Das weisse Horn
sich mit gekreuzten Beinen hin,
schlürfte Tee und begann seine Erzählung.
Obwohl der Uigure nur gebrochen russisch sprach, hörte
Ussolzew mit gieriger Aufmerksamkeit zu. Arslans Phan-
tasie umgab die Legende mit glühenden Farben. So lebte
sie wahrscheinlich auch bei den poetischen Einwohnern des
Siebenflußgebietes fort.
Erstaunlich war für Ussolzew, daß sich, nach den Worten
des Uiguren, dies alles vor nicht allzu langer Zeit, vor un-
gefähr dreihundert Jahren ereignet hatte.
Er konnte keine Ruhe finden und dächte an die Legende:
über dieses ganze Gebiet herrschte einst ein mächtiger und
tapferer Khan. Sein Nomadenstamm besaß viele Herden,
• Held.
** Breite Porzellantassen ohne Henkel.
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die er ständig durch zahlreiche Überfälle auf die Nadi-
barstämme vergrößerte. Einst zog der Khan mit einer
großen Schar auf eine weite Reise und kam bis nach Talas.
Unweit von den alten Mauern Sadyr-Kurgans stieß er auf
eine Horde grausamer Dshete*. Ein blutiger Kampf ent-
brannte. Die Dsheten wurden geschlagen und flüchteten.
Der Khan machte reiche Beute. Am meisten erfreute ihn
eine gefangene Frau von ungewöhnlicher Schönheit, die
Geliebte des besiegten Anführers. Sie war von den Dsheten
im Ferghana-Tal geraubt worden, als sie sich aus einem
fernen Lande auf dem Wege zu ihrem Vater befand, der
am Hofe des mächtigen Gebieters von Kokand diente. Sie
bezauberte und entflammte die Herzen der Männer. Der
Khan brachte seine Gefangene in die heimatlichen Berge,
und hier wurde sie seine Lieblingsfrau. Die Sänger, die sich
der Gunst des Khans erfreuten, schufen Lieder, in denen
sie ihre Schönheit und ihre Liebe zum Khan besangen.
Es vergingen zwei Jahre. Der Schnee lag schon hoch an den
Bergabhängen, als der Khan sein Lager am Rande der
grünen Matten des Karkarin-Tales aufschlug.
Die Herrscher der befreundeten Nachbarstämme trafen sieb.
bei ihm zu einem Festmahl. Die Zahl der Zelte im Tal
vergrößerte sich von Tag zu Tag.
Völlig unerwartet für den Khan traf auch ein finsterer,
fremder Krieger ein.
Er kam ganz allein, nicht auf einem Pferd, sondern auf einem
riesigen weißen Kamel mit kurzem, seidenweichem Fell.
Seltsam war die Aufmachung des Kriegers. Sein Antlitz
• Räuberische Nomadenstämrae,
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war mit einem schwarzen Tuch umwunden, auf dem Kopf
trug er einen flachen, vergoldeten Helm mit einem Pfeil.
Sein weiter Kettenpanzer fiel fast bis zu den Knien hinab.
Ein Schwert, zwei Dolche, ein kleiner runder Schild und
eine große Axt mit langem Griff waren seine Waffen. Der
Fremdling verlangte, zum Khan geführt zu werden. Un-
geduldig legte! er seine Waffen auf eine weiße Filzdecke,
enthüllte sein Gesicht und verneigte sich ehrerbietig, aber
stolz vor dem Herrscher.
Sein strenges Antlitz trug die Spuren des langen schweren
Lebensweges eines Tapferen, der zu gemeinen Handlungen
nicht fähig ist. Unwillkürlich erfreute sich der Khan an dem
Anblick des Fremden. Als dieser zu sprechen begann,
konnten alle seine Sprache verstehen,
„Großer Khan!" sagte der Fremdling. „Ich kam zu dir aus
einem fernen, heißen Land, wo die furchtbaren Flammen
der Sonne die tote Wüste an den Ufern des heißen Roten
Meers erglühen lassen. Schwer war mein Suchen. Ein gan-
zes Jahr irrte ich durch die Gebirge und Täler zwischen
Kokand und dem blauen Issyk-Kul, bis mich Gerüchte und
Erzählungen zu dir führten. Sage mir, befindet sich bei dir
ein Weib, von dir Seidjurusch genannt, die du den Dsheten
von Talas abgenommen hast?"
Der Khan neigte bejahend sein Haupt, und der Krieger
fuhr fort:
„Dieses Weib, Khan, ist meine mir versprochene Braut,
und ich habe geschworen, daß keine Kraft des Himmels
und der Hölle mich von ihr zu trennen vermag. Drei Jahre
kämpfte ich an der Grenze Indiens und in der schrecklichen
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Wüste Tar. Als ich zurückkehrte, erfuhr ich, daß sie die
Verwandten, ohne auf mich zu warten, zu ihrem Vater
geschickt hatten. Aufs neue ging ich auf eine weite und
gefährliche Reise, kämpfte und kam vor Durst und Hunger
fast um. Ich habe viele fremde Länder durchzogen, und
jetzt stehe ich vor dir.
Schnell läuft der Fluß der Zeit über die Steine des Lebens.
Ich bin nicht mehr jung, doch meine Liebe zu ihr ist nach
wie vor unendlich groß. Sage, o Khan, habe ich sie mir
durch diesen schweren Weg nicht verdient? Gib sie mir
zurück, mächtiger Herrscher. Ich weiß, es kann nicht anders
sein: Auch sie hat lange
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