Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
Schuhe beraubt.
Er ist umgebracht worden. Oder er hat sich selbst getötet.
Wendy kniet sich neben die Leiche hin und löst das sternförmige Abzeichen von ihrem Hemd.
» Was machst du da? « , fragt Sarge.
» Ich sammle Hundemarken « , sagt sie kurz und bündig.
Der Soldat nickt.
Anne kommt, das Gewehr hängt an ihrer Schulter, und sie meldet, dass das Essen in wenigen Minuten fertig ist.
» Erinnert dich dieser Laden an irgendwas Bestimmtes? « , fragt Sarge und schaut sie konzentriert an.
Anne blickt sich in der Werkstatt um, als sähe sie sie zum ersten Mal.
» Ich glaube, ich bin in so einem Laden zur Welt gekommen « , sagt sie.
Sarge nickt.
» Wir müssen über diesen Panzer reden « , fügt sie hinzu.
» Wir hätten ihm folgen sollen « , sagt Wendy.
» Der Panzer wollte zum Kinderkrankenhaus « , erwidert Sarge. » Wie wir. «
» Eine isolierte Einheit « , sagt Anne nickend. » Die wollen auch nur überleben. «
» Der Panzer war das erste Indiz einer funktionierenden Regierung, das wir seit Tagen gesehen haben « , wirft Wendy ein. » Eine Patrouille. Wir könnten versuchen, den Stützpunkt zu finden, aus dem er kommt. «
» Nein « , sagt Sarge. » Der Panzer kommt aus keinem Stützpunkt. Er wird zum Krankenhaus fahren, um es platt zu machen. Er wird Feuer darauf herabregnen lassen und jede Granate und jede Kugel auf es abschießen, die er hat. «
» Das kann doch nicht wahr sein. « Anne sucht nach Worten. Alles ist so absurd. » Warum denn? «
» Eindämmung der Seuche. Sie haben den Befehl dazu. Man muss diese Hingabe bewundern, selbst wenn man über die Dummheit lachen muss. Das Krankenhaus wurde vor neun Tagen überrannt, und die Infektion hat sich längst überall verbreitet. Aber das Militär ist erst vor wenigen Tagen vom Einsatz nicht tödlicher zu tödlicher Gewalt umgeschwenkt, deswegen wurde auch befohlen, die Krankenhäuser anzugreifen, weil sie die Quellen der Seuche sind. Der Panzerkommandant führt nur seinen Befehl aus, auch wenn er eine Woche zu spät kommt. Seine Infanterieeskorte ist weg. Sein Stützpunkt wurde vermutlich verlegt, und jeder nachtragende Bürokratenarsch ist vermutlich darauf aus, ihn zu schassen, aber der Panzer wird seine Mission erfüllen. «
» Wie sicher bist du dir in dieser Hinsicht? « , fragt Anne.
Sarge zuckt die Achseln. » Ich weiß, wie das Militär reagiert hat: typisch. «
» Was also machen wir? « , fragt Wendy.
» Wir suchen uns ein anderes Krankenhaus. Am besten eins, das nicht bombardiert wird. «
» Am anderen Ufer « , sagt Anne, » liegt das Holy-Cross-Krankenhaus. «
» An welchem Fluss? «
» Am Monongahela. Im Süden. «
Sie haben aus mehreren Gründen längst entschieden, dass Krankenhäuser ideale Orte sind, um sich niederzulassen. Erstens fällt es nur wenigen Menschen ein, Krankenhäuser zu betreten. Krankenhäuser sind Orte, an denen man ungern verweilt. Krankenhäuser sind Leichenhäuser. Sie sind unrein. Nach der Brüllerei hat man die Infizierten nacheinander vom Boden aufgelesen und in Krankenhäuser gebracht, wo aber nicht genug Platz für sie war, sodass die Regierung Schulen, Ballsäle von Hotels, überdachte Stadien und ähnliche Gebäude beschlagnahmte, um die vielen Millionen Zusammengebrochenen zu versorgen. Die Krankenhäuser platzten bald aus allen Nähten. Die Schreier wurden wie Klafterholz in den Gängen gestapelt. So viele Menschen waren pflegebedürftig, dass Medizinstudenten Diplome ausgehändigt und pensionierte Pflegekräfte eingezogen wurden. Als die Infizierten nach drei Tagen erwachten, schlachteten sie ihre Pfleger ab oder steckten sie an. Aus den Krankenhäusern wurden Epizentren des Todes und der Seuche.
Krankenhäuser sind jedoch reich an Ressourcen, und man kann sie auch verteidigen. Außerdem sind dort medizinische Vorräte, Nahrung, Wasser, jede Menge Platz und Notstromaggregate vorhanden. Und die meisten Infizierten haben sich längst verzogen und auf die Suche nach frischen Wirten für ihre Viren begeben.
» Das Risiko ist es wert « , sagt Anne.
Die drei anderen nicken. Der nächste Schritt der Gruppe ist entschieden.
Wendy berührt Anne am Ellbogen und winkt sie zur Seite. Die beiden Frauen durchqueren die Werkstatt und sichten überall Beweise dafür, dass die Mechaniker ihre Arbeit urplötzlich aufgegeben haben.
» Bei welcher Einheit warst du? « , fragt Wendy.
Anne schüttelt kaum wahrnehmbar den Kopf.
» Ich weiß deine Leistung zu schätzen « , fährt Wendy fort.
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