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Das Weihnachten des Mr Scrooge

Das Weihnachten des Mr Scrooge

Titel: Das Weihnachten des Mr Scrooge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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können. Da er aber nicht daran zweifelte, daß sie, von wem auch die Rede sei, irgendeine versteckte Lehre zu seiner eigenen Läuterung enthielten, so beschloß er, alles, was er hörte und sah, wohl zu bewahren und besonders seinen eigenen Schatten genau zu beobachten, wenn er erschiene. Denn er erwartete, daß ihm das Benehmen seines künftigen Selbst den Schlüssel, den er vermißte, geben und ihm die Lösung dieser Rätsel erleichtern werde.
    Gerade an diesem Ort sah er sich daher nach seinem eigenen Bild um, doch stand ein anderer Mann in der gewöhnlich von ihm eingenommenen Ecke, und obwohl die Uhr die Tageszeit anzeigte, zu der er sich hier einzufinden pflegte, sah er doch unter den vielen, die durch das Tor hereinströmten, keinen, der ihm ähnlich war. Doch überraschte ihn das nicht sehr, denn er hatte in seinem Innern schon eine Wandlung durchgemacht und glaubte und hoffte nun, seine neuen Entschlüsse hier bereits verwirklicht zu sehen.
    Ruhig und düster stand das Gespenst neben ihm mit ausgestreckter Hand. Als er sich aus seinem nachdenklichen Forschen aufraffte, schloß er aus der Handbewegung und der Stellung des Geistes zu ihm, daß die unsichtbaren Augen fest auf ihm ruhten, und das machte ihn schaudern und frieren.
    Sie verließen den Schauplatz des Geschäftslebens und traten in einen dunkeln Teil der Stadt, wohin Scrooge nie zuvor gekommen war, obwohl er seine Lage und seinen üblen Ruf kannte. Die Wege waren schmutzig und eng, Läden und Häuser verkommen, die Leute fast nackt, betrunken, schlampig und zerlumpt. Sackgassen und Torwege spien wie ebenso viele
Senkgruben ihren schlechten Geruch, ihren Schmutz und ihre Menschen in die planlos verlaufenden Straßen; der ganze Stadtteil schmeckte nach Verbrechen, Unrat und Elend.
    Tief in dieser Zufluchtshöhle des Lasters befand sich ein niederer, windschiefer Laden, von einem Wetterdach vorn überdeckt, wo Eisen, alte Fetzen, Flaschen, Knochen und schmierige Abfälle ausgeboten wurden. Drinnen waren auf dem Boden Haufen von rostigen Schlüsseln, Nägeln, Ketten, Türangeln, Feilen, Waagschalen, Gewichten und Schrotteisen aller Art aufgeschichtet. Geheimnisse, die wohl nur wenige gern erforscht hätten, lagen versteckt unter Bergen unansehnlicher Lumpen, Massen verdorbenen Fetts und Hügeln von Knochen. Unter all diesen Waren, mit denen er handelte, saß neben einem Holzkohlenofen aus alten Backsteinen ein grauköpfiger Halunke von fast siebzig Jahren, der zum Schutz gegen die Kälte draußen einen zerfetzten Vorhang aus verschiedenen Lappen über einen Strick gehängt hatte und im Behagen stiller Zurückgezogenheit seine Pfeife rauchte.
    Scrooge und der Geist traten zu diesem Mann, gerade als ein Weib mit einem schweren Bündel in das Gewölbe schlüpfte; aber kaum war sie eingetreten, als ein anderes Weib, ähnlich beladen, gleichfalls hereinkam; und ihr folgte auf dem Fuß ein Kerl in einem schäbigen schwarzen Anzug, der beim Anblick der beiden ebenso erstaunt war wie sie selbst, als sie einander erkannten. Nach einem Weilchen platter Verwunderung, in die der alte Gauner mit der Tabakspfeife einfiel, brachen alle drei in Lachen aus.
    »Laßt zuerst die Scheuerfrau allein hier ihr Geschäft abmachen!« rief das Weib, das zuerst gekommen war, »dann können die Wäscherin als zweite und der Leichenbitter als dritter auftreten. Schau, alter Joe, was für ein Zufall! Treffen wir drei da zusammen, ohne es zu ahnen!«
    »Ihr könntet euch an keinem besseren Ort zusammengefunden haben«, sprach der alte Joe und nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Kommt ins Wohnzimmer. Ihr habt, wie Ihr wißt, ja seit langem das Recht dazu, und die beiden andern sind mir auch nicht fremd. Wartet nur, bis ich die Ladentür verriegelt habe! Ha, wie die knarrt! Unter dem ganzen Trödel gibt's kein so rostiges Metall wie die Türangeln des Ladens selbst, glaube ich, und sicherlich auch keine so alten Knochen wie die meinen. Ha ha! Wir passen alle gut zu unserm Beruf; wir passen gut zusammen. Kommt herein ins Wohnzimmer!«
    Das Wohnzimmer war der Raum hinter dem Vorhang aus Lumpen. Der Alte scharrte mit einer alten Teppichstange das Feuer zusammen, putzte die rußige Lampe – denn es war Abend – mit dem Rohr seiner Pfeife und steckte diese dann wieder in den Mund.
    Während er dies tat, warf die Frau, die gesprochen hatte, ihr Bündel zu Boden und setzte sich herausfordernd auf einen Stuhl, indem sie die gekreuzten Arme auf ihre Knie stützte und die beiden andern frech

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