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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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vor dißmal hingieng / sondern befahl ihro bey der Frauen zu bleiben; sie waren aber kaum dahin gangen / als deß Apotheckers Jung wieder daher geloffen kam / und schrye / der Herr soll hinauß kommen / es ist ein Raths-Herr da / der mit dem Herrn in Eyl etwas sprechen will / darauff gieng der Apothecker fort / aber der Jung kam gleich wieder zurück / und sagte / nicht mein Herr / sondern dieser Herr (damit auff mich deutend) soll herauß kommen: derowegen stunde ich auff und brumelte / daß ich nicht so viel Zeit haben solte / mit ehrlichen Leuten ein stück Brot in Ruhe zu essen / ich lieffe aber nicht zu weit / sondern stunde mit dem Apothecker hinder ein Gegitter / da ich alles sehen und hören konte / was mein Weib nun endlich mit ihrem geliebten Doctor beginnen wolte.
    Diese war damahl vom Zorn gantz eingenommen und besessen / sie hatte nichts als scharpffe Gall im Maul / gifftige Stralen in den Augen / ein grimmige Wuth im Hertzen / Feuer und Flammen in ihren Backen / und ihr gantz Angesicht sahe auß / gleich als ob die Höllische Geister sich dort ein logirt hätten; der Doctor , so zuvor die geringste Kundschafft zu ihr nicht gehabt / wolte ihr / nachdem ich hinweg war / freundlich zusprechen / aber so bald hatte er das Maul nicht auffgethan / da fiele sie ihm in die Rede / und sagte: O du allerundanckbarste Bestia / du garstige unflätige Sau / wie darffstu dich erkühnen / nur ein Wort mit mir zu reden? Du verschissener Lotterbub und Teuffels-Cloac / kans auch wol müglich seyn / daß du Dreck-Wangst dich deines begangenen Schelmenstücks nicht schämest? wie kans immer seyn / daß du garstig Scheiß-Hauß dich nicht gescheuet hast / deinen stinckenden Dreck-Sack / und Auffenthaltung alles Unflats in meine Gegenwart zu bringen; Ich schwere dir Sau-Rüssel / wann ich diß Orts nicht schohnete / und nicht was anders besorgte / daß ich dir diß Messer im Leib umbkehren wolte: aber gedenck / daß du mir die Tag deines Lebens nimmermehr vor mein Angesicht kommest / und schaue / daß du dich bald von hinnen in dein stinckend Withopffen-Nest packst. Hier scheuete mein Weib die Beschliesserin gantz nicht / weil sie umb ihr vermeynte Heimlichkeit wuste: und der Doctor wurde hierüber so bestürtzt / daß er ohne alle Bewegung dort sasse wie ein Klotz: aber damit er auch nicht Zeit hätte sich zu erholen / und über die empfangene Unbillichkeit zu klagen / kam ich wieder mit dem Apotecker hinein / und sahe mein Weib an / die vor Zorn noch zittert. Ich stellte mich / als ob ich mit Verwunderung mich über ihrem Anblick entsetzte / und sagte: Ach Schatz wie sehet ihr auß? Mein Hertz was ist euch widerfahren? Ach liebstes Hertz / wann euch vielleicht das lang sitzen übel bekompt / so stehet immer ein wenig auff / und erspatzieret euch ein bißgen im Garten: sie antwortet / ich muß bekennen / daß mir nicht ist / wie dem Pfaffen am Ostertag / und in dem sie also darvor hielte / ich glaubte sie wär unpäßlich / siehe / da wurde sie alsobald gantz kranck / mit begehren / der Apothecker wolte sie mit ihrer Magd unverweilt wieder heim führen lassen / welches dann eben das jenige war / so ich damahl wünscht / sucht und fande.
    Sie war kaum hinweg / als mir der Doctor klagte / wie grob und unverantwortlich sie ihn mit den allerschändlichsten Worten von der Welt angefahren und beschimpft hätte: da muste ich mich nun wieder artlich in den Possen schicken: Ach! sagte ich / nun weiß ich / warumb sie diese gantze Mahlzeit so still da gesessen? Der Zustand ist leyder wieder an ihr / mit welchem sie vor ein paar Jahren behafftet gewesen: Ach was hab ich elender Mann doch vor ein Freud mit ihr bey ihrem grossen Gut und Gelt zu hoffen? Mein hochgeehrter Herr Doctor , bitte ich / wolle ihr nicht allein solches zu gut halten / sondern auch mit mir armen Mann ein Christlichs Mitleyden tragen: Es überfällt sie bißweilen ein melanchol ischer Zustand / in welchem sie zu Zeiten dermassen anfahet zu wüten / daß in solcher Tobsucht offtmal kein Mensch bey ihr sicher: sie stößt die grausamste Scheltwort und Verleumbdungen gegen die aller-unschuldigste Leut auß / und macht gar keinen Unterscheid zwischen allen denen / die ihr alsdann ins Gesicht kommen / und meiner selbst verschohnet sie öffters am allerwenigsten; und was das allerärgste / ist diß / daß sie sich auch bisweilen gar nicht scheuet / den Nächsten / so umb sie ist / würcklich anzugreiffen / und denselben / ehe man sichs versiehet / oder darvor seyn kan /

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