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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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antwortet / gehe / sag zur Fräulein / sie solle den Schlüssel zur Hauß-Apothecken herbringen; zum Junckern aber sprach sie / wir müssen diesen Kerl bey Leibe nicht verabsaumen; Jndem sie nun noch davon redete / kam die Tochter gar fein auffgezoffet in ihrem Plümerant Rock daher / welche Verkleidung beydes deß Stall-Jungen und der Fräulein mich natürlich ermahnete / als wann man eine Comödi agirt.
    Die Mutter befahl gleich (nach dem der Monsieur Freyer seine Complimenten gegen seiner Liebsten doll genug abgelegt) ihre Tochter solte vor ihres Herrn Vettern deß Herrn von der Drfftgkt Diener das Recept Num. 17. verfertigen / und daran seyn / daß ers je ehender je besser einneme; indeßen wolte sie mit der Köchin reden / was man zum Nachtessen fertig machen solte / nam darauff mit einem Höflichen Bückling von Monsieur Erlaubtnus / mit Bitt sich ein kleine Zeit biß zu ihrer Wiederkunfft zu gedulden; deren er mit gleicher Höfligkeit begegnete / und zur Antwort gab / mein hochgeehrte Frau Baß hat mir / ihren gehorsamen Diener in allweg zu befehlen.
    So bald sie nun den Rucken verwendet / tratte er der Tochter nach vor die Hauß-Apotheck / welches ein grosser Kasten war / mit allerhand Materialien von Würtzeln / Säfften / Latwergen / Kräutern / Pulvern / Oliten / gebrandten Wassern / Pflastern / Salben und dergleichen Bixen / Schachteln / Gläsern / Säcklein / etc. bestehend / angefüllt; also daß ich sie gar wol vor ein Muster einer vortrefflichen Hauß-Apotheck passiren lassen kan / wann anders dasjenig in den Geschiren befindlich / was die angekleibte Zettul vorgeben / daselbst erneuerte oder wiederholte der verliebte Herr von der Drfftgkt seine vorige Complimenten / und druckte deutlich genug aus / zu was vor einem Ende er vorhanden wäre.
    Tapffere ansehenliche Dame / sagte er zu ihr / der Ruhm ihrer unvergleichlichen Schönheit und Tugenden / der sich im gantzen Land ausbreitet / ist auch vor meinen unwürdigen Ohren erschollen / mich zu ihrem unterthänigsten Sclaven zu machen! solcher hohe Ruhm hat auch eine solch brennende Begierde in mir erweckt / ihre Person selbst zu sehen / daß ich zu keiner Zeit Ruhe haben mögen / sondern erkennen müssen / ihrer Frau Mutter / meiner Hochgeehrten Frau Basen gehorsamlich auffzuwarten / ob mir vielleicht das Glück widerfahren mögte / sie zu sehen und ihr Englische Gestalt anzubeten; weil mir dann nun solches erwünschte Glück in diesem Augenblick zu stehet / so kan ich nicht unterlassen ihro unverholen zubekennen / daß ich ihren als meines Hertzens Bezwingerin alle meine Freyheit geschenckt / und nun mehr nichts höhers wünsche als die grosse Ehr / daß ich in ihrer holtseeligen Gegenwart von nun an biß in all Ewigkeit unaußsetzlich verharren: und mich durch allerley getreue Dienstleistungen / als ihren unterthänigsten Sclaven erzeigen möchte.
    Noch viel mehr dergleichen Unsinnigkeiten brachte er vor / welche die Jungfrau wolständig genug beantwortete; Jch aber gedachte / der Kerl wendet vor der Jungfer Diener zu seyn / da er doch vornemlich sucht / ein Herr über ihrer Mutter Ducaten zu werden / wann sie deren nur viel hätte.
    Mochte derowegen seiner Pralerey nicht länger zuhören / sondern schlich hin nach der Alten / zuvernemmen / was sie guts auff die Nacht würde zurichten lassen / als von welchem Jmbs ich auch meinen Part zuerschnappen gedachte; Jch kam eben darzu / als sie ihrer Viertels-Köchin (dann sie brachte kaum die vierte Stund ihres Diensts in der Küche zu / weil sie die zwey übrige wol anders zu schaffen) an dictirte und Ordre gab / was sie vor Dauben abwürgen: und an Hünern und Koppen neben einem Spanferckel abstechen solte; ein Kalb und junges Böckel hieng allbereit dorten / die Haar gelassen hatten / damit man kein Geld in die Metzig zu schicken bedörffte; so lag auch schon ein alter rostiger Schuncken mit einem paar dörren Bradwürsten im Wasser / selbige dem Salat beyzusetzen; das eingebeitzte Wiltpret / wolte die Frau selbst auß dem Keller holen / warüber mir das Hertz im Leib lachte / aber der Alten ihr sichs krämete; dann als ich mit ihr in Keller schliche / einen hertzhafften Trunck zu thun / und sie sich allein zu seyn vermeinte / klagte sie ihr Anliegen ihr selbsten mit einem grossen Scheufftzen; Ach GOTT! sagte sie / ich wolte / daß der Schinder holte (da sie doch eben ein Stück stinckent Wildpret auß einem Fäßlein langete / welches sie mehr daurete / als die verschwenderische Cleopatra ihr

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