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Das weisse Horn

Das weisse Horn

Titel: Das weisse Horn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Antonowitsch Jefremov
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rings-
    um. Schwer atmend und durch eine plötzliche Schwäche
    kaum imstande, die Beine zu heben, verließen die Un-
    glücklichen mit zerschlagener Seele den unheilvollen Ort,
    wurden aber gewöhnlich noch unterwegs vom Tode ereilt.
    Nur einige kräftige Jäger erreichten nach unglaublichen
    Qualen die. nächste Jurte. Der eine oder andere starb, die
    übrigen siechten lange dahin und hatten für immer Ihre
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    frühere Kraft und Tapferkeit verloren. Seitdem besitzt
    der ,See der Berggeister' einen schlechten Ruf, und die
    Menschen besuchen ihn fast nie mehr. Es gibt dort weder
    Tiere noch Vögel; auf dem linken Ufer, wo sich die
    Geister versammeln, gibt es auch keine Pflanzen, nicht
    einmal Gras.
    Ich hatte schon als Kind diese Sage vernommen, und es zog
    mich unwiderstehlich zu dem Reich der Berggeister. Vor
    zwanzig Jahren habe ich dann zwei Tage in völliger Ein-
    samkeit dort oben verbracht. Am ersten Tag bemerkte ich
    nichts Besonderes und arbeitete lange an Skizzen. Aber
    über den Himmel ziehende, dichte Wolken schufen eine
    wechselnde Beleuchtung, so daß es mir nicht gelang, die
    durchsichtige Bergluft richtig wiederzugeben. Ich beschloß,
    nachdem ich einen halben Kilometer vom See entfernt über-
    nachtet hatte, noch einen Tag dort zu bleiben. Gegen Abend
    empfand ich ein sonderbares Brennen im Mund, mußte
    immerzu ausspeien, und eine leichte Übelkeit befiel mich.
    Gewöhnlich vertrug ich den Aufenthalt im Hochgebirge
    gut und wunderte mich, daß diesmal die dünne Luft solch
    eine Wirkung auf mich hatte.
    Der wundervolle Morgen am folgenden Tag versprach ein
    herrliches Wetter. Mit schwerem Kopf und einem großen
    Schwächegefühl schleppte ich mich zum See, wurde aber
    von der Arbeit bald gefesselt und vergaß alles andere. Die
    Sonne brannte heiß. Als ich mit der Ausarbeitung der
    Studie fertig war, die mir später als Vorlage für das Ge-
    mälde gedient hat, rückte ich die Staffelei zur Seite, um
    einen letzten Blick auf den See zu werfen.

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    Ich war sehr matt, die Hände zitterten, meine Gedanken
    verwirrten sich, und die Übelkeit nahm zu. Und da er-
    blickte ich auf einmal die Geister des Sees:
    über der durchsichtigen Oberfläche des Wassers schwamm
    der Schatten einer niedrigen Wolke. Die Sonnenstrahlen,
    die den See schräg durchschnitten, schienen erst dunkler
    und dann greller zu werden. Licht und Schatten flössen in-
    einander, und plötzlich stiegen gespenstische, grünblaue
    Säulen auf, die ungeheuren, in Gewänder gehüllten
    menschlichen Gestalten glichen. Bald standen sie still, bald
    bewegten sie sich rasch hin und her, bald zerflossen sie in
    der Luft. Ich betrachtete das überwältigende Schauspiel
    mit dem Gefühl erdrückenden Schreckens.
    Einige Augenblicke währte die geräuschlose Bewegung der
    Gespenster, dann begannen in den Felsen blutrote Lichter
    aufzublinken, über allem aber hing eine schwach grün
    leuchtende, pilzförmige Wolke.
    Ich fühlte plötzlich frische Kräfte, das Sehvermögen wurde
    schärfer, die fernen Felsen schienen auf mich zuzukommen,
    ich unterschied alle Einzelheiten der steilen Abhänge.
    Schnell griff ich zum Pinsel, wählte mit wilder Entschlossen-
    heit die Farben, bemüht, mit eiligen Strichen das unge-
    wöhnliche Bild festzuhalten.
    Ein leichter Luftzug strich über den See, und sofort ver-
    schwanden die Wolke und die blaugrünen Trugbilder. Nur
    die roten Feuer in den Felsen leuchteten noch.
    Die Erregung, die mich vorher erfaßt hatte, ebbte ab, die
    Schwäche nahm rasch zu. Das Vorgefühl von etwas Bös-
    artigem trieb mich zur Eile. Ich schloß mein Skizzenbuch,
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    suchte meine Sachen zusammen und fühlte dabei, wie sich
    mir eine furchtbare Schwere auf Brust und Kopf wälzte.
    Der Wind über dem See wurde stärker. Der klare, licht-
    blaue Spiegel verblaßte. Wolken verdeckten die Berg-
    gipfel, und die reinen Farben wurden schnell matt. Die
    beseelte Schönheit des Sees wurde von grauen Schatten
    überdeckt. Die roten Lichtreflexe erloschen, und nur dunkle
    Felsen ragten zwischen den Sdineeflecken. Pfeifender,
    schwerer Atem entrang sich meiner Brust, als ich mich,
    gegen den Kräfteverfall und das niederdrückende Schwere-
    gefühl ankämpfend, vom See abwandte. Bis zu dem Platz,
    wo mich meine Führer erwarteten, die sich geweigert hat-
    ten, zum See der Berggeister mitzukommen, ging ich wie
    im Traum. Die Berge schienen zu schaukeln, Erbrechungs-
    anfälle erschöpften mich gänzlich. Ich fiel immer

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