Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert
bewältigen.
Niccolo dankte ihm, nachdem er sich die Beschreibung eing e prägt hatte. » Ich werde dich nicht enttäuschen. «
» Ihr seid Narren! «, fluchte Wisperwind. » Allesamt Narren! «
Nugua ergriff ihr Bündel, umarmte Feiqing so fest, dass die Augen des Rattendrachen groß und rund wurden, schüttelte dann der grimmigen Wisperwind die Hand und kam schließlich zu Niccolo, Li und dem Kranich herüber.
» Brechen wir au f «, sagte sie leise zum Xian.
Niccolo nahm sie in den Arm. » Es tut mir Leid. «
» Ich wünsche dir Glück. « Sie klang erschütternd sachlich, gar nicht wie sie selbst. Aber dann fügte sie doch noch leiser hinzu: » Und dass wir uns wiedersehen. «
» Das werden wir. «
Ihr Lächeln sah sehr traurig aus. Sie stellte sich auf die Zehe n spitzen, küsste ihn auf die Wange und wandte sich dann so eilig ab, dass er ihre Lippen noch spürte, während Li sie schon um die Taille fasste und auf den Kranich hob.
Vielleicht mache ich einen Fehler, dachte er bedrückt, wä h rend Nugua sich abwandte und ihr Gesicht vor ihm verbarg. Niccolo schenkte Li ein dankbares Nicken und tätschelte dem Kranich den Schnabel.
Der Xian bildete mit beiden Händen eine Höhle vo r d em Mund und flüsterte etwas hinein. Als er Niccolo gleich darauf die rechte Hand entgegenstreckte, lag eine kelchförmige schwarze Blüte darin. » Gib die Tieguai. Er wird wissen, was zu tun ist. «
Unsicher nahm Niccolo die Blume entgegen, betrachtete sie einen Moment lang und steckte sie schließlich unter sein Wams.
Li schwang sich auf den Riesenvogel und stieß dabei fast Nugua herunter. » Festhalten! «, rief er über die Schulter, wickelte sich die Zügel um die Hände und flüsterte dem Kranich einen Befehl zu.
Augenblicke später erhoben sich die drei in den lavaroten Himmel, glitten über den Klippenrand und schwebten davon.
Niccolo presste die Lippen aufeinander.
Feiqing trat neben ihn. » Es wird schlimme r «, sagte er dü s ter. » Auf die eine oder andere Weise: Es wird alles noch schlimmer werden. « Damit drehte er sich um und watschelte zurück zu Wisperwind.
Niccolo hörte die beiden davongehen, aber er brachte es nicht übers Herz, sich umzudrehen und den vorwurfsvollen Blicken Wisperwinds zu begegnen. Erst nach Minuten wischte er sich die Tränen von den Wangen und schaute über die Schulter.
Sie waren längst hinter der Felskuppe verschwunden.
Wisperwind hatte etwas für ihn zurückgelassen, und erst später wurde ihm vollends bewusst, welches Vertrauen sie ihm damit schenkte.
Aufrecht im Stein, dort wo sie eben noch gestanden hatte, steckte Silberdorn. Daneben lag eine leere Schwertscheide.
Niccolo ging langsam hinüber, zog das flüsternde Schwert aus dem Boden und betrachtete es lange. Eine Waffe, um Unsterbl i che damit zu töten. Und ihre abtrünnige Schülerin.
Zwischen den Leichen fand er sein Bündel, band sich das Schwert über die Schulter und machte sich auf den Weg.
E NDE DES ERSTEN BANDES
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