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Dawning Sun (German Edition)

Dawning Sun (German Edition)

Titel: Dawning Sun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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beschwerlich wie möglich, damit er auf keinen Fall vergaß, wem er Dank schuldete. Tom hatte ihm Briefe gezeigt, in denen seine Mutter genau das dargelegt hatte, bloß mit freundlicheren Worten. Abgesehen von diesen Briefen einmal im Monat, denen das ‚Taschengeld’ in bar beigelegt wurde, gab es keinen Kontakt. Soweit Josh wusste, hatte Tom ihnen nur das eine Mal geantwortet, um sie zu dieser Abiturfeier einzuladen.
Die Blicke der Eltern wanderten zwischen ihm und Tom hin und her. Blieben immer wieder an ihren Händen hängen, die sie ineinander verschränkt hielten. Da mehrere Dutzend Leute versuchten, sich zwischen ihnen hindurchzudrängen, mussten sie warten.
„Wissen die eigentlich, dass du schwul bist?“, wisperte Josh ihm ins Ohr. Tom hatte nie darüber gesprochen, ausgenommen die knappen Andeutungen in der Pizzeria. Da hatte er allerdings bloß gesagt, dass sie den Missbrauch durch Marco erahnt hatten …
„Nee. Ich dachte, so eine nette Überraschung an einem solch freudigen Tag wäre genau das Richtige.“ Toms Stimme klang sanft, doch in seinen Augen funkelte Übermut. „Außerdem können sie mir hier in der Öffentlichkeit keine Szene machen.“
Als sie schließlich vor Toms Eltern standen, hätte Josh sich am liebsten verdrückt. Aber er spürte, dass Tom ihn brauchte, spürte es am Druck der schwitzigen Finger und dem unbehaglichen Tänzeln.
„Thomas. Herzlichen Glückwunsch.“ Toms Vater schielte fast in dem Bemühen, sowohl seinen Sohn als auch Josh im Blick zu halten. Er wirkte ausgesprochen missvergnügt, während seine Frau aussah, als hätte sie auf eine Zitrone gebissen.
Meine Güte, bin ich vielleicht ein Verbrecher?
Trotzig streckte Josh die Hand vor und lächelte Frau Schneider so warmherzig wie möglich an.
„Joshua Winkels, guten Abend. Schön, Sie endlich kennenzulernen.“ Verblüfft griff sie zu und vergönnte Josh einen schlaffen Händedruck. Ihr Mann packte dafür doppelt so fest wie notwendig zu.
„Tom hat schon viel von Ihnen erzählt“, verkündete Josh entwaffnend.
„So – ähm – ja – hm … Ihnen auch herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Abitur. Sie sind ein Freund von Thomas?“, fragte Herr Schneider steif.
„Er ist mein Freund. Wir werden an der gleichen Uni studieren und zusammenziehen.“
Toms Vater lief rot an, und womöglich hätte er doch noch eine Szene veranstaltet. In diesem Moment allerdings wurde Josh von hinten gepackt und umarmt.
„Du siehst schick aus, Brüderchen!“ Sascha wuschelte ihm durch die sorgsam gekämmten Haare, grüßte Tom mit einem lässigen Handschlag und schüttelte dessen Eltern die Hände, bevor sie sich gegen ihn wehren konnten.
Josh hatte kurz die Sorge, dass Herr Schneider vor seinen Augen einem Herzinfarkt erliegen könnte, so empört, wie dieser aussah. Als allerdings seine eigenen Eltern zu ihnen traten, wechselte Toms Vater ruckartig die Farbe wie die Stimmung und ging spontan auf Joshs Vater zu.
„Günther, lang ist es her!“
Dem anschließenden Dialog war schnell zu entnehmen, dass ihre Väter für den gleichen Konzern gearbeitet hatten, bevor Herr Winkels in die Politik gewechselt war. Es entspannte die Lage beträchtlich. Die Frauen näherten sich ein wenig misstrauisch an, das peinliche Thema über die Beziehung ihrer Söhne verdrängten sie so rasch wie möglich.
Jemand tippte Josh von hinten an. Er brauchte mindestens zehn Sekunden, um Leon zu erkennen – keine blondierten Strähnchen, mager war er geworden, und jegliches Sunnyboy-Gehabe war verschwunden.
„Können wir kurz reden?“, fragte er mit tief gesenktem Kopf.
„Okay.“ Tom nickte ihm zu, sie folgten Leon gemeinsam in eine stillere Ecke, wo niemand sie beobachten konnte. Falls es Leon unangenehm war, Tom dabei zu haben, zeigte er es nicht.
„Eigentlich darf ich nicht hier sein, ich habe Hausverbot“, murmelte er. „Bin auch gleich wieder weg … Ich wollte dir nur sagen, wie unendlich leid mir das alles tut.“
Er klang so erbärmlich, wie er aussah. Jegliche Wut, die Josh auf ihn gehegt hatte, verrauchte. Leon verdiente Mitleid. Aus Schwäche und Feigheit war er in etwas reingeraten, für das er nun büßen musste.
„Was machst du jetzt?“, fragte Josh, eher aus Verlegenheit, um überhaupt etwas sagen zu können.
„Nach den Sommerferien geh ich in ein Internat nach Thüringen. Da kennt mich keiner und ich kann hoffentlich in Ruhe die Schule abschließen. Den Prozess hab ich schon hinter mir.“
Er grinste matt, als er Joshs und Toms

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