerade dorthin gehen, wo Sie jemandem begegnen können. Ihrem ... «
    »Wir fahren nach Husum!«, sagte ich. Inzwischen hatten wir die Ausfahrt Volkspark erreicht. Nur noch Stellingen und Schnelsen, dann stand auf den Schildern kein »Hamburg« mehr. »Was hast du denn gegen Hamburg?«, fragte Jasper. »Hamburg ist nicht gut.«
    »Jeder sagt, dass Hamburg schön ist«, sagte Henry.
    »Ich muss es ja wissen, i ch habe jahrelang dort gelebt.«
    »Aber warum denn, wenn es nicht gut war?«, fragte Jasper.
    »Ich habe gedacht, das gehört dazu.«
    JASPER
    »Jasper Lüdemann ist der klassische kleine Angestellte. Ein Underdog, der mehr will, als er auf herkömmlichem Weg erreichen kann. Ein Mensch, der mehr Anerkennung braucht, als er sich erarbeiten kann«, sagte ein Psychologe im Radio in einer Sondersendung. Nicht gerade schmeichelhaft, so was zu hören, und dann noch in Gegenwart von Meike und Henry LaMarck. Das mit dem FBI hatte besser geklungen, aber auch diese Art von Berichterstattung gefiel mir. Ein Underdog, das war ich wohl. Aber immerhin einer, dessen Underdog-Sein einem Millionenpublikum verkündet wurde. Ich war kein Verbrecher, auch kein Held, sondern ein kleiner Angestellter, der ein Mal etwas Großes bewegt hatte. Sie sollten mir dankbar sein. Henry LaMarck sowieso, weil sein Geld ohne mich mit Rutherford & Gold den Bach runtergegangen wäre, und Meike, weil sie sonst immer noch in Chicago wäre. Ich hatte hier die wichtigste Rolle. Aber das musste ich den beiden ja nicht unbedingt erzählen.
    Und wenn sich in ein paar Wochen niemand mehr für diese Pleite interessierte, war etwas anderes viel wichtiger: dass wir hier im Auto saßen.
    Bis Husum hatten wir es nicht mehr geschafft. Ich hatte jetzt wirklich Hunger, Henry ließ sich von Champagner auf Prosecco runterhandeln, und es wurde eine Pizzeria in Itzehoe.
    Auch in der Pizzeria lief das Radio, ein Bericht aus der Handball-Bundesliga, von einem Landesparteitag, und schließlich etwas über die Aktienmärkte. Sie hatten sich erholt.
    Alle glaubten, dass nur die überstürzten Verkäufe von Rutherford & Gold den Kurssturz ausgelöst hatten und es sonst keinen Grund zur Panik gab. Die Angst vor einer weltweiten Finanzkrise galt als übertrieben. Ein Experte räumte ein, dass es gewisse Irritationen auf dem amerikanischen Immobilienmarkt gab, und betonte dann, dass er auf die »Selbstheilungskräfte des Marktes« vertraue. Sagte, wie gut dieses System darin war, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Ich hatte also recht: In zwei Wochen wird niemand mehr an diese Sache denken. Auch nicht an mich.
    Erst als wir nach dem Essen alle drei wieder in das Auto einstiegen, überlegte ich, wo wir wohl schlafen würden. Alle drei in Meikes kaltem Schlafzimmer?
    Als wir ihr Haus erreicht hatten, versuchte Henry auf geradezu rührende Weise zu verbergen, wie schockiert er war. Unschlüssig stand er im Wohnzimmer herum, während Meike in der Küche verschwand, dann ging er umher, unsicher wie eine Frau mit Stöckelschuhen auf einem Kiesweg.
    »Meike ist gerade erst eingezogen. Man müsste hier noch ein bisschen was machen, aber die Lage ist sehr schön«, sagte ich.
    »Lass nur«, sagte Meike aus der Küche.
    »Wieso? Stimmt doch. Die Lage. Und die Aussicht«, sagte Henry, obwohl es bereits fast dunkel war. »Ein Haus mit Charakter.« Er hob zwei, drei Mal die Hand, um etwas anzufassen, die Fensterbank, eine Wand, einen der beiden Stühle, zog sie jedoch jedes Mal wieder zurück.
    Schließlich zog er seinen Mantel aus, sah sich um, wusste nicht, wo er ihn hinhängen sollte. Legte ihn über den Arm und setzte sich vorsichtig auf das Sofa. Dann saß er da. Sehr gerade, wie im Wartezimmer beim Arzt, nachdem ihm jemand gesagt hatte, er käme gleich dran. Meike kam mit zwei Weinflaschen aus der Küche.
    »Morgen überweise ich Ihnen das Geld zurück«, sagte sie.
    »Aber doch nicht alles, oder?«, sagte Henry. »Sie können es doch hier ... «
    »Nein. Alles.«
    »Behalten Sie ein paar Tausend. Für das Benzin. Und als Miete. Wer weiß, wie lange ich bleiben muss.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Meike, was mich wunderte. Wenn er mir dieses Angebot gemacht hätte, ich hätte sofort zugeschlagen. Schließlich hatte ich keinen Job mehr. Hätte wohl angefangen, darüber nachzudenken, wie es mit mir weitergehen würde, wenn ich nicht so müde gewesen wäre.
    Auch Meike und Henry gähnten inzwischen mehr, als sie

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