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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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mit Fäusten und Nägeln zu tractirn , und wann ihr niemand dergleichen angehet / läst sie ihre Wuth an ihr selbst auß / wie ich dann nunmehr glauben muß / daß sie nicht die Stegen hinunder gefallen sey / wie sie / und mein Gesind mich überredet / sondern daß sie sich selbst so zugericht habe / wie der Herr Doctor ohnschwer in ihrem Angesicht gesehen haben wird.
    Das ist eben das beste / daß sie zeitlich wieder zu Sinnen kompt / ich hätte sie sonst vorlängst anlegen lassen müssen / alsdann weiß sie nicht Wort genug zu finden / die jenige wieder umb Verzeyhung zu bitten / welche sie beleidigt zu haben erfährt / ich weiß auch / daß sie künfftig solche von dem Herrn Doctor zu erlangen / auff die Knye niderfallen würde / aber wann man jetzt viel Wort mit ihr wechseln wolt / so würde man nur auß Ubel ärger / und sie in ihrer Wuth je länger je rasender machen.
    Der Doctor erzeigte sich hierauff gar mitleidenlich mit meines Weibs grossem Creutz / und sagte / er wolle ihr nicht allein zu gut halten wie sie ihn auch geschmähet / sondern noch Gott darzu vor sie bitten / daß er ihr und mir solches schwere Hertzenleyd abnehmen wolle: und demnach ich mich hierauff gar betrübt stellete / schieden wir desto ehender wieder voneinander: Jch aber freute mich von Hertzen / daß mir dieser vorgehabte Anschlag so trefflich gelungen / weswegen es dann zwischen mir und dem Apothecker genug zu lachen setzte / welcher besser als ich observi rt / mit was vor krämischen Blicken mein Weib ihren Ring an deß Doctors Hand begnädigt.

CAP. IX.
    Ein Huren-Bub betreugt den andern / und der Unschuldig tragt das Bad auß.
    ES kan kein Mensch glauben / was vor eine sonderbare Klugheit und Vortrefflichkeit ich mir selbst zuschriebe / als ich sahe / daß ich diesen Act so wol gespielet / und dem Doctor mein Weib / meinem Weib aber den Doctor erleidet: und beyde zu künfftigem Venus -Krieg je eins dem andern verdächtig und undüchtig gemacht / und mich so weit vor der Hörner-Trägerey versichert hatte: aber ich Narr sahe nicht was ich billicher hätte sehen / und fleissiger beobachten sollen! nemblich / daß ich indessen selbst zu einem Ehebrecher / zu einem Betrüger und Verleumbder: Jn Summa / zu einem solchen Gesellen worden / der ohne die Gnad Gottes / ohne Buß und Penitentz / und ohne Geniessung der unergründlichen Barmhertzigkeit Gottes nimmermehr kein Theil an dessen Reich haben würde: Jch erfreute mich vielmehr / daß mein verloren Gelt umb die Unsichtbarkeit vertauscht worden / durch die ich meinem Weib so artlich hinder die Brieff kommen / und der Hanreyschafft entrunnen war / und wann mir gleich damahl jemand ein gantze Tonne Golds vor mein Naßtüchel hätte geben wollen / worinn diese Kunst stack / so hätte er sie doch nicht von mir gekriegt / so hatte sie mir das Hertz eingenommen / und sollte gleich beydes / meine zeitlich und ewige Wolfarth darüber zu scheitern gangen seyn.
    Jn solcher Betöberung und Niderlag meiner rechten Vernunfft und siebenzehen Sinnen / lag mir nichts mehrers an / als daß ich / wann ich mein Naßtüchel bey mir trug / allezeit unsichtbar seyn muste: und daß ich mich nicht konte sehen lassen / wann ich wolt / ich hätte es dann von mir gelegt: Jch sonne der Sach hin und her nach / und gedachte vielleicht hats auch damit eine Eygenschafft / wie mit deß Gyge Ring / mit welchen er Gyges , je nach dem er ihn trehete / sich unsichtbar machen / oder sich sehen lassen konte wann er wolte? Was ich mir nun hiervon einbildete / das wars auch / wiewol ichs lang nicht erfinden konte / ob ich gleich allerhand Proben damit anstellte / biß ich zuletzt ungefähr darhinder kam. Indessen hielte ich mein Naßtüchel immer in meinem Garten-Häußlein verwahrt / weil ich das Hertz nicht hatte / solches so unsichtbarer Weise in mein Hauß zu tragen / dann ich sorgte / wann ichs heim trüge / und mich niemand ins Hauß würde sehen gehen / ich aber gleichwol mich hernach sehen liesse / so würde mir mein Weib und Gesind nichts guts zutrauen: derowegen wann ich unsichtbar seyn wolte / muste ich erst in meinen Garten gehen / und wann ich mich wiederumb wolte sehen lassen / abermal meine Unsichtbarkeit dort ablegen / welches mich eine grosse Ungelegenheit zu seyn bedunckte / deren ich gern entübrigt gewest wäre.
    Interim vertrauete mir mein Jungfer Beschliesserin / ob gleich über zehen oder zwölf Tage noch nicht verflossen / seyt ich mit meinem Weib in der Apotheck zu Gast gessen / daß sie befände / es

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