Das Zeichen des fremden Ritters
wofür er die anderen Instrumente brauchte, die in der Tasche blinkten! Matthes hatte bereits einen Ärmel vom Wams des Fremden aufgetrennt und hielt seinen Arm.
»Die Schale«, sagte Walerius ungeduldig.
Hannes stellte sie rasch unter den Arm. Atemlos verfolgte er die Arbeit des Arztes. Walerius schnitt in die Armvene des Kranken, der aufstöhnte. Er hielt das Messer an die Wunde und beobachtete zufrieden, wie das Blut durch den röhrenförmigen Messergriff in die Schale tropfte. Schließlich war es genug. Er verband den Arm |34| mit einem sauberen Tuch. Dann goss er das Blut aus der Schale in ein Gefäß und verschloss es.
»Ich nehme es mit für die Blutschau«, sagte er.
Er warf noch einen Blick auf den Patienten. Der zitterte nicht mehr, aber rote Fieberflecken breiteten sich nun auf seinen Wangen aus.
Walerius nickte. »Morgen wird es ihm besser gehen.« Er schaute in die Runde. »Ich brauche einen Lichtträger bis zur Stadt.«
Das war alles? Matthes nickte seinem Knecht verdutzt zu und der rannte dem Medicus hinterher, der bereits durch die Tür geeilt war.
Katharina war empört. »Wieso zapft er ihm Blut ab, wenn er so schwach ist?«, zischte sie. »Wir hätten die Kräuterfrau holen sollen. Die kennt sich mit Fieber aus.«
»Er ist ein Medicus!« Ratlos breitete Matthes die Arme aus. »Er hat sogar studiert, da wird er doch wohl wissen, was er tut.«
Katharina sah ihn zweifelnd an, aber Matthes hatte sich wieder dem Kranken zugewandt und betrachtete ihn so besorgt, dass sie ihre Meinung herunterschluckte.
Hannes hatte ein ganzanderes Problem. »Wenn er vom Pferd gestürzt ist«, sagte er plötzlich, »warum hat er eine Beule am
Hinterkopf
?«
Matthes schaute ihn verblüfft an. »Das ist wahr. Und er lag auf der Seite, als wir ihn gefunden haben. Hm«, machte er nachdenklich. »Er könnte unglücklich gestürzt und mit dem Kopf auf etwas Hartes geschlagen sein. Das |35| gibt eine ziemliche Beule, auch wenn überall Schnee liegt. Und dann wurde er bewusstlos.«
»Und wo ist sein Pferd?«, wollte Katharina wissen.
»Weggelaufen.« Hannes zuckte mit den Schultern. »Es ist vielleicht gestrauchelt, weil man im Schnee die Löcher im Boden nicht sehen kann, der Mann ist heruntergestürzt, und da hat es sich erschrocken. Oder?« Fragend schaute er Matthes an.
»Möglich.«
»Deshalb hat er auch kein Gepäck dabei«, überlegte Hannes weiter. »Es ist bestimmt in den Satteltaschen.«
»Richtig!«, nickte Matthes. »Wir müssen das Gepäck finden. Ich schicke gleich morgen meine Knechte auf die Suche nach dem Pferd. Wenn es eines gibt, ist es bei dem Schnee bestimmt nicht weit gekommen.« Er gähnte. »Also ich muss jetzt noch ein paar Stunden schlafen. Morgen früh ist meine Schenke wieder voller Gaukler. Kannst du bei ihm wachen, Katharina?«
»Sicher. Ich bleibe hier.« Sie wickelte sich fester in ihr wollenes Tuch, setzte sich auf den Schemel neben das Kohlebecken und lehnte den Rücken an die Wand. »Und warm genug habe ich es auch. Geh du ruhig schlafen.«
Matthes lächelte sie dankbar an. »Und das tust du jetzt auch besser«, ermahnte er Hannes. »Wer weiß, was morgen ist. Ausreichend Arbeit wirst du auch haben.«
Hannes nickte. »Ich bleibe nur noch ein bisschen«, sagte er. »Vielleicht wird der Mann wach.«
Matthes warf noch einen Blick auf das Lager und ging dann zurück in seine Schenke.
|36| Der Kranke schlief, aber das Fieber machte ihn unruhig. Katharina stand auf und tupfte ihm mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn.
»Er wird nicht wach, glaub mir«, sagte sie zu Hannes. »Es wird eine schwere Nacht für ihn. Hoffentlich überlebt er sie.«
Hannes starrte den Mann noch eine Weile an. Er hätte zu gern gewusst, wer er war und woher er kam und was er auf dem Weg am Fluss gewollt hatte. Und vor allem, was der Stern mit den fünf Zacken bedeutete. War das ein Wappen? So wie der Löwe von Erlenburg oder die Lilien von Konrads Onkel? Zögernd griff er nach dem Beutel. Man wühlte ja nicht in anderer Leute Sachen, aber das hier war ein Notfall. Vielleicht fand er wenigstens den Namen des Fremden heraus.
Doch als er den Beutel öffnete, kam nur ein Lederetui zum Vorschein, etwa doppelt so groß wie ein Ziegelstein, aber nicht ganzso dick. Mehr nicht. Es war nicht leer, das merkte man an seinem Gewicht. Öffnen konnte man es nicht, denn es war rundherum zugenäht. Hannes drehte es in den Händen, um vielleicht doch noch einen Verschluss zu entdecken. Es gab keinen, aber er sah
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