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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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besser, wenn sie nur in kleiner Runde von den Bildern sprach, die sich vor ihren Augen entfalteten. Und diesmal waren es wahrhaft erschreckende Szenen, die sie schilderte.
    »Und es wird Hagel und Feuer mit Blut vermischt kommen und niederfallen auf die Erde, und die Erde wird verbrennen und die Bäume und alles grüne Gras. Ich sehe Flammen lodern aus den Kirchen und höre die Schreie der Sterbenden sich anklagend erheben. Und die Glocken werden niederfallen durch das Gebälk, und die Schuldigen werden fliehen aus den Häusern wie die Ratten aus den Löchern. Ein schwarzes Untier wird ihnen folgen, und es wird sie zerfleischen und ihr Blut trinken. Und so wird Satan losgelassen werden aus seinem Gefängnis und wird ausziehen zu verführen die Völker an den vier Enden der Erde. Und das Lamm wird über uns kommen und sich wandeln in die große Hure, die auf dem scharlachroten Tier reitet. Sie ist bekleidet mit Purpur und geschmückt mit Gold und mit Edelsteinen und Perlen, und sie trägt einen goldenen Kelch in ihrer Hand, voll von den Gräueln ihrer Hurerei.«
    Ihre Stimme versagte, und zitternd sank Rigmundis in die Kissen.
    »Eine Vision!«, flüsterte Clara. »Und was für eine. So etwas überkommt sie doch sonst nur, wenn das Wetter wechselt oder bei Vollmond.«
    »Sie hat hohes Fieber, Clara.« Almut sah mitleidig auf die halb bewusstlose Rigmundis hinunter und bemühte sich dann, sie vorsichtig aufzurichten. Leise war inzwischen Trine in die Kammer getreten und hielt einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit in der Hand.
    »Geht es wieder, Rigmundis? Hier, trink einen Schluck von dieser Arznei!«
    »Ja, ja. Danke«, murmelte sie und nippte an der bitteren Flüssigkeit. »Scheußlich!«, murrte sie dann und schüttelte sich. Aber das Getränk schien sie etwas zu beleben. »Ich sah etwas, Almut. Aber ich kann mich nicht genau erinnern. Was war es?«
    »Oh, das Lamm, das sich in eine rot berockte Hure verwandelte, und ein Untier, das Ratten jagt, und dann ist der Teufel los. Es klang ziemlich apokalyptisch.«

3. Kapitel
    Vor den Stadtmauern wurde Domherr Sigbert von Antorpf noch einmal aufgehalten, denn seit vor zwei Monaten die erzbischöflichen Truppen die Stadt am Severinstor beschossen hatten, war die Bewachung strenger geworden. Der Domherr hatte sich äußerst ungehalten über diese Kontrollen gezeigt, und der Hauptmann der Wache musste ihn schließlich passieren lassen, obwohl er ein Kleriker war und wahrscheinlich auf der Seite des Erzbischofs Friedrich des Dritten von Saarwerden stand. Aber Sigbert von Antorpf besaß ein Haus in der Stadt, das er aufzusuchen wünschte. Ganz abgesehen davon gehörte er dem Domkapitel an, in dem er wichtige Aufgaben zu erfüllen hatte. Und der Dom stand nun mal noch immer in Köln – Erzbischof hin, Erzbischof her!
    Sigbert von Antorpf fand sein Heim für seinen Empfang gerichtet und machte sich sogleich daran, die Fährte seines flüchtigen Wildes wieder aufzunehmen. Nicht in Person, doch zwei Diener erhielten reichlich mit Münzen bestückte Beutel, mit denen man sich selbst delikate Informationen erkaufen konnte. Mit dem Auftrag, an ganz bestimmten Orten und bei gewissen Personen Fragen zu stellen, verließen sie ihn.
    Anschließend nahm der Domherr ein reiches Mahl ein und widmete sich dann den Botschaften, die sein Schreiber während seiner Abwesenheit gesammelt hatte. Die meisten waren erfreulich und zeigten, wie sehr sein Besitz sich mehrte und seine Arbeit Früchte trug. Besonders beglückte ihn die Nachricht, dass der alte Wevers vor wenigen Tagen das Zeitliche gesegnet hatte und nun sein Testament in Kraft trat. Einige andere Neuigkeiten waren unbequem und verlangten Entscheidungen, eine jedoch war nicht nur unbequem, sondern sogar lästig. Sie bedeutete, sich mit einem jungen Mann zu treffen, der guten Grund hatte, ihm, dem Domherren, nicht besonders wohlgesonnen zu sein. Aber auch solchen Begegnungen ging Sigbert von Antorpf nicht aus dem Weg. Allerdings zog er es vor, sich mit zornigen jungen Männern nicht an einsamen Orten zu treffen, wie vorgeschlagen, sondern derartige Begegnungen in der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Also gab er seinem Schreiber den Auftrag, besagtem jungen Mann auszurichten, wenn er ihn denn schon sprechen wolle, dann sei der Sonntag der beste Zeitpunkt, und zwar möglichst nach dem feierlichen Hochamt, das an diesem Tag zu Ehren der heiligen Ewalden in Sankt Kunibert gehalten wurde.
    Nachdem diese Angelegenheit geregelt

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