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Das weisse Horn

Das weisse Horn

Titel: Das weisse Horn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Antonowitsch Jefremov
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jenes Gestein
    enthalten, das von den Bergen verschwunden war. Man
    hätte die oberste Decke der Stufe durch einen Schürf oder
    einen Schacht durchstoßen können, da sie nicht stärker als
    dreißig Meter war.
    Um aber eine derartig kostspielige Arbeit durchzuführen,
    müßte man zumindest annähernd wissen, was die ver-
    schwundene Oberschicht der Berge enthielt. Antwort auf
    diese Frage konnte nur das Weiße Hörn geben. Auf sei-
    nem unbesteigbaren Gipfel hatte sich eine kleine Lage
    dieser Oberschicht erhalten. Die Grenze zwischen dem
    dunklen metamorphen Gestein** und der rätselhaften
    weißen Schicht war deutlich zu erkennen. Aber der Berg
    war wie verzaubert. Soviel Ussolzew auch in dem Geröll
    am Fuß des Berges suchen mochte, er fand kein Stückchen,
    das vom Weißen Hörn abgebröckelt war. Es mußte ein
    ewiges, unzerstörbares Gestein sein, aus dem das Weiße
    Hörn bestand. Aber gerade am Fuße des Ak-Mjungus
    waren zwei große Kassiteritkristalle gefunden worden.
    * Angeschwemmte Erdschicht.
    ** Durch große Hitze oder Druck umgewandeltes Ablagerungs- und Aus.
    wurfgestein.
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    Nein, das Geheimnis des Weißen Horns mußte enthüllt
    werden, koste es, was es wolle!
    Nur auf diesem Gipfel lag der Schlüssel zu den Erz-
    schätzen, die vielleicht hier unter der Steppe begraben
    waren.
    Zinn! Wie notwendig braucht es unser Land! Der Geo-
    loge war sich dessen voll bewußt. Was die anderen
    nicht geschafft hatten, ihm mußte es gelingen. Sie hatten
    von der Wichtigkeit dieser möglichen Entdeckung nichts
    gewußt.
    Die Gehilfen Ussolzews schliefen, durch die Arbeit des
    Tages ermüdet, schnell ein. Die reine, kalte Luft sank auf
    die warme Erde, und in grünen Kaskaden floß das Mond-
    licht über die dunklen Schluchten.
    Ussolzew lag etwas weiter weg von den Zelten, wandte
    seine brennenden Wangen dem Wind zu und versuchte
    einzuschlafen. Er durchlebte noch einmal den erfolglosen
    Versuch, das Weiße Hörn zu besteigen. Er hielt seine Ret-
    tung vor dem unvermeidlichen Absturz für ein Wunder
    und wußte gleichzeitig, daß er es wieder versuchen
    würde. „Sofort im Morgengrauen!" beschloß er. „Ehe noch
    der Mond untergeht, muß ich mir Haken besorgen."
    Er erhob sich, ging vorsichtig zwischen den Spannseilen der
    Zelte zu der Kiste mit der Ausrüstung und begann in ihr
    herumzuwühlen, wobei er jedes Geräusch sorglich vermied.
    Von dem weiter entfernten Zelt hörte man leises Singen.
    Ussolzew lauschte und erkannte Wera Borissownas
    Stimme.
    „Erfährst du, mein Fürst, der Sehnsucht großes Leid und
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    meine tiefe Trauer...", klang es leise über die vom blei-
    chen Mondlicht übergossene Steppe.
    Ussolzew klappte den Dedcel zu und kehrte an seinen
    Platz zurüde. „Nein, ich werde noch ein Weilchen warten,
    bis sie abfährt. Wenn ich abstürze, wird sie — weiß Gott —
    noch glauben, daß ich ihretwegen hinaufgekrochen bin,
    zumal wir noch dieses Gespräch über den Everest vor ein
    paar Tagen hatten. Ein schöner Everest von dreihundert
    Meter Höhe!"
    „Wohin fahren wir heute, Oleg Sergejewitsdi?" fragte der
    Arbeitsleiter am nächsten Tag.
    „Nirgendshin. Das Planquadrat ist zu Ende. Ich gebe Ihnen
    zwei Tage Zeit, um Ihre Geländevermessungen und Kol-
    lektionen in Ordnung zu bringen, dann fahren Sie nach
    Kirgis-Sai und holen das Fahrzeug."
    „Wir kommen also näher zur Grenze?"
    „Ja, nach Takyr-Atschinocho."
    ,,Das ist gut, da gibt's schöne Stellen. Die Berge sind
    höher, und auch Gehölz ist da. Dort ist es anders als hier
    in dieser Hölle. Und Sie? Werden Sie sich heute aus-
    ruhen?"
    „Nein, ich werde die Gesteinsverschiebung entlangreiten."
    „Zum Ak-Mjungus?"
    ,Nein, etwas weiter."
    „Wissen Sie, ich vergaß Ihnen etwas zu sagen. Als ich in
    Ak-Tam war, erzählte mir der Chef einer Grenzabteilung,
    daß Bergsteiger versucht hätten, den Ak-Mjungus zu be-
    steigen. Es kamen Spezialisten aus Alma-Ata hierher..."
    „Na, und?" unterbradi ihn Ussolzew ungeduldig.
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    „Es kam nichts dabei heraus. Sie haben festgestellt, daß
    das Weiße Hörn absolut unbesteigbar ist."
    Eine leichte Staubwolke zog hinter dem Braunen her;
    Ussolzew ritt fort, um seinen unbesiegbaren Gegner zu
    studieren, über ihm ragte das Weiße Hörn in seiner gan-
    zen gewaltigen Größe wie ein furchtbarer Stier, der den
    anstürmenden Wellen des steinernen Meeres zu entrinnen
    versucht.
    Der Wind wehte ganze Haufen stachliger Gewächse an den
    Fuß des Berges. Die Stirnwand des Felsens glänzte

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