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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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auffzusetzen; Und also fuhren wir nach der Apotheck / und stiegen im Hof vorm Garten ab / worinnen in dessen lustigem Sommer-Hauß der Jmbs gehalten werden solte.
    Jndessen nun der junge Doctor (von dessen Gegenwart / und daß er mitspeisen solte / mein Weib das geringste nicht wuste) die Apotheck visitir te / so doch nur pro forma angestellt worden / spatzierte ich mit meinem Hertzgen im Garten herumb / und zeigte ihr die rari täten und wunderbarliche Gewächse / die sich darinnen befanden; Jch ehrete sie allerdings wie eine Göttin / und caressir te / als wann ich erst hätte wollen anfangen mit ihr zu lefflen / brachte sie auch damit auff so einen guten Laun / daß es schiene / als wann sie der verwichenen Nacht allerdings vergessen / oder / ob wäre ihr in derselben kein Schabernack widerfahren.
    Wie nun der Tisch gedeckt / der Wein ins Kühl-Wasser gesetzt / und nicht allein das Tischtuch / sondern auch der Boden deß Garten-Hauses zu mehreren Wollust mit allerhand so schönen als wolriechenden Blumen überstreuet / und mit Rosen-Wasser überall gespritzt und angefeuchtet worden / man auch allbereit anfienge die Speisen auffzutragen; Siehe / da kam der Herr Doctor mit dem Apothecker auch herein getretten / worvon sich mein Weib beydes im Angesicht und Geberden dergestalt entfärbte und veränderte / daß ich leicht darauß abnehmen konte / wie grausam ihr wütiger Zorn in ihrem Gemüth rumorte; Jch aber lieffe seiner Excellen tz alsobalden entgegen / und macht einen gantzen Hauffen Frantzösischer Compliment en / was massen ich mich nemlich deß unverhofften Glücks freuete / welches mir so unversehens die Ehr gönnete / mit ihm bekand zu werden; nöthigt auch mein Weib / so durch freundliches Zusprechen / als sonsten durch hohe Beschwerung / daß sie hingieng (aber allerdings wie eine hierzu gebannete Schlang oder Natter) mit der Handgebung seine Excell . zu bewillkommen; wiewol ich glaube / daß sie ihm lieber ins Angesicht gespyen hätte; der Apothecker aber übereylete uns mit nötigung zum nidersitzen / und brachte also mein Weib zum Doctor an Tisch / ehe sie sich besinnen konnte / daß sie wie auff Nadeln sitzen würde.
    Dann gleich darauff setzte es bey ihr erschröckliche Minen / sie sahe auß wie eine Höllische furi, und blitzte mit den Augen / als wann sie hätte Feuer darauß speyen wollen: sie ruckte mit dem Arß hin und wieder / als wann sie Wespen drinn gehabt / sie trilte den Deller herumb / und wieder hinumb / wie Hans Wurst seinen Hut / so wolte ihr auch Messer / Gabel und Löffel niemal nach ihrem Sinn recht ligen / sie liesse das Maul hangen wie ein Lait-Hund / kein Wort kam herauß / und weder Speiß noch Tranck hinein; anfänglich schiene sie wie ein stumm / und auffs letzte gar wie ein geschnitzelt Bild: beydes ich / der Apothecker und der Doctor sprachen ihr zu / und vermahnten sie zum Essen / Trincken / und lustig zu seyn / aber vergeblich / und dahero nahm ich Ursach / sie selbst bey dem Herrn Doctor zu entschuldigen / in dem ich sagte / mein hochgeehrter Herr Doctor halte ihr etwas zu gut / sie hat gester in meiner Abwesenheit auff einen Balcken steigen / und etwas von weissem Zeug oben im Hauß auffhencken wollen / und als ihr die Leiter entgangen / ist sie die Stege hinunder gefallen / massen mans ihr im Angesicht noch wol ansiehet / so daß es heut schlechte Freud bey ihr wird setzen / und was mich am mehristen bekümmert / ist diß / daß ich sorge / sie möchte vielleicht etwas im Leibe zerknirscht haben / daran sie ein weil zu kauen haben möchte: wann derowegen der Herr Doctor vielleicht ein gewiß Mittel wüste / dardurch der besorgenden künfftigen Gefahr / so noch hierauß entstehen möchte / vorzukommen wäre / so bitte dienstlich / mir umb die Gebühr solches zu communici ren / darauff nante der Doctor unterschiedliche Materialia , so dienlich wären / das gerunnen Blut zu zertheilen / sagte ihr auch gar offenhertzig / wie sie das ein und ander gebrauchen solte / sie aber würdigte ihn hingegen keines Anblicks / sondern gedachte vielleicht wie deß Goldschmids Jung / weswegen sie ohn Zweiffel der Doctor bey sich selbst vor ein grob und unhöflichs Weib / oder wol gar vor ein Närrin halten müssen.
    Nachdem wir nun ungefähr bey einer Stund lang also da gesessen / hiesse der Apothecker sein Gesind / item deß Doctors Famulum , und meine Beschliesserin / die ihrer Frauen auffwartet / auch hin zum Essen gehen / ich aber wolte nicht geschehen lassen / daß die Beschliesserin

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