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Das weisse Horn

Das weisse Horn

Titel: Das weisse Horn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Antonowitsch Jefremov
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brachten die Waffenschmiede sein
    berühmtes goldenes Schwert, damit es auf ewig auf dem
    Gipfel des Ak-Mjungus ruhen sollte. Die Klinge wurde
    mit Wolfsfett übergössen und mit einem pechgetränkten
    Stoff umwickelt. Viele Gäste des Khans ritten mit zum
    Ak-Mjungus. Es war eine ganze Tagesreise bis dorthin,
    und erst am Abend stiegen der Khan und sein Gefolge auf
    einer großen Terrasse am Fuße des schrecklichen Berges
    von den erschöpften Pferden. Der Khan befahl dem Fremd-
    ling zu ruhen. Und der stolze Krieger schlief die ganze
    Nacht über ruhig, von den Männern des Khans bewacht.
    Ein düsterer, stürmischer Tag brach an. Es schien, als zürne
    selbst der Himmel über die Verwegenheit des Tapferen.
    Der Wind pfiff und stöhnte und umwehte das Hörn des Ak-
    Mjungus. Der Fremdling entkleidete sich, band sich — fast
    nackt — das Schwert des Khans suf den Rücken und warf
    sich nur seinen weißen Burnus über.
    Und er schaffte, was noch keinem Tapferen gelang, solange
    der Ak-Mjungus steht. Er legte das Schwert auf den Gipfel
    des Horns und kehrte zurück. Wankend stand er vor dem
    Khan, zerschunden und mit Blut bedeckt.

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    Der Khan hielt sein Wort.
    Man führte Seidjurusdi zu dem Fremdling. Bei seinem
    Anblick wich sie erschrocken zurück. Der Krieger aber
    zog sie machtvoll an sich, enthüllte ihr wunderschönes
    Antlitz, und sein düsterer Blick schien sich nicht davon
    trennen zu können. Dann riß er blitzschnell das im Gürtel
    versteckte Messer heraus und durdibohrte das Herz seiner
    Braut. Mit wütendem Geheul stürzten sich die Söhne des
    Khans auf den Fremdling, aber der Vater hielt sie zornig
    zurück:
    „Er hat für sie den höchsten Preis bezahlt, den ein Mensch
    geben kann. Sie gehört ihm! Möge er unversehrt zurück-
    kehren. Gebt ihm seine Waffen und sein Kamel!"
    Der Fremdling verneigte sich stolz vor dem Khan, und bald
    war er mit seinem großen weißen Kamel hinter den Ber-
    gen verschwunden . . .
    Der Paßgänger strauchelte einige Male, denn seine Hufe
    glitten auf den Steinen aus. Die Wolken am Himmel wur-
    den von dem starken Wind rasch dahingetrieben. Düster
    und drohend standen die Berge.
    Ussolzew stieg vom Pferd, streichelte es zärtlich, küßte
    seine weichen Nüstern und tätschelte ihm den Hals. Der
    Braune ging zur Seite, wandte den Kopf und blickte nach
    seinem Herrn.
    „Geh zur Weide", sagte Ussolzew streng und fühlte dabei,
    wie ihm die Erregung den Hals zuschnürte.
    Der Geologe legte alle überflüssige Bekleidung ab und
    band an seinen Arm einen langstieligen Hammer. Er

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    brauchte ihn nur zum Einschlagen der Haken und dann,
    wenn es g e l a n g . . .
    Ussolzew zog die Schuhe aus. Die scharfen Steine würden
    ihm bald die Füße zerschneiden, doch er wußte, daß, wenn
    er überhaupt hinaufklettern wollte, es nur barfuß möglich
    war. Der Geologe hängte sich das Säckchen mit den Haken
    um den Hals und ging auf die rote Säule der Pegmatit-
    ader zu.
    Er vergaß Umwelt und Zeit. Seine ganzen körperlichen
    und geistigen Kräfte konzentrierten sich auf diese letzte,
    vielleicht tödliche Anstrengung.
    Es vergingen einige Stunden. Ussolzew, zitternd vor An-
    spannung, blieb stehen und schmiegte sich an die steile
    Felswand. Er befand sich schon weit oberhalb der Stelle,
    wo er das letzte Mal rechts abgebogen war. Von der
    Hauptader ging eine dünne Abzweigung von feinkörnigem
    Pegmatit ab, die den Abhang schräg durchlief, nach oben
    führte und dann links abbog. Ihr fester oberer Rand ragte
    aus dem Schiefer kaum hervor und bildete einen zwei bis
    drei Zentimeter breiten Sims. Entlang dieser Ader könnte
    man sich dem abfallenden Westrand des Felsens nähern,
    dort, wo er abbrach und in die steile nördliche Hauptwand
    des Weißen Horns überging, die der Steppe zugewandt
    war. Etwas weiter oben schien der Abhang nicht mehr so
    steil zu sein, und man konnte hoffen, an ihm bedeutend
    höher zu kommen. Ussolzew wollte in den Spalten des
    Schiefers, über dem schmalen Sims der Ader, einige Haken
    einschlagen und sich mit ihrer Hilfe auf dem schmalen
    Vorsprung halten.

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    Aber jetzt, als er an der Wand hing, in einer Höhe von
    150 Metern, sah er ein, daß er nicht einmal für den winzi-
    gen Bruchteil einer Sekunde eine Hand von dem Felsen
    lösen konnte. Die Lage schien hoffnungslos. Um den vor-
    springenden Grat zu umgehen und auf den schmalen Sims
    zu gelangen, hätte er sich an irgend etwas festhalten müs-
    sen. Er war aber nicht imstande, einen Haken

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