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Dave Duncan

Dave Duncan

Titel: Dave Duncan Kostenlos Bücher Online Lesen
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finden, wo sich die Fischer und Walfänger von Krasnegar mit den Besuchern mischten, die kamen, um zu handeln – stämmige, weltgewandte Schiffskapitäne aus dem Impire und die flachshaarigen Jotnar aus Nordland, die immer ein böses Omen waren – große Männer mit eisblauen Augen, die Inos erschauern ließen. Vielleicht sah sie sogar einige der unheimlichen Kobolde aus dem Wald, jeder von ihnen umringt von seinen Ehefrauen, beladen mit Bündeln von Pelzen.
    Auf halber Treppe kam Inos plötzlich zum Stehen. Die Treppe war breit und sonnig. Sie lag verlassen da, mit Ausnahme von zwei Frauen, die ins Gespräch vertieft waren, eine von ihnen Mutter Unonini, die Kaplanin des Schlosses. Aus ihrer Körperhaltung war zu schließen, daß sie ihr Schwätzchen gleich beenden würden. Wenn Mutter Unonini aufblickte und Inos ohne Eskorte sähe, würde sie ihr sicher einige Fragen stellen.
    Neben Inos öffnete sich eine Tür, durch die eine Frau mit einem Paket auf dem Arm trat. Inos lächelte sie an, griff nach der Tür, trat ein und schloß sie fest unter silberhellem Geklingel.
    Der kleine Raum war voller Regale, auf denen Tuchballen lagerten. Die füllige Dame in der Mitte war Mistress Meolorne. Sie blickte auf, zögerte und machte schließlich einen Knicks.
    Ziemlich geschmeichelt knickste Inos ihrerseits. Sie sei zum Einkaufen gekommen, beschloß sie – eine äußerst damenhafte Beschäftigung, gegen die niemand, nicht einmal Tante Kade, etwas einwenden könnte.
    »Eure Hoheit sind die einzige Dame in Krasnegar, die das hier tragen könnte.«
    »Bin ich das? Ich meine, warum sagt Ihr das?«
Mistress Meolorne strahlte und bekam rosa Wangen.
    »Wegen des Grüns, Eure Hoheit. Es paßt genau zu Euren Augen. Eure Augen sind außergewöhnlich, bemerkenswert! Sie sind der Schlüssel zu Eurer Schönheit, wißt Ihr. Ich glaube, Ihr habt die einzig wirklich grünen Augen im Königreich.«
    Schönheit? Inos spähte in den Spiegel. Sie war in ein fließendes Wunder aus grüner und goldener Seide gehüllt. Natürlich hatte sie grüne Augen, aber jetzt, wo sie darüber nachdachte, wer hatte die noch?
    »Imps wie ich haben dunkelbraune Augen«, sagte Meolorne. »Und die Jotnar haben blaue. Alle außer Euch haben entweder braune oder blaue Augen.«
    Rap hatte graue Augen, aber man konnte von Meolorne nicht erwarten, daß sie unbedeutende Schloßlakaien kannte. Alle waren entweder ein Jotunn oder ein Imp, das eine oder das andere. Imps waren klein und dunkel, Jotnar groß und hell. Im Sommer wurden die Jotnar rot und pellten sich ekelerregend. Imps neigten im Winter zu Krankheiten.
    »Ich bin keiner von beiden, oder? Mistress, ich glaube nicht, daß ich jemals darüber nachgedacht habe!« Inos Vater hatte braunes Haar und… braune Augen. Helleres Braun als die meisten, entschied sie.
    »Ihr seid ein diplomatischer Kompromiß, Eure Hoheit, wenn ich das sagen darf? Euer königlicher Vater herrscht sowohl über die Imps als auch über die Jotnar hier in Krasnegar. Es wäre unangemessen, wenn er die einen oder die anderen bevorzugen würde.«
    Inos wollte gerade fragen, ob sie das zu einem Halbblut machte, besann sich jedoch eines Besseren. Natürlich konnten die Könige von Krasnegar keine reine Blutlinie haben, Seit Generationen hatten sie ihre räuberischen Nachbarn gegeneinander ausgespielt, indem sie ihre Frauen zuerst von der einen, dann von der anderen Seite erwählten. Wenn Imps und Jotnar heirateten, vermischten sich die Charakterzüge normalerweise nicht, und die Kinder kamen entweder nach der Mutter oder dem Vater, aber so viele königliche Kreuzungen hatten mit Inos schließlich eine echte Mischung hervorgebracht. Sie wollte daran denken, ihren Vater deswegen zu befragen. Wie eigenartig, daß es ihr nie zuvor aufgefallen war! Sie war weder groß noch klein. Ihr Haar war von üppigem Gold, nicht flachsfarben wie bei einem Jotunn. Sie pellte sich im Sommer nicht – sie nahm sogar eine wunderschöne Bräune an. Und sie grämte sich auch nicht in den langen Nächten, wie es die Imps taten. Sie war eine echte Krasnegarin, und dazu die einzige.
    »Kupfer für Euren Teint, Gold für Euer Haar und Grün für Eure Augen«, murmelte Mistress Meolorne. »Dieser Stoff hier wurde von den Göttern extra für Euch entworfen.«
    Inos betrachtete erneut den wunderbaren Stoff, der sie umhüllte. So etwas hatte sie nie zuvor besessen. Sie hatte nicht gewußt, daß ein solches Material existierte. Welch ein Kleid würde dieser Stoff abgeben!

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