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Das Zeichen des fremden Ritters

Das Zeichen des fremden Ritters

Titel: Das Zeichen des fremden Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zu.
    Gemeinsam trugen sie den Kranken in eine der kleinen Kammern neben der Küche. Hannes musste trotz allem grinsen, denn durch eine Tür konnte man Pierre sogar auf dem Gang laut schnarchen hören. Das regelmäßige Geräusch passte genau zu der Musik, die noch immer aus der Halle drang.
    In der weiß getünchten Kammer stand ein Schemel, auf dem Boden lag eine Strohmatratze mit ein paar Decken. Durch einen breiten Schlitzin der Wand wurde der kleine Raum belüftet. Jetzt im Winter war es hier eiskalt.
    »Wir brauchen mehr Talglichter«, sagte Matthes. »Und die lächerlichen Decken reichen auch nicht. Leg ein paar Steine ins Feuer, Hannes, und wickle sie in Tücher, wenn sie heiß sind. Er hat Schüttelfrost. Und du«, sagte er zu seinem zweiten Knecht, während Hannes losrannte, »lauf zur Schenke und weck Katharina auf. Schick sie zu |31| uns. Sie muss heute Nacht bei dem Kranken bleiben.« Matthes wusste, dass er sich auf seine Küchenmagd verlassen konnte. »Und du bleibst am besten in der Schenke«, fuhr er fort. »Wenn die Gaukler zurückkommen, ist wenigstens jemand da.«
    Der Knecht nickte und machte sich gähnend auf den Weg.
    Besorgt beugte Matthes sich über den Mann, der so sehr zitterte, dass ihm die Zähne aufeinanderschlugen. Aber seine Augen hatte er immer noch nicht geöffnet. Matthes breitete den Pelzumhang, den er dem Mann ausgezogen hatte, über ihn, darüber noch die Decken. Den Beutel und die Stiefel warf er achtlos neben die Strohmatratze.
    Als Hannes mit einem Korb voll heißer Steine in Tüchern kam, schlugen sie die Decken zurück und legten die Steine rund um den Körper des Mannes und um seine Füße. Dann packten sie ihn wieder fest in den Umhang und die Decken. Hannes brachte Holzkohle in einem Kohlebecken zum Glühen, damit es wärmer in der Kammer wurde.
    »Was ist denn geschehen?«, keuchte plötzlich jemand außer Atem.
    Matthes und Hannes fuhren erschrocken herum, aber in der Tür stand nur Katharina. Sie war so schnell wie möglich gekommen und blickte bestürzt auf den Kranken. Hannes und Matthes erzählten ihr kurz, was sie wussten, und dann warteten sie auf den Arzt.
    Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, als sie |32| endlich Schritte hörten und die tiefe Stimme des Stadtarztes erkannten. Doktor Walerius betrat den Raum. Obwohl es so spät in der Nacht war, sah er aus wie immer. Er trug eine runde schwarze Kappe auf seinen grauen Haaren und hatte sich in seinen roten, langen Mantel gehüllt. Durch ihn zeigte er der Welt, dass er an einer Universität studiert hatte und ausgebildeter Medicus war. Walerius zeigte das gern.
    Er nickte kurz zur Begrüßung, trat zu dem Kranken und beugte sich über ihn.
    Matthes nahm seinen Knecht beiseite. »Ich danke dir. Aber wieso hat es so lange gedauert?«, wisperte er.
    Der Knecht zuckte die Schultern. »Er wollte nicht ohne seinen roten Talar aus dem Haus.«
    Matthes verdrehte die Augen.
    Walerius wandte sich um. »Wer ist er?«
    Matthes und die anderen zuckten die Schultern. »Das wissen wir nicht. Er lag draußen im Schnee.«
    Der Medicus betrachtete den Kranken eingehend. »Nun, er sieht aus, als könne er eine medizinische Behandlung bezahlen.«
    Katharina schaute ihn entrüstet an, sagte aber nichts.
    Wieder beugte der Medicus sich über den Kranken und berührte seine Stirn. »Er hat Fieber. Und wo ist die Beule, von der du geredet hast?«
    »Am Hinterkopf«, antwortete Matthes’ Knecht.
    Walerius tastete den Kopf ab, fand die Beule und zog die Augenbrauen hoch. »Übel. Aber sie wird abheilen.«
    |33| Nachdenklich starrte er über die Köpfe der anderen hinweg und murmelte vor sich hin. Gespannt hörten sie zu, aber sie verstanden kaum etwas, denn das meiste war Latein.
    »Missio sanguinis ist opportun. Transportiert Fieber und schlechtes Blut aus dem Corpus. Und optimiert das Equilibrium der Säfte.« Herablassend blickte er in die fragenden Gesichter um sich herum. »Nun, es würde zu lange dauern, euch zu erklären, warum ein Aderlass geeignet ist, das Gleichgewicht der Säfte im Körper zu verbessern.« Als er sah, dass auch dies den anderen nicht viel sagte, obwohl sie alle wussten, was ein Aderlass war, räusperte er sich. »Ich brauche eine Schale und Tücher«, befahl er.
    Endlich gab es etwas zu tun! Hannes rannte sofort los, um beides zu holen. Als er in die Kammer zurückkam, nahm der Arzt gerade ein längliches Aderlassmesser aus der flachen Tasche an seinem Gürtel. Hannes mochte sich gar nicht vorstellen,

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