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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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niemand anderst als Trau-wol pflegt das Roß hinweg zu reiten / ist sie unser Baas / so seynd wir desto härter verbunden / ihre Ehr in unserm Hauß zu beobachten; Mit diesem Gezänck / welches beiderseits auß einem von seinem bösen Gewissen überzeugtem Hertzen herflosse / und dardurch je eins das ander zu betrügen / und sich selbst sampt der Beschliesserin bey Ehren zu erhalten sucht / näherten wir sich der Kammern / und fanden nach Eröffnung der Thür die beyde Liebger beyeinander im Bette ligen / und zwar / wie leicht zu gedencken / nicht in solcher postur , als hätten sie einen doppelten Adler præsenti ren wollen / sondern einander schlafend mit den Armen umbschlossen! Hoho Frau / sagte ich / sehet ihr jetzt wem zu trauen? Sie erschrack zwar / dorffte aber wieder die Beschliesserin das geringste Wort nicht kollern / weil derselben bekand war / daß sie sich selbst einer grössern Verdamnus schuldig wuste; sie bat mich vielmehr umb das / was ich von mir selbst zu thun geneigter war als sie / nemlich meiner Beschliesserin zu verzeihen / und eben darumb erhielte sie es auch desto leichter;
    Aber da muste hingegen mein guter Lucken-Verbesserer / der arme Fritz umb so viel desto ärger herhalten / und es hätte leicht sich geschickt / mein Weib hatte ihn bey den Haaren zum Bett hinauß geschleiffet / ich wolte es aber nicht geschehen lassen / sondern liesse mich genügen zuzuhören / was vor eine lange Litaney schöner Ehren-Titul sie ihm daher betete; Und in dem die Beschliesserin artlich weynen konte / suchte dieser die aller-erbärmlichste Wort herfür / bey mir und meinem Weib perdon zu erhalten: es ist unnöthig alle Formalia zu erzehlen / viel weniger was wir ihm vorpredigten / genug ists / wann man das End vom Lied weiß / welches diesen Jnhalt hatte / daß er Morgen frühe zum Pfarrer gehen / die Sponsalia verrichten lassen / und nachgehends diß Bäßgen offentlich zur Kirchen führen solte / wormit dann so wol mein Weib / als der Fritz und die Beschliesserin gar wol / ich aber am allerbesten zu frieden war / unangesehen ich mich anderst stellte / und hoch und theuer schwur / wann ich der Beschliesserin nicht schohnte / dieweil sie meinem Weib so nahe verwandt wäre / so wolte ich sie so nicht bey Ehren bleiben lassen / sondern Morgen alle beyde mit Spott und Schad zum Hauß hinauß jagen.
    Hierauff gieng ich mit meinem Weib wieder zu Bett / welche sich gegen mir auffs allerhöchste bedanckte / daß ich ihrentwegen so säuberlich mit ihrem Bäßlein verfahren wäre / und die Sach so fein vermittelt / daß sie gleichwol noch vor den Leuten bei Ehren bliebe; sie rühmet meinen trefflichen Verstand / und sagte mir zum unsterblichen Lob /
Der ist weis und wol gelehrt /
Der alle Ding zum besten kehrt.
    Solte sie sich aber selbst unschuldig / und die Beschaffenheit dieses Handels mit seinen Umbständen gründlich gewust haben / was solte sie mir wol alsdann erst vor Laudes gelesen haben?

CAP. X.
    Räis in die Leipziger Michaeli Meß / und von dannen nach Amsterdam.
    ES schickte sich gar fein / daß eben damahl ein Feyertag einfiele / welcher den beyden künfftigen Eheleuten so wol zu statten kame / daß sie umb acht Tag ehender als sonsten dorfften Hochzeit halten / weil sie in 8. Tagen dreymal nacheinander über die Cantzel geworffen werden konten; dann ob man gleich den neu-angehenden Weibern 4. Wochen pflegt nachzusehen / und zum besten zu geben / so ists doch in diesen Fällen / da man Gefahr zu besorgen / am besten / daß man den sichersten Weg zu gehen erwehle; Nachdem ich und mein Weib ihnen nun mit dieser feinen Manier ins Creutz geholfen / giengen wir ihr weiter an die Hand / so / daß der Fritz einen kleinen Kram-Laden ausrichten konte / mit Schachern sein Glück zu suchen. Jch aber hatte damahl meinen grösten Spaß mit meiner Unsichtbarkeit / welcher damahl mehrentheils nur darinn bestund / daß ich die Vögel beschliech / und sie mit den Händen von den Zweigen hinweg fieng / welches allein mich dermassen delectir te / daß ich mein Naßtüchel / und was darinn war / abermal umb aller Welt Gut nicht hingeben hätte.
    Mithin hatte sich die Zeit genähert / darinn ich meiner Geschäfften halber in die Leipziger Michaeli Meß räisen muste / ich hätte mein Naßtüchel gern mitgenommen / wuste aber nicht auff was weis / dann wann ichs bey mir hatte / so war ich unsichtbar; was wolte ich aber mit jemand haben handlen können / wann man mich nicht sehen könte? Jch übersteppte es in der Form

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